Os sacrum
von lateinisch: sacer - heilig
Synonym: Kreuzbein
Englisch: sacrum
Definition
Das Os sacrum oder Kreuzbein ist ein keilförmiger Knochen, der aus 5 zusammengewachsenen Wirbelknochen, den Kreuzbeinwirbeln (Sakralwirbeln), besteht. Es ist ein Teil der menschlichen Wirbelsäule und bildet den hinteren Teil des knöchernen Beckens.
Anatomie
Das Os sacrum hat ein stumpfes Ende (Basis), eine Spitze (Apex) und drei Flächen (Facies pelvina, dorsalis und lateralis). Das stumpfe kraniale Ende des Os sacrum bezeichnet man als Basis ossis sacri, seinen am weitesten nach ventral ragenden Punkt als Promontorium. Die Basis ossis sacri ist durch eine Bandscheibe mit dem letzten Lendenwirbel verbunden. Das kaudale Ende, das man Apex ossis sacri nennt, steht mit dem Os coccygis in Verbindung. Ein hervorstechendes Merkmal sind die 4 paarigen Öffnungen auf der Vorder- und Hinterseite des Kreuzbeins:
Facies pelvina
Die Facies pelvina, auch Facies pelvica genannt, ist eine nach vorn konkave Fläche. Sie weist feine, quer verlaufende Knochenvertiefungen auf, die Lineae transversae, die mit den ursprünglichen Zwischenwirbelräumen korrespondieren. Links und rechts der Lineae transversae befinden sich je 4 rundliche Öffnungen im Knochen, die Foramina sacralia anteriora. Sie sind durch kräftige Knochengrate voneinander getrennt und werden von kranial nach kaudal zunehmend kleiner. Durch sie treten die Rami anteriores der Sakralnerven aus bzw. die Arteriae sacrales laterales ein.
Der seitlich der Foramina liegende Teil des Os sacrum wird als Pars lateralis bezeichnet. Er weist einen Vorsprung im oberen Bereich auf, den Kreuzbeinflügel (Ala ossis sacri). Der Kreuzbeinflügel ist Teil der Linea terminalis. Auf der Fläche lateral der Foramina II - IV hat der Musculus piriformis seinen Ursprung.
Facies dorsalis
Auf der Facies dorsalis, welche nach hinten konvex gekrümmt ist, sieht man einen unpaaren und zwei paarige Knochenkämme. Sie entstehen durch die Verschmelzung der Dornfortsätze, Gelenkfortsätze und Querfortsätze der Sakralwirbel:
Zu beiden Seiten der prominenten Christa sacralis mediana hat in einem flachen Knochengraben der Musculus multifidus seinen Ursprung. Dieser Graben entsteht durch die fusionierten Laminae der Sakralwirbel. Die Laminae des 5., manchmal auch des 4. Sakralwirbels, verschmelzen nicht vollständig und bilden dadurch den Hiatus sacralis im unteren Teil des Sakralkanals.
Der im Inneren des Kreuzbeins liegende Sakralkanal ist eine Fortsetzung des Spinalkanals. Oberhalb des Hiatus sacralis hat er einen dreieckigen Querschnitt. Der Kanal beherbergt die gebündelten Sakralnerven und entlässt sie durch die Foramina sacralia anteriora und posteriora.
Die schwach ausgeprägte Crista sacralis intermedia wird durch die fusionierten Gelenkfortsätze der Sakralwirbel gebildet. An ihrem kranialen Ende befindet sich der Processus articularis superior des 1. Sakralwirbels. Er ist groß und oval und hat konkave Facetten, die mit dem Processus articularis inferior des 5. Lendenwirbels artikulieren. Am kaudalen Ende der Crista sacralis intermedia sitzt der Processus articularis inferior des Kreuzbeins. Er artikuliert mit den Cornua des Os coccygis.
