Pseudotumor orbitae
Synonym: Pseudotumor der Orbita
Englisch: orbital pseudotumor
1. Definition
Pseudotumor orbitae ist ein Sammelbegriff für nicht tumoröse, entzündliche Krankheitsprozesse in der Augenhöhle (Orbita), die zu einer retrobulbären Volumenvermehrung führen.
2. Terminologie
Der Begriff "Pseudotumor orbitae" ist umstritten und wird als obsolet angesehen, da er relativ weit gefasst und entsprechend unpräzise ist.[1] In der neueren Literatur werden die entsprechenden Fälle differenziert in:[1]
- idiopathische orbitale Entzündung (IOE)
- IgG4-assoziierte Orbitopathie
- Orbitopathien bei spezifischen granulomatösen Entzündungen im Rahmen von Systemerkrankungen (z.B. Granulomatose mit Polyangiitis, Sarkoidose, Sjögren-Syndrom)
3. Ätiologie
Die genaue Ursache der entzündlichen Infiltrationen ist nicht bekannt. Ein Pseudotumor orbitae kann mit seiner Symptomatik akut auftreten, man unterscheidet jedoch auch eine chronische Verlaufsform.
Betroffen sind zumeist die äußeren Augenmuskeln, seltener auch die Tränendrüse oder umgebendes Bindegewebe.[2]
4. Klinik
Die Symptome des Pseudotumors der Orbita sind unter anderem:
- Schmerzen und Druckgefühl
- Exophthalmus und Proptosis
- Bewegungseinschränkungen und Doppelbilder
- Visusverlust
In über 90% der Fälle treten die Symptome einseitig auf.
5. Diagnostik
Neben der Anamnese und der augenärztlichen Untersuchung kommen vor allem bildgebende radiologische Verfahren (CT sowie MRT des Schädels und der Orbita) zum Einsatz. Wichtig ist hierbei vor allem der differentialdiagnostische Ausschluss einer malignen Erkrankung.
Ist eine Diagnosesicherung mittels Bildgebung nicht möglich, so wird sie letztendlich durch eine Biopsie eines infiltrierten Areals erreicht.
5.1. Histologie
In der feingeweblichen Untersuchung zeigt sich meist eine unspezifische Entzündung mit lymphozytären Infiltraten ohne Granulombildung. Es liegt per definitionem kein Anhalt für Malignität vor.
6. Differentialdiagnosen
- primäre Tumore der Orbita (z.B. Lymphom)
- Gefäßanomalien (z.B. Hämangiom)
- Endokrine Orbitopathie
- Metastasen
- Myositis der Augenmuskeln
- idiopathische intrakranielle Hypertension bei bilateraler Symptomatik
7. Therapie
Eine Therapie wird erst nach Ausschluss der Differentialdiagnosen bzw. Diagnosesicherung durch Biopsie eingeleitet. Die lymphozytären Infiltrate sprechen in der Regel gut auf Steroide an. Bleibt ein Therapieerfolg unter Steroidgabe aus, kann die immunsuppressive Therapie z.B. mit Methotrexat und Cyclosporin A eskaliert werden. In schweren Fällen kann eine lokale Bestrahlung bis zu 20 Gy indiziert sein.[3] Therapieresistente chronische Formen wie z.B. der fibrosierende Pseudotumor orbitae können auch chirurgisch entfernt werden.
8. Prognose
9. Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Pitz, S. Pseudotumor orbitae. Ophthalmologe 118, 774–776 (2021). https://doi.org/10.1007/s00347-021-01437-x
- ↑ J. Constantinidis et al. Diagnostik und Therapie von Pseudotumoren der Orbita, 2000, HNO Volume 48, Issue 9, pp 665-670
- ↑ Therapie anteriorer Orbitatumoren, Uniklinikum Freiburg