Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie
Synonyme: ARVC, arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie, ARVD, ARVD/C, ARVCM, ARCM
Englisch: arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy, ARVC
Definition
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie, kurz ARVC, ist eine genetisch bedingte, progressive Erkrankung des rechtsventrikulären Myokards, die durch eine Degeneration der Kardiomyozyten mit Einlagerung von Binde- und Fettgewebe charakterisiert ist. Betroffen ist überwiegend der rechte Ventrikel. Die strukturellen Veränderungen führen zu elektrischer Instabilität mit ventrikulären Arrhythmien und einem erhöhten Risiko für plötzlichen Herztod, insbesondere bei jungen Patienten und Leistungssportlern.
- ICD10-Code: I42.80
Terminologie
Inzwischen wurde die ARVC als angeborene Fehlbildung des rechten Ventrikels verstanden. Mit der Entdeckung der genetischen Grundlagen und der Erkenntnis, dass auch der linke Ventrikel oder beide Kammern betroffen sein können, hat sich der übergeordnete Begriff arrhythmogene Kardiomyopathie (ACM) etabliert. Die Bezeichnung ARVC wird weiterhin verwendet, wenn der rechte Ventrikel dominant betroffen ist.
Epidemiologie
Die Inzidenz der ARVC liegt etwa bei 1:1.000 bis 1:5.000, wobei in etwa 30–60 % der Fälle eine familiäre Häufung mit meist autosomal-dominantem Erbgang zu erkennen ist.[1]
Ätiologie
Bisher (2025) sind etwa 13 Gene identifiziert worden, die zu einer ARVC führen können. So kann etwa eine Mutation im DSP-Gen bei der Naxos-Krankheit zu einer Veränderung des Zellkontaktproteins Desmoplakin führen. Ebenso führt eine Mutation des DES-Gens zu einer Veränderung des Intermediärfilaments Desmin. Auch der kardiale Ryanodin-Rezeptor kann eine Rolle bei der Entstehung der Krankheit spielen.[2]
Klinik
Die meisten Symptome sind mit dem Auftreten von ventrikulären Tachykardien vergesellschaftet. Schwindel, Palpitationen und Synkopen sowie Angina-pectoris-Symptome können auftreten. Im Verlauf der Erkrankung entwickeln sich mitunter schwere Herzrhythmusstörungen. Insbesondere bei sportlicher Betätigung kann es konsekutiv zum plötzlichen Herztod kommen, der häufig die erste – und dann auch letzte – klinische Manifestation der Erkrankung darstellt. 4 % der plötzlichen Herztode im Sport lassen sich auf die ARVC zurückführen, in manchen Regionen Italiens – vermutlich aufgrund der genetischen Häufung – ist sie sogar die häufigste Ursache.[3] Relativ selten wird eine Einschränkung der Pumpfunktion beobachtet.
Diagnostik
EKG
Im EKG sieht man bei einer ARVC unter anderem folgende Veränderungen:
- Epsilon-Welle in V1-V3
- Rechtsschenkelblock
- verbreiterter QRS-Komplex in V1-V3
- T-Inversion
- verlängerter S-Zacken-Aufstrich > 55 ms in V1-V3
Bei einer Drehung der Herzachse nach links (z.B. überdrehter Linkstyp) während einer ventrikulären Tachykardie mit Linksschenkelblock-Morphologie und ohne zugrunde liegende koronare Herzkrankheit sollte zunächst an eine ARVC als Ursache gedacht werden.
Bildgebung
- Echokardiographie: regionale Wandbewegungsstörungen, Dilatation des rechten Ventrikels
- Kardio-MRT: Nachweis von Wandbewegungsstörungen, Fett- und Bindegewebsarealen, Late-Gadolinium-Enhancement (LGE)
Diagnosekriterien
Die ARVC wird anhand der Padua-Kriterien diagnostiziert.
siehe Hauptartikel: arrhythmogene Kardiomyopathie
Therapie
- Vermeidung sportlicher Belastung
- Implantation eines ICD
- Medikamentöse Therapie: z.B. Betablocker, Antiarrhythmika
- Katheterablation bei therapieresistenten ventrikulären Tachykardien
- Herztransplantation im Endstadium mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz
Prävention
Bei einem ARVC kann präventiv eine klinisch-radiologische und ggf. molekulargenetische Untersuchung von Familienangehörigen erwogen werden.
Quellen
- ↑ Gemayel et al. "Arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy", Journal of the American College of Cardiology 38, 1773-1781, 2001
- ↑ Scoote et al. "The cardiac ryanodine receptor (calcium release channel: emerging role in heart failure and arrhythmia pathogenesis", Cardiovascular Research 56, 359-372, 2002
- ↑ Mewis, Riessen, Spyridopoulos (Hrsg.): Kardiologie compact – Alles für Station und Facharztprüfung, 2006