Nephropathie vom Typ der dünnen Basalmembran
Synonym: Syndrom der dünnen Basalmembran, benigne familiäre Hämaturie
Englisch: thin basement membrane disease, TBMD, TBMN, benign familial hematuria, BFH
Definition
Unter einer Nephropathie vom Typ der dünnen Basalmembran, kurz TBMN, versteht man eine isolierte, familiäre Hämaturie, die nicht mit einer Einschränkung der Nierenfunktion einhergeht.
Hintergrund
Heutzutage wird in der modernen Nephrologie und Humangenetik die TBMN zunehmend als mildere Form bzw. Teil des Alport-Syndrom-Spektrums betrachtet.
Epidemiologie
Die Prävalenz der TBMN wird mit etwa 1 % angegeben.[1]
Ätiopathogenese
Die Erkrankung wird autosomal-dominant oder sporadisch vererbt. Die Pathogenese beruht überwiegend auf heterozygoten Mutationen in den Kollagen-IV-Genen COL4A3 und COL4A4, die für die α3- und α4-Ketten des Typ-IV-Kollagens kodieren, einem Hauptbestandteil der glomerulären Basalmembran (GMB). Deshalb nutzen einige Experten für diese Erkrankung den Begriff "COL4A3/COL4A4-assoziierte Nephropathie". Der Defekt führt zu einer gestörten Synthese der Basalmembran mit Hämaturie.
Klinik
In den meisten Fällen ist die TBMN asymptomatisch. Die Erkrankung imponiert durch eine intermittierende oder persistierende Mikrohämaturie. Eine Makrohämaturie kann durch eine Infektion oder durch körperliche Belastung ausgelöst werden. Andere Symptome eines Nephritischen Syndoms (z. B. Hypertonie) können vor allem bei Erwachsenen auftreten. In sehr seltenen Fällen kann es zu einer terminalen Niereninsuffizienz (ESKD) kommen.
Diagnose
In der Regel wird die Diagnose einer Hämaturie zufällig gestellt.
Meist weisen Klinik und Anamnese auf die Erkrankung hin. Eine benigne familiäre Hämaturie ist sehr wahrscheinlich, wenn weitere Mitglieder der Familie von einer Hämaturie betroffen sind, die Nierenfunktion nicht einschränkt ist und keine begleitende Proteinurie oder Leukozyturie vorliegen. Es ist wichtig, eine Hörstörung, die auf ein Alport-Syndrom hinweisen würde, auszuschließen.
Urinanalyse
Hier zeigt sich meist eine persistierende Mikrohämaturie oder eine episodische Makrohämaturie. Diese kann mit einer Hyperkalziurie und einer Hyperurikosurie einhergehen. In manchen Fällen kommt es, besonders bei Erwachsenen, zu einer niedriggradigen Proteinurie.
Histopathologie
Der einzige verlässliche Nachweis der Erkrankung ist eine Nierenbiopsie. Dabei zeigt sich bei elektronenmikroskopischer Betrachtung eine Verdünnung der glomerulären Basalmembran von 300 bis 400 nm auf 150 bis 250 nm. Eine Biopsie ist jedoch bei ansonsten normaler Nierenfunktion und Bildgebung selten indiziert.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch sollte beispielsweise an folgende Erkrankungen gedacht werden:
- Alport-Syndrom
- IgA-Nephropathie ANCA-assoziierte Vaskulitis (rapidly progressive glomerulonephritis)
- Goodpasture-Syndrom
Therapie
Eine Therapie ist weder möglich noch notwendig. Bei Patienten mit einer Hypertonie und/oder Proteinurie > 500 - 1000 mg/Tag kann eine ACE-Hemmer oder AT-II antagonist empfohlen werden.
Prognose
Die Prognose ist gut. Die Hämaturie bleibt zwar über das ganze Leben bestehen, jedoch wird keine Einschränkung der Nierenfunktion beobachtet. Das Risiko für eine arterielle Hypertonie ist geringfügig erhöht. Deshalb sollten regelmäßige Blutdruckkontrollen erfolgen.
Quellen
- ↑ Martin Kimmel, Ulrich Kuhlmann: Glomerulonephritis. In: Ulrich Kuhlmann, Joachim Böhler, Friedrich C. Luft, Mark Dominik Alscher, Ulrich Kunzendorf (Hrsg.): Nephrologie. 6. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 2015, ISBN 978-3-13-700206-2, S. 87 f.