Zerebrale Herniation
Synonyme: Hirneinklemmung, Gehirneinklemmung, Herniatio cerebri, zerebelläre Herniation, zerebrale Einklemmung
Englisch: brain herniation, cerebral herination, cerebellar herniation, brain hernia
Definition
Eine zerebrale Herniation ist eine pathologische Verschiebung einer oder mehrerer Gehirnstrukturen aus ihrer physiologischen Lage in ein angrenzendes Kompartiment. Es handelt sich um die häufigste Komplikation einer expandierenden intrakraniellen Raumforderung, unabhängig von der Ätiologie.
Pathoanatomie
Knochenvorsprünge und Duraduplikaturen unterteilen die Schädelhöhle in drei Kompartimente:
- Die Falx cerebri trennt die rechte und die linke supratentorielle Hemisphäre voneinander.
- Das Tentorium cerebelli trennt das supratentorielle vom infratentoriellen Kompartiment.
Der untere Rand der Falx bildet einen offenen Raum über dem Corpus callosum und dem Gyrus cinguli. Diese Öffnung ist anterior am größten und wird dann allmählich schmaler, bis sie an der Spitze der Falx in das Tentorium cerebelli übergeht. Dieser Raum ermöglicht eine potenzielle Verlagerung von Gehirnanteilen und Blutgefäßen von einer Seite auf die andere.
Das Tentorium cerebelli weist medial zwei konkave Ränder auf, die eine U-förmige Öffnung bilden, die Incisura tentorii (Tentoriumschlitz). Hier können Hirnstrukturen und Blutgefäße aus dem supratentoriellen Kompartiment in die hintere Schädelgrube und umgekehrt verlagert werden.
Pathophysiologie
Laut der Monro-Kellie-Doktrin ist die Summe der Volumina von Gehirn, Liquor und intrakraniellem Blut in einem intakten Schädel konstant. Vergrößert sich ein Volumen, kommt es also zu einer Verringerung der jeweils anderen Volumina. Beispielsweise führt eine intrakranielle Blutung, ein Hirnödem oder ein Tumor zunächst zu einer Auspressung von Liquor in die Sulci sowie subarachnoidalen Zisternen und die angrenzende Ventrikelräume werden komprimiert. Schließlich steigt der intrakranielle Druck und Gehirn, Liquorräume und Blutgefäße werden von einem intrakraniellen Kompartiment in ein benachbartes verschoben. In Folge können Hirnparenchym, Hirnnerven und Blutgefäße gegen den angrenzenden Knochen und die Dura gepresst werden, was zu sekundärer Ischämie, Hirninfarkten, kranialen Neuropathien und fokalen neurologischen Defiziten führen kann.
Formen
Man unterscheidet folgende Formen der Hirneinklemmung:
- Subfalzine Herniation
- Deszendierende transtentorielle Herniation
- Tonsilläre Herniation
- Aszendierende transtentorielle Herniation
Seltenere Formen sind die Transalare oder transsphenoidale Herniation sowie die transdurale oder transkranielle Herniation.