Klauenpflege (Rind)
Synonym: Funktionelle Klauenpflege
Englisch: claw care
Definition
Als Klauenpflege bezeichnet man die regelmäßige und fachgerecht ausgeführte Pflege und Korrektur der Klauen beim Wiederkäuer.
Hintergrund
Klauenerkrankungen können unter den heutigen Produktionsbedingungen als Zivilisationskrankheit der Hochleistungskühe angesehen werden. Läsionen an den Klauen treten v.a. durch schlechte Liegeplatzgestaltung, einstreulose Aufstallungsformen, schlechte Bodenspaltenböden und mangelnde Bewegungsmöglichkeiten auf. Zusätzlich können fehlerhafte Leistungsfütterung, Stress und genetische Prädispositionen zu einer Zunahme von Klauenerkrankungen führen.
Durch das übermäßige Wachsen von Klauenhorn kommt es zur Ausbildung von sogenannten Stallklauen, die eine Änderung der Biomechanik bedingen. In weiterer Folge entwickeln sich unphysiologische Belastungsverhältnisse, die Stoßdämpferfunktion wird herabgesetzt und die normale und gleichmäßige Durchblutung der Klauenlederhaut wird beeinträchtigt. Die Folge sind schmerzhafte Klauenerkrankungen mit Störungen des Allgemeinbefindens.
Die Erhaltung der Klauengesundheit ist einerseits aus Gründen des Tierschutzes, andererseits aus wirtschaftlichen Gründen wichtig.
Grundlagen
Ziel der Klauenpflege ist die Kontrolle und Erhaltung der Klauengesundheit. Hierzu muss die natürliche Form der Klaue und ein ausgewogenes Belastungsverhältnis gewährleistet sein. Durch regelmäßige Kontrollen der Klauengesundheit können Klauenerkrankungen frühzeitig erkannt und adäquat behandelt werden.
Eine fachgerecht durchgeführte funktionelle Klauenpflege konzentriert sich hauptsächlich auf folgende Punkte:
- Korrektur der Lastverteilung an der Einzelklaue: Durch die Schaffung von stabilen und ebenen Sohlenflächen kann die Last (Körpergewicht) auf eine größere Fläche verteilt werden. Ziel ist es, die Last vom Ballen auf die gesamte Sohlenfläche zu verlagern.
- Korrektur der Lastverteilung innerhalb des Klauenpaares: Durch die Klauenpflege soll eine gleichmäßige Verteilung der Last auf die Außen- und Innenklaue ermöglicht werden.
- Trachtenhöhe vergrößern: Damit die Einwirkungen von Umwelteinflüssen auf den Ballen und die Haut des Interdigitalspaltes vermindert werden können, muss die Trachtenhöhe hoch genug sein. Dies kann durch Kürzen der Vorderwandlänge (ca. 7,5 cm) und Belassen einer physiologischen Trachtenhöhle (v.a. an der Innenklaue) erreicht werden.
Klauenpflegeprotokoll
Die Klauenpflege soll nur von gut ausgebildeten Klauenpflegern durchgeführt werden. Die Korrektur ist mindestens 2 bis 3 mal jährlich bei Milchkühen anzuwenden. Bei Kühen mit chronischer Reheklauen und Rollklauen muss die Klauenpflege dementsprechend öfters durchgeführt werden (3 bis 4 mal jährlich). Zuchtstiere sollten mindestens 4 mal jährlich behandelt werden. Zu beachten ist, dass die Klauenpflege mindestens 6 Wochen vor Weideaustrieb und nicht bei hochträchtigen Kühen (mindestens 6 Wochen vor der Geburt) anzuwenden ist.
Bei Milchkühen empfiehlt sich ein Klauenpflegeschema, das sich nach dem Trächtigkeitsstadium orientiert:
- 1. Klauenpflege beim Trockenstellen
- 2. Klauenpflege 2 bis 3 Monate nach der Geburt
- 3. Klauenpflege ca. 5 Monate später
Durchführung
Durch die geringere Belastung ist die Innenklaue an der Hintergliedmaße weniger krankheitsanfällig, sodass an dieser Klaue kaum Verformungen auftreten. Durch die funktionelle Klauenpflege kann sie leicht in eine Form gebracht werden, an der sich die Korrektur der deformierten und meist überbelasteten Außenklaue orientieren kann. Aus diesem Grund beginnt die Klauenpflege an der Hintergliedmaße immer an der Innenklaue. An der Vordergliedmaße ist die Außenklaue weniger belastet, weshalb diese zuerst bearbeitet wird.
Noch bevor die Klauenpflege durchgeführt wird, wird die Kuh beim Hinführen zum Klauenpflegestand auf pathologische Abweichungen beurteilt. Es werden v.a. folgende Punkte beurteilt:
- Fußung
- Gangbild
- Lahmheiten
- Gliedmaßenstellung.
Anschließend wird die Kuh im Klauenpflegestand fixiert, grob vom anhaftenden Schmutz gereinigt und die Klauenform (normal, Stallklaue, Reheklaue u.ä.) sowie die Trachtenhöhe beurteilt. Die Sohlenfläche wird auf abschilfernde Hornteile, eingetretene Fremdkörper und Klauenkrankheiten untersucht.
Die funktionelle Klauenpflege wird mit dem Hufmesser, einer Zange und einem Winkelschleifer durchgeführt und beinhaltet 5 Arbeitsschritte:
Schritt 1: | Kürzen der Vorderwand und Beschneiden der Bodenfläche der Innenklaue |
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Schritt 2: | Anpassen der Außenklaue |
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Schritt 3: | Herausarbeiten einer Hohlkehlung |
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Schritt 4: | Freilegen von Defekten im Sohlen- und Wandhorn und Entlastung erkrankter Sohlen- und Wandabschnitte |
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Schritt 5: | Entfernung von losem Horn, Kürzen der Afterklauen und Kontrolle des Zwischenklauenspalts |
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Literatur
- A. Univ.-Prof. Dr. Johann Kofler. Dipl. ECBHM. Orthopädische Erkrankungen & Orthopädische Operationen bei Wiederkäuern. Neu überarbeitet im Jänner 2015 mit 45 Videos abrufbar mittels QR-Code & URL's zur VETmediathek. Klinik für Wiederkäuer, Vetmeduni Wien.