Komplexe posttraumatische Belastungsstörung
Synonym: komplexe Traumafolgestörung
Englisch: complex post-traumatic stress disorder, CPTSD, cPTSD
Definition
Die komplexe posttraumatische Belastungsstörung, kurz kPTBS, ist eine psychische Störung, die über die Kernsymptome der klassischen PTBS (Wiedererleben, Vermeidung, Übererregung) hinausgeht und zusätzlich durch anhaltende Störungen der Affektregulation, ein negatives Selbstkonzept und interpersonelle Schwierigkeiten gekennzeichnet ist.
ICD-Codes
Ätiologie
Die kPTBS entsteht typischerweise nach wiederholten oder langanhaltenden Traumatisierungen wie Kindesmisshandlung, Missbrauch, Folter oder Gefangenschaft und führt häufig zu ausgeprägter psychosozialer Beeinträchtigung.
Klinik
Neben den klassischen Intrusions- und Vermeidungssymptomen stehen bei der kPTBS Störungen der Emotionsregulation, chronische Gefühle von Schuld und Scham, Dissoziation sowie Beziehungsprobleme im Vordergrund. Die Symptomatik führt häufig zu hoher psychosozialer Beeinträchtigung und erhöhter Komorbidität, insbesondere mit depressiven Störungen, Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen.
Die kPTBS ist mit einer erheblichen Chronifizierungsgefahr verbunden und stellt deshalb eine therapeutische Herausforderung dar.
Diagnostik
Die Diagnosestellung erfolgt klinisch anhand der ICD-11-Kriterien. Strukturierten Interviews wie dem International Trauma Questionnaire (ITQ) kommen dabei besondere Bedeutung zu.
Differenzialdiagnostik
Differenzialdiagnostisch ist die Abgrenzung zu Borderline-Persönlichkeitsstörungen und rezidivierenden depressiven Störungen erforderlich.
Therapie
Die Behandlung folgt einem phasenorientierten Vorgehen. Im Vordergrund stehen zunächst Stabilisierung, Ressourcenaufbau und Psychoedukation. In einem weiteren Schritt werden traumafokussierte Verfahren wie EMDR oder traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie eingesetzt. Ergänzend können tiefenpsychologisch fundierte Verfahren und störungsspezifische Gruppentherapien hilfreich sein. Eine medikamentöse Behandlung ist symptomorientiert, z.B. mit Antidepressiva bei komorbiden depressiven Syndromen.
Weblinks
Literatur
- Maercker, A., Brewin, C. R., Bryant, R. A., et al. (2013). Diagnosis and classification of disorders specifically associated with stress: proposals for ICD-11. World Psychiatry, 12(3), 198–206. https://doi.org/10.1002/wps.20057