Anti-D-Prophylaxe
Synonym: Rhesusprophylaxe
Englisch: Anti-D-prophylaxis
Definition
Als Anti-D-Prophylaxe bezeichnet man die passive Immunisierung (Impfung) Rhesus-negativer Schwangerer zur Verhinderung eines Morbus haemolyticus neonatorum im Rahmen einer Folgeschwangerschaft.
Prinzip
Die prophylaktische Injektion von Anti-D-Immunglobulinen verhindert die durch Übertragung kindlicher rhesuspositiver Erythrozyten auf die Mutter induzierte maternale Bildung von Rhesus-Antikörpern (IgG) sowie die komplikationsbehaftete Anlage eines Immungedächtnisses (Rhesussensibilisierung).
Indikation
Bei Rhesus-positivem Vater bestand bisher eine absolute Indikation zur Anti-D-Prophylaxe. Bei Rhesus-negativem Vater kann im Prinzip auf die Gabe verzichtet werden. Da der gesicherte Nachweis des väterlichen Phänotyps nicht vorausgesetzt werden kann (Möglichkeit einer Non-Paternität), gilt bzw. galt eine generelle Impfempfehlung für Rhesus-negative Mütter.
Es besteht die Möglichkeit, die Rhesus-Eigenschaften des Föten aus einer Blutprobe der Mutter mittels Nicht-invasiver Pränataldiagnostik (NIPD) zu bestimmen. Bei Rhesus-negativen Föten kann dann auf die Anti-D-Prophylaxe verzichtet werden.
Eine weitere, seltene Indikation besteht bei der Transfusion Rhesus-negativer Frauen mit nicht abgeschlossener Familienplanung mit Rhesus-positiven Thrombozytenkonzentraten (TK). Diese können eine geringe Beimengung von Erythrozyten enthalten, daher besteht auch hier die Gefahr einer Rhesus-Sensibilisierung, die durch die Anti-D-Prophylaxe verhindert werden kann.
Durchführung
Die Immunisierung erfolgt in zwei Dosen, die eine Sensibilisierung in Folge einer Blutübertragung unter der Schwangerschaft und während des Geburtsvorganges verhindern:
- pränatale Immunisierung: 28. - 30. Schwangerschaftswoche
- postpartale Immunisierung: 2 - 72 h nach der Geburt, wenn das Neugeborene Rhesus-positiv ist oder die Blutgruppe nicht bestimmt wurde
Die Antikörperdosis ist so kalkuliert, dass sie eine Menge von ca. 10 ml fetalen Blutes im mütterlichