Therapieresistente Depression
Englisch: treatment-resistant depression (TRD)
1. Definition
Als therapieresistente Depression, kurz TRD, bezeichnet man eine Depression, die trotz mindestens zweier adäquater Behandlungsversuche mit unterschiedlichen Antidepressiva keine ausreichende Verbesserung der Symptomatik zeigt.
2. Epidemiologie
Je nach Studienlage sind etwa 20 bis 30 % aller depressiven Patienten von einer TRD betroffen.
3. Ätiologie
Die TRD wird mit verschiedenen Faktoren assoziiert, darunter ein früher Krankheitsbeginn, schwere und wiederkehrende depressive Episoden, Suizidalität, komorbide Angststörungen oder Persönlichkeitsstörungen. Genetische Prädiktoren und eine beschleunigte Medikamentenmetabolisierung durch das Cytochrom-P450-System spielen ebenfalls eine Rolle.
4. Diagnose
Die Diagnose beginnt mit dem Ausschluss einer sogenannten Pseudoresistenz. Diese entsteht häufig durch:
- unzureichende Dosierung oder Behandlungsdauer
- Non-Adhärenz
- niedrige Medikamentenspiegel im Blut
- psychosoziale Belastungen
- nicht behandelte Komorbiditäten
Eine genaue Anamnese und psychiatrische Exploration sowie eine Überprüfung der Medikamentenspiegel (Therapeutic Drug Monitoring) sind essenziell. Erst nach Behandlung mit zwei richtig gewählten und richtig dosierten Antidepressiva, die jeweils für 3 Wochen eingenommen wurden, kann eine TRD diagnostiziert werden.
5. Therapieansätze
Die Behandlung der TRD erfordert ein multimodales Vorgehen, das pharmakologische, nicht pharmakologische und psychotherapeutische Ansätze umfasst.
5.1. Pharmakologische Optionen
- Augmentationstherapie: Einsatz von Antipsychotika der zweiten Generation (z.B. Quetiapin, Aripiprazol) oder Lithium
- Kombinationstherapie: Kombination von Antidepressiva mit unterschiedlichen Wirkmechanismen, z.B. SSRIs mit Mirtazapin
- Ketamin: intravenöse oder intranasale Gabe von Ketamin bei schwerer TRD, jedoch mit besonderer Vorsicht und Überwachung
5.2. Nicht-pharmakologische Ansätze
- Elektrokonvulsionstherapie (EKT): effektiv bei schwerer TRD mit Ansprechraten bis zu 60 %.
- Transkranielle Magnetstimulation (TMS): Veränderung kortikaler Aktivität mittels Magnetfeld, insbesondere bei leichter bis schwerer TRD
- Vagusnervstimulation (VNS): elektrische Stimulation des Nervus vagus mit antidepressiven Effekten
- Tiefe Hirnstimulation (DBS): experimentelle Methode zur Stimulation subkortikaler Strukturen
5.3. Psychotherapeutische Maßnahmen
Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), insbesondere modifizierte Ansätze wie das „Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy“ (CBASP), hat sich als effektiv erwiesen. Weitere vielversprechende Ansätze umfassen die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (MBCT) und sequenzielle Therapieansätze (z.B. Kombination von EKT und CBASP).
5.4. Forschung
Erythropoetin (EPO) wurde als therapeutische Option bei therapieresistenter Depression untersucht. Seine Wirksamkeit hinsichtlich der Reduktion depressiver Symptome ist umstritten. Mehrere Studien konnten keine signifikante Verminderung der Depressionsschwere im Vergleich zu Placebo nachweisen. Möglicherweise können einzelne Subgruppen von der Behandlung profitieren.[1][2][3][4][5][6]
6. Prognose
Obwohl die Behandlung der TRD komplex ist, bieten moderne multimodale Ansätze gute Erfolgsaussichten. Die Entwicklung von Präzisionsdiagnostik und personalisierten Therapieansätzen verspricht langfristig eine weitere Verbesserung der Behandlungsergebnisse.
7. Literatur
- Therapieresistente Depression - OEGPB, abgerufen am 28.11.2024
8. Quellen
- ↑ Miskowiak et al., Effects of erythropoietin on depressive symptoms and neurocognitive deficits in depression and bipolar disorder - Trials, abgerufen am 14.01.2025
- ↑ Miskowiak et al., Recombinant Human Erythropoietin for Treating Treatment-Resistant Depression: A Double-Blind, Randomized, Placebo-Controlled Phase 2 Trial - Neuropsychopharmacology, abgerufen am 14.01.2025
- ↑ Miskowiak et al., Erythropoietin: a candidate treatment for mood symptoms and memory dysfunction in depression - Psychopharmacology, abgerufen am 14.01.2025
- ↑ Chongyang et al., Erythropoietin Pathway: A Potential Target for the Treatment of Depression - International Journal of Molecular Sciences, abgerufen am 14.01.2025
- ↑ Simões et al., Erythropoietin – a potential tool in the treatment of depressive disorders? - European Psychiatry, abgerufen am 14.01.2025
- ↑ Miskowiak et al., Effects of Erythropoietin on Hippocampal Volume and Memory in Mood Disorders - Biological Psychiatry, abgerufen am 14.01.2025