Stumpfe zerebrovaskuläre Verletzung
Englisch: blunt cerebrovascular injury, blunt cervicovascular injury, blunt carotid and vertebral artery injury, blunt trauma cerebrovascular injury, BCVI
Definition
Als stumpfe zerebrovaskuläre Verletzung, kurz BCVI, werden Verletzungen der hirnversorgenden zervikalen Gefäße im Rahmen eines stumpfen Traumas bezeichnet.
Epidemiologie
Die Inzidenz einer stumpfen zerebrovaskulären Verletzung bei Patienten mit einem Polytrauma beträgt ca. 1 %. Am häufigsten sind Patienten mit Schädelbasis- und Halswirbelsäulenfrakturen betroffen.
Pathogenese
Stumpfe zerebrovaskuläre Verletzungen entstehen meist durch Längsdehnung der Gefäße, insbesondere bei zervikaler Rotation und Hyperextension durch Beschleunigung und Abbremsung im Rahmen eines Autounfalls. Weiterhin können direkte Schläge auf den Nacken oder die Schädelbasis zu einer BCVI führen.
Lokalisationen
BCVI treten meist an prädisponierten Lokalisationen auf:
- Arteria carotis interna (ACI):
- Pars cervicalis knapp unterhalb der Schädelbasis
- Pars petrosa
- Pars cavernosa
- Arteria carotis communis (ACC):
- Abgang
- Bifurkation
- Arteria vertebralis
- Abgang
- beim Durchtritt durch die Foramina transversaria
- beim Durchtritt durch die Dura am Foramen magnum
Diagnostik
Eine BCVI kann durch bildgebende Methoden diagnostiziert werden. Insbesondere bei Patienten mit Hochrasanztrauma und klininschen bzw. radiologischen Hinweisen auf eine kraniofaziale, zervikale oder obere thorakale Verletzung sollte eine gezielte Diagnostik in Form einer CT-Angiographie (CTA) oder digitalen Subtraktionsangiographie (DSA) erfolgen. Die DSA ist sensitiver, jedoch aufwendiger und invasiver als die CTA. Hilfreich zur Indikationsstellung sind die Denver-Kriterien und die modifizierten Memphis-Kriterien. Karotisverletzungen können weiterhin mittels Biffl-Skala klassifiziert werden.
Formen
Formen einer BCVI sind:
- posttraumatischer Vasospasmus: Gefäßirregularitäten ohne eindeutige Intima-Flap bzw. Dissektion oder intramuralem Hämatom.
- traumatische Gefäßdissektion: Wandirregularität, exzentrisches Lumen, Intima-Flap oder intramurales Hämatom. Am häufigsten ist die Vertebralarterie zwischen Schädelbasis und HWK 1 involviert. Dissektionen des vorderen Stromgebiets betreffen insbesondere die supraklinoidale ACI.
- Gefäßriss bzw. -durchtrennung: sehr seltene, aber potenziell tödliche Komplikation. Schnell größenprogrediente Hämatome oder ausgedehnte Subarachnoidalblutungen
- traumatisches Pseudoaneurysma: v.a. Vertebralarterie und distale ACA
- AV-Fistel
Therapie
Unerkannt führen BCVI zu einer hohen Morbidität und Mortalität, insbesondere aufgrund von Hirninfarkten. Das Risiko eines Hirninfarkts kann durch eine antithrombotische Therapie gesenkt werden. Häufig gleichzeitig vorliegende intrakranielle Blutungen führen jedoch zu einer Einzellfallentscheidung. Teilweise wird ein Stenting des verletzten Gefäßes oder eine offene Gefäßreparatur durchgeführt.
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