Knickplattfuß
Synonyme: Pes planovalgus, Knick-Plattfuß, Knick-Senk-Fuß
Definition
Ein Knickplattfuß, auch Pes planovalgus genannt, ist eine kombinierte Fußdeformität, die sich aus einem Knick- (Pes valgus) und Plattfuß (Pes planus) zusammensetzt.
Einteilung
Ätiologie
Der Knickplattfuß tritt bei Kindern unter 6 Jahren mehrheitlich physiologisch auf.[1] Ursächlich für das Auftreten und die mögliche Persistenz in höherem Kindesalter können sein:
Als zentraler Risikofaktor für die Persistenz des Knickplattfußes gilt das Übergewicht.[1]
Der Knickplattfuß bei Erwachsenen ist in der Regel degenerativ bedingt, als Folge einer Insuffizienz der Sehne des Musculus tibialis posterior (Tibialis-posterior-Syndrom). Seltenere Ursachen sind traumatische Verletzungen der Sehne oder des medialen Bandapparates des Fußes.
Diagnostik
Die Diagnose wird anhand des klinischen Befunds und eines Pedogramms gestellt. Ergänzend können Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen notwendig sein. In der klinischen Diagnostik imponiert das Hervortreten des Taluskopfes nach medial, der Verlust des Fußgewölbes, das Too-many-Toes-Zeichen und je nach Stadium die Schmerzhaftigkeit bzw. Schwierigkeiten bei der Ausführung des Zehenspitzenstands.
Anhand des Pedogramms kann man das Außmaß der Fehlstellung sichtbar machen. Bei einem Pes planovalgus erkennt man einen nach medial ausgebuchteten Fußabdruck durch den Verlust des Fußgewölbes und den subluxierten Taluskopf. Zudem steht der Calcaneus in einer Pronationsstellung ("Rückfußvalgus"). Je nach Stadium können im klinischen Bild auch eine Vorfußabduktion und ein Hochstand des ersten Strahls ("Vorfußvarus") erkennbar sein.
Klassifikation
Der adulte Knickplattfuß bzw. die Insuffizienz der Tibialis-posterior-Sehne wurden 1989 erstmals durch Johnson und Strom in 3 Stadien eingeteilt. Die Klassifikation erhielt durch Myerson eine Erweiterung um ein Stadium 4. Dieses Klassifikationssystem ist auch heute (2022) noch gängig.
Stadium 1
Es bestehen leichte Schmerzen im Bereich des dorsalen Innenknöchels mit Aggravation bei körperlicher Belastung. Im Verlauf der Tibialis-posterior-Sehne fallen Schwellung und Druckschmerz auf, bei der Ausführung des einbeinigen Zehenspitzenstandes zeigt sich eine leichte Schwäche. Im Röntgenbild sind keine knöchernen Deformitäten erkennbar.
Stadium 2
Der Patient hat moderate Schmerzen und eine betonte Schwellung im Verlauf der Tibialis-posterior-Sehne. Die Tibialis-posterior-Sehne ist verlängert, der Fuß ist deformiert. Bei der Ausführung des einbeinigen Zehenspitzenstands besteht eine deutliche Schwäche. Zusätzlich sieht man ein Too-many-Toes-Zeichen und einen flexiblen Rückfußvalgus. Im Röntgenbild kommen eine Vorfußabduktion sowie eine talonaviculare Subluxation zur Darstellung.
Stadium 3
Es bestehen starke Schmerzen, möglicherweise zusätzlich Schmerzen im Bereich des Außenknöchels. Die Tibialis-posterior-Sehne ist stark elongiert, ggf. sogar stellenweise dehiszent. Im Vergleich zu den vorangegangenen Stadien ist die Schwellung weniger stark ausgeprägt. Bei der Inspektion sieht man eine stark ausgeprägte Deformität, die Ausführung des einbeinigen Zehenspitzenstandes ist schmerzhaft und fällt dem Patienten schwer – falls sie überhaupt möglich ist. Weiterhin sieht man einen rigiden Rückfußvalgus und eine Vorfußabduktion sowie ein Too-many-Toes-Zeichen. Im Röntgenbild sind gegenüber dem Stadium 2 zusätzliche degenerative arthrotische Veränderungen im Subtalar-, Talonavicular- und Kalkaneokuboidalgelenk erkennbar.
Stadium 4
Im Stadium 4 besteht als Langzeitfolge zusätzlich zur Valgusstellung des Talus eine Arthrose im Bereich des oberen Sprunggelenks.
Therapie
Bei Kindern ist meist eine konservative Therapie mit spielerischer Fußgymnastik und Einlagen mit Supinations- und Fersenkeil ausreichend. In seltenen Fällen ist eine Arthrorise indiziert. Der Talus verticalis hingegen ist im Säuglingsalter bereits akut therapiebedürftig.[1]
Konservative Therapie
Die konservative Therapie (z.B. "Spiraldynamik", "Kurzer Fuß nach Janda") zielt auf die Stärkung der kurzen Fuß- und der Wadenmuskulatur ab.
Operative Therapie
Im Erwachsenenalter kann in schwergradigen Fällen auch eine operative Versorgung indiziert sein. Eine Indikation wird nach dem Versagen einer sechsmonatigen konservativen Therapie gestellt. Mögliche Eingriffe umfassen:
- Arthrodesen (talonavicular, subtalar, kalkaneokuboidal)
- Kalkaneusosteotomie
- Sehnenplastik bei insuffizienter Sehne des Musculus tibialis posterior
- Cotton-Osteotomie (zur Korrektur des Vorfußvarus)
Aus den aufgeführten (und weiteren) Teileingriffen bedient man sich in der individuellen operativen Versorgung baukastenartig.
Die sogenannte Double-Arthrodese gilt als etabliertes und weit verbreitetes OP-Konzept. Sie geht auf die Triple-Arthrodese nach Ryerson von 1923 zurück. Sie umfasst die talonaviculare und subtalare Arthrodese (zwei Teilversteifungen, daher der der Name "Double-Arthrodese").
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 AWMF S2k Leitlinie, abgerufen am 03.10.2021
Literatur
- Biberthaler, P., Pfeil, J. & Niethard, F. U. (2017). Duale Reihe Orthopädie und Unfallchirurgie (8., unveränderte Aufl.). Thieme.
- Abousayed, M.M., Tartaglione, J.P., Rosenbaum, A.J. et al. Classifications in Brief: Johnson and Strom Classification of Adult-acquired Flatfoot Deformity. Clin Orthop Relat Res 474, 588–593 (2016). https://doi.org/10.1007/s11999-015-4581-6
- Trnka, HJ. Arthrodesen zur Behandlung des rigiden Plattfußes. Orthopäde 49, 985–990 (2020). https://doi.org/10.1007/s00132-020-03994-6
- Toepfer et al.: Aktuelles zu Diagnostik und Therapie des Pes planovalgus: Der Knick-Senk-Fuß bei Erwachsenen, Orthopädie & Rheuma, 2016