Ecthyma contagiosum (Veterinärmedizin)
Synonym: Orf (Veterinärmedizin), atypische Schafpocken, Lippengrind, Maulgrind, Fußgrind
Englisch: contagious ecthyma
Definition
Das Ecthyma contagiosum ist eine benigne Virusinfektion, die durch das Parapoxvirus ovis (sog. Orf-Virus) aus der Gruppe der Parapoxviren ausgelöst wird. Es handelt sich um eine weltweit verbreitete Zooanthroponose, die sich durch entzündliche Knoten an der Infektionsstelle äußert. Sie betrifft überwiegend junge Schafe und Ziegen, kann aber auch auf den Menschen übertragen werden.
siehe auch: Ecthyma contagiosum
Hintergrund
Die historische Unterscheidung von Melkerknoten (durch Rinder übertragen) und Ecthyma contagiosum ("Schafpocken") wird in der Humanmedizin heute nicht mehr verwendet, da die auslösenden Parapoxviren beim Menschen ein identisches Krankheitsbild mit stadienhaftem Verlauf hervorrufen.
In der Veterinärmedizin ist die Differenzierung hingegen weiterhin üblich. Die Erkrankung ist nach Änderung der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten in Deutschland nicht meldepflichtig.
Symptome
Die Inkubationszeit beträgt etwa 3 bis 10 Tage. Danach zeigen sich typische Hauterscheinungen, die labial („Lippengrind“, „Maulgrind“), podal („Fußgrind“) oder genital auftreten.
Charakteristisch sind konfluierende Bläschen und Pusteln, die teils blumenkohlartigen Auftreibungen bilden. Bei der labialen Form reichen die Läsionen vom Maulwinkel über die Augen bis zu den Ohren. Bei der podalen Form ist vor allem der Kronsaum betroffen. Bakterielle Superinfektionen führen zu sehr schmerzhaften, schlecht heilenden Läsionen.
Schwere Verläufe treten insbesondere bei Lämmern auf und äußern sich in Mattigkeit, Fieber, Lymphknotenschwellung und Pneumonie. Der Befall von Rachen, Speiseröhre und Magen kann zu Fressunlust führen und hierdurch tödlich verlaufen.
Diagnostik
Die Diagnose ergibt sich aus dem typischen klinischen Befund. Im Frühstadium kann das Virus mittels Elektronenmikroskopie in Effloreszenzmaterial nachgewiesen werden. Alternativ erfolgt der Nachweis mittels PCR.
Therapie
Bisher (2025) gibt es keine kausale Therapie. Die Erkrankung ist selbstlimitierend und heilt bei leichten Verläufen in der Regel innerhalb von 6 Wochen narbenfrei ab. Bakterielle Superinfektionen erfordern eine Therapie mit Antibiotika. Betroffene Tiere sollten isoliert werden. Für infizierte Lämmer muss eine ausreichende Nahrungszufuhr sichergestellt werden. Beim Umgang mit infizierten Tieren müssen Hygienemaßnahmen (insbesondere Einweghandschuhe) eingehalten werden.
Nach überstandener Infektion bildet sich ein kurzzeitige Immunität aus.
Prophylaxe
Zur Prophylaxe sind Lebendimpfstoffe verfügbar (Ecthybel®, Scabivax®), die allerdings in Deutschland nicht zugelassen sind und per Ausnahmegenehmigung importiert werden müssen.
Literatur
- Altmeyers Enzyklopädie, Ecthyma contagiusm, abgerufen am 25.8.2025
- StIKo Vet, Lippengrind, zuletzt abgerufen am 25.8.2025
- MSD Veterinary Manual, Contagious Ecthyma in Sheep and Goats, zuletzt abgerufen am 25.8.2025