Lateral der Crista sacralis intermedia befinden sich die 4 Foramina sacralia posteriora. Sie sind kleiner und unregelmäßiger geformt als die Foramina auf der pelvinen Fläche. Durch sie ziehen die Rami posteriores der Sakralnerven.
An die Foramina sacralia posteriora schließt sich lateral die Crista sacralis lateralis an. Sie besteht aus den fusionierten Querfortsätzen der Sakralwirbel, die sich als Tubercula transversa aus dem Knochenniveau erheben. Im Bereich des 1. Sakralwirbels sind sie groß und deutlich ausgeformt, nach kaudal hin nimmt ihre Größe ab. Die Tuberkel des 1. und 2. Sakralwirbels sind der Ansatz der horizontal verlaufenden Teile des Ligamentum sacroiliacum posterius, die Tuberkel des 3. Sakralwirbels der schräg verlaufenden Fasern. Das 4. und 5. Tuberkel fixiert die Ligamenta sacrotuberalia.
Facies lateralis
Die Facies lateralis des Kreuzbeins beginnt im kranialen Teil breit und verschmälert sich zunehmend zu ihrem kaudalen Ende hin. Die obere Hälfte hat eine ohrförmige Oberfläche, die Facies auricularis, die das Kreuzbein mit dem Os ilium verbindet. Sie ist im Jugendalter mit Knorpel bedeckt. Hinter ihr liegt eine raue Knochenerhebung mit tiefen und unebenen Impressionen, die Tuberositas sacralis. Hier strahlen die Ligamenta sacroiliaca posteriora ein.
Die untere Hälfte ist dünn. Sie dient als Ansatz für das Ligamentum sacrotuberale und sacrospinale sowie für einige Fasern des Musculus gluteus maximus. Sie endet kaudal in einem Knochenvorsprung, dem Angulus inferior lateralis. Medial des Angulus befindet sich eine Kerbe, die mit dem Processus transversus des ersten Os coccygis ein Foramen bildet, durch welches der vordere Teil des 5. Sakralnerven zieht.
Gelenke
Das Os sacrum ist an 3 Gelenken beteiligt:
Articulatio lumbosacralis
Die Articulatio lumbosacralis (Lumbosakralgelenk) ist zwischen dem letzten Lendenwirbel (LWK5) und der kranialen Basis des Os sacrum ausgebildet. Es handelt sich um ein zusammengesetztes Gelenk. Zum einen umfasst es die Synarthrose zwischen der Basis ossis sacri und der Kaudalfläche des 5. Lendenwirbels, zum anderen die beiden Facettengelenke zwischen den Processus articulares superiores des Kreuzbeins und den Processus articulares inferiores des 5. Lendenwirbels.
Articulatio sacrococcygea
Am kaudalen Ende des Kreuzbeins artikuliert der Apex ossis sacri mit der Kranialfläche des Os coccygis (Steißbein) in der Articulatio sacrococcygea (Kreuz-Steißbeingelenk). Sie kann als echtes Gelenk oder als Synchondrose vorliegen.
Articulatio sacroiliaca
Mit dem Os ilium bildet das Kreuzbein beidseits die Articulatio sacroiliaca (Iliosakralgelenk). Hier artikuliert die Facies auriculares des Kreuzbeins mit der Facies auriculares des Darmbeins.
Biomechanik
Im Iliosakralgelenk besteht durch die festen Bandzüge zwischen den beiden beteiligten Knochen nur eine geringe Beweglichkeit. Die Bewegung wird als Nutation bezeichnet. Das Os sacrum kippt dabei mit seiner Basis um eine gedachte Transversalachse durch den zweiten Sakralwirbel nach ventral. Die Gegenbewegung heißt Kontranutation.
Klinik
Aufgrund seines kompakten Aufbaus und seiner großen Knochenmasse ist das Os sacrum nur bei massiver Gewalteinwirkung von Frakturen betroffen. Isolierte Sakrumfrakturen sind daher selten. Meist treten sie als Teil komplexer Beckenfrakturen auf.
Podcast
Bildquelle
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