Lindan
Handelsname: Jakutin®
Synonyme: γ-Hexachlorcyclohexan, Gammahexan, Gammexan
Englisch: Lindane, gamma-hexachlorocyclohexane, gammaxene, Gammallin
Definition
Lindan ist ein halogenierter Kohlenwasserstoff, der als Insektizid eingesetzt wird. Lindan wirkt als sogenanntes Fraß- oder Atemgift für Insekten. Es ist im Besonderen ein Pedikulozid und Scabizid.
Chemie
Die chemische Bezeichnung (IUPAC-Name) für Lindan ist (1r,2R,3S,4r,5R,6S)-1,2,3,4,5,6-hexachlorocyclohexan. Die Summenformel lautet
- C6H6Cl6
Anwendung
Nach EU-Verordnung 850/2004 ist die Verwendung von Lindan in Europa seit Anfang 2008 verboten. Lindan wurde früher unter anderem als Insektizid (z.B. Jakutin® Emulsion) gegen Scabies und bei Pedikulosen (Kopflaus, Kleiderlaus) und als Holzschutzmittel für Innenräume eingesetzt.
Pharmakodynamik
Lindan bewirkt im Insekt eine Steigerung der Durchlässigkeit der Nervenzellmembran für Natrium, Kalium und Calcium, gefolgt von einer Dauerdepolarisation der neuronalen Membran. Dadurch resultiert für das Insekt eine ausgeprägte Ataxie mit Lähmung.
Die Wirkung wird auf eine Hemmung der membranständigen ATPase zurückgeführt, die für die Aufrechterhaltung der Membranpotentiale verantwortlich ist. Die Wirkung ist vergleichbar mit der des DDT. Der Tod des Insekts tritt ein durch vollständige Paralyse mit Atemlähmung ein.
In vitro und im Menschen hemmt Lindan die Immunantwort, möglicherweise bedingt durch seine lipophile chemische Struktur, wodurch das Lindan sich in der Zellmembran des Lymphozyten anreichern kann. Dadurch kommt es möglicherweise zu einer Desorganisation von Rezeptoren, die für die Immunantwort verantwortlich sind (z.B. MHC-II-Rezeptor).
Aufgrund der lipohilen Struktur lagert sich oral oder aerogen aufgenommenes Lindan, genau wie DDT, sowohl in der weißen Substanz des ZNS als auch im peripheren Fettgewebe ab, wo es über Monate gespeichert werden kann. Lindan ist gut hautverträglich.
Toxikologie
Lindan in Form von Dampf oder Aerosol ist beim Einatmen giftig. Beim Menschen wurde die oral aufgenommene Obergrenze bis zu 15 mg/kg Körpergewicht angegeben, beim Kind bis zu 6 mg / kg Körpergewicht, ab der sich Vergiftungserscheinungen feststellen lassen.
Die peroral einmalig aufgenommene tödliche Dosis wird angegeben mit 16 mg/ kg/KG bis 160 mg/kg/KG. Chronische orale Aufnahme (z.B. bei Winzern) über 3 Monate ergab toxische Lähmungs-Erscheinungen bei einer Dosis von 4 mg kg/ Tag/Person.
Beim Überschreiten des MAK-Wertes von mehr als 500 Mikrogramm/m3 Luft wurden folgende Störungen berichtet:
- periphere Polyneuropathien
- Steigerung der gastrointestinalen Motilität
- Hepatopathie mit Ikterus
- Anämie
Bei offenen Läsionen der Haut, wie sie z.B. bei Neurodermitis, Psoriasis, ausgedehnter Akne und offenen Kratzwunden vorkommen, darf Lindan nicht aufgetragen werden, da es hier zu verstärkter Resorption kommen kann.
Im spanischen Olivenölskandal (1986-1988), bei welchem verunreinigtes Olivenöl verkauft wurde, wurden die peripheren Neuropathien, chronischen Schmerzzustände, Konzentrationsschwäche, Muskelschwäche und Depressionen auf das Vorhandensein von Lindan im Olivenöl zurückgeführt. Im Menschen fanden sich nach jahrelangen Untersuchungen keine Anzeichen der Mutagenität durch Lindan.
Pharmakokinetik
Nach topischer Anwendung von Lindan auf der Haut als Insektizid gegen Scabies finden sich im Serum Lindan-Konzentrationen von bis zu 9,5 μg/ml.
Unbehandelte Personen weisen Lindan-Werte von bis zu 3 μg/ml auf. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Lindan im Fettgewebe gespeichert wird und damit die Serumkonzentrationen nur begrenzte Aussagekraft haben. Man kann jedoch davon ausgehen, dass Lindan nach sachgerechter Anwendung beim Auftragen auf die Haut nach ca. 2 Wochen überwiegend über die Nieren ausgeschieden worden ist.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 19.03.2021
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