Periinfarktdepolarisation
Englisch: peri-infarct depolarisation, PID
Definition
Periinfarktdepolarisationen, kurz PID, sind spontan auftretende Wellen kortikaler Depolarisationen, die sich vom Rand einer Ischämiezone (Penumbra) langsam in das angrenzende Hirngewebe ausbreiten. Sie treten nach einem ischämischem Schlaganfall auf, können den Infarktbereich vergrößern und so den Schaden verschlimmern.
Pathophysiologie
Periinfarktdepolarisationen zählen zu den Streudepolarisationen (engl. "cortical spreading depressions"), die auch im Rahmen einer Migräne auftreten.
Auslöser ist die Freisetzung von Kalium (K+) und exzitatorischen Aminosäuren (Glutamat) aus dem Infarktkern. Sobald der kritische Schwellenwert der extrazellulären Kaliumkonzentration (~ 10 mM) erreicht wird, kommt es zur Depolarisation. Diese breitet sich langsam (etwa 3 mm/min) über die Hirnrinde aus. In gesunden Hirnregionen wird der erhöhte Stoffwechselbedarf aufgrund solcher Depolarisationen durch eine erhöhte Durchblutung ausgeglichen. Daher hinterlassen die Streudepolarisationen bei Migräne keinen bleibenden Schaden. In der Penumbra verhindert jedoch die beeinträchtigte Blutversorgung eine ausreichende Sauerstoffversorgung, was zu Gewebehypoxie und metabolischem Stress führt.
Dieses Ungleichgewicht kann durch sensorische Stimulation oder systemische Ereignisse wie Hypoxämie oder Hypotonie noch verstärkt werden, wodurch die PID-Häufigkeit weiter zunimmt.
Diagnostik
PIDs können beim Menschen nicht direkt klinisch erkannt werden, sondern nur über invasive elektrokortikale Messungen (z.B. durch Subdural-Elektroden) nachgewiesen werden. Charakteristische Merkmale sind:
- langsam propagierende Depolarisationswellen (2–5 mm/min)
- Negativierung des Gleichstrompotentials
- begleitende Durchblutungsänderungen (häufig Vasokonstriktion)
Literatur
- Hartings et al., Delayed secondary phase of peri-infarct depolarizations after focal cerebral ischemia: relation to infarct growth and neuroprotection, J Neurosci, 2003