Trichinellose (Pferd)
Synonym: Trichinella-Infektion des Pferdes
Definition
Die Trichinellose des Pferdes ist eine durch Trichinella-Arten verursachte Parasitose des Pferdes.
Geschichte
In Norditalien erkrankten im Jahr 1975 89 Personen - die Pferdefleisch verzehrten - an Trichinose. Bis zu diesem Ausbruch wurden Herbivoren als Träger von Trichinella und mögliche Ansteckungsquelle für den Menschen nicht in Betracht gezogen - obwohl bekannt war, dass Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde für experimentelle Infektionen mit Trichinellen empfänglich sind. Heute weiß man, dass in Europa mehrere Trichinose-Ausbrüche bei Menschen durch Verzehr rohen Fleisches von natürlich mit Trichinella infizierten Pferden verursacht worden sind.
Erreger
Bei den Trichinella-Ausbrüchen konnten v.a.
- Trichinella spiralis (weltweit verbreitet),
- Trichinella britovi (in gemäßigten Klimazonten) und
- Trichinella murrelli (USA) als Erreger nachgewiesen werden.
Experimentell können Pferde auch mit Trichinella nativa und Trichinella nelsoni infiziert werden. In Europa sind v.a. Trichinella spiralis sowie Trichinella britovi von praktischer Bedeutung.
Entwicklung
Nachdem Pferde experimentell mit Trichinella spiralis infiziert wurden, konnten 8 Wochen p.i. eingekapselte Larven in der Muskulatur nachgewiesen werden. Diese waren für Ratten infektiös.
Stuten - die einmalig mit 20.000 Larven von Trichinella spirals infiziert wurden - wiesen 20 Wochen p.i. hohe Muskellarvenzahlen auf. Diese sanken jedoch 52 Wochen p.i. auf ein sehr niedriges Niveau ab. Man geht davon aus, dass Pferde in der Lage sind, die Trichinella-Infektion relativ rasch zu kontrollieren bzw. den Erreger zu eliminieren. Durch Superinfektionen wird dieser Vorgang begünstigt. Gleichzeitig steigen die Spiegel spezifischer Antikörper etwa 2 bis 5 Wochen p.i. deutlich an und erreichen etwa bis zur 10. Woche Maximalwerte. Anschließend fallen sie um die 16. bis 40. Woche p.i. bis unter die Nachweisgrenze wieder ab.
Klinik
In experimentellen Untersuchungen konnten klinische Erscheinungen nur in Form vorübergehender Muskelfunktionsstörungen nachgewiesen werden. Diese traten auch nur nach massiven Infektionen mit 50.000 Larven (und mehr) auf.
Geringe Befallsraten führten lediglich zu Eosinophilie, erhöhten Lactatdehydrogenase-Werten sowie zu einem Anstieg der Aldolase und Kreatinphosphokinase.
Epidemiologie
Im Zeitraum zwischen 1975 und 2001 wurden in der EU 23 Fälle von infizierten Pferden und über 3.300 infizierte Personen sowie einige Todesfälle dokumentiert. Mindestens sechs dieser Ausbrüche wurden durch Trichinella spiralis, zwei durch Trichinella britovi, einer durch Trichinella murelli und drei durch nicht identifizierte Trichinellen verursacht. Aufgrund epidemiologischer Untersuchungen und eines direkten Erregernachweises konnte rohes oder ungenügend erhitztes Pferdefleisch als Infektionsquelle identifiziert werden.
Bis dato (2018) ist unklar, wie sich Pferde mit Trichinellen infizieren. Möglichkeiten einer Infektion sind:
- Aufnahme von Fleischteilen, die von Haus- oder Wildschweinen, Wildkarnivoren, Pelztieren oder Nagern stammen, die Trichinellen enthalten.
- Aufnahme von Kot von Wildkarnivoren oder Schweinen, die sich 1 bis 2 Tage zuvor durch Fleischverzehr infiziert haben und deshalb Trichinellen ausscheiden.
- Aufnahme von Insekten, die als paratenische Wirte fungieren.
Man geht davon aus, dass die meisten Infektionen durch die in manchen Ländern übliche Verwendung der Kadaver von Wildkarnivoren oder Peltzieren entstehen. Diese Fleischreste werden zur Herstellung von Futterbrei verwendet, die in der Pferdemast eingesetzt werden.
Diagnose
Bei einem Trichinellen-Nachweis bei Schlachtpferden sollten folgende Punkte beachtet werden:
- Beim Pferd sind bestimmte Muskeln am Kopf (u.a. Musculus levator labii maxillaris, Musculus hyoideus transversus, Musculus buccinator, Zungenmuskeln) und Nacken häufiger mit Trichinellen befallen als die Zwerchfellmuskeln sowie andere Muskelpartien.
- Die Anzahl der Trichinella-Larven pro Gramm Muskulatur kann in Abhängigkeit von der Infektionsdosis sowie Infektionsdauer äußerst gering sein (z.B. 0,1 Larven/g).
- Trichinellen-Träger sind nicht immer Antikörper-positiv.
V.a. die ersten zwei Fakten können Gründe dafür sein, dass bei routinemäßigen Fleischuntersuchungen (bei Schlachtpferden) bislang nur wenige Trichinellosen bestätigt wurden.
Die verpflichtende Untersuchung von Pferdefleisch auf Trichinella ist durch eine Anordnung der EU im Jahre 1991 eingeführt worden (European Communities Council directive 91/497/EE, 29.97.1991). Die Vorschriften zur Nachweismethode wurden für die Untersuchungen von Pferden verschärft, sodass pro Pferd eine Probe von mindestens 5 g eines der statistisch häufig infizierten Muskeln (z.B. Zunge) zu entnehmen ist. Dabei dürfen Proben mehrerer Tiere zusammengefasst werden (bis zu einem Maximalgewicht von 100 g, das entspricht max. 20 Pferden pro Ansatz). Die Proben müssen anschließend mit der Verdauungsmethode untersucht werden.
Um einen Trichinella-Befall am lebenden Tier diagnostizieren zu können, sollten Muskelbiopsien genommen und auf Trichinella-Larven untersucht werden. Gleichzeitig kann ein Nachweis spezifischer Antikörper und bestimmter Enzyme im Serum die Verdachtsdiagnose bestätigen.
Prophylaxe
In europäischen Ländern (z.B. Österreich, Schweiz und Deutschland) ist die Untersuchung von importiertem Pferdefrischfleisch amtlich vorgeschrieben. Indem Pferdefleisch auf mindestens 63 °C erhitzt oder tiefgefroren (-18 °C für mehr als 5 Tage) wird, werden mögliche Trichinella-Larven im Fleisch abgetötet.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005
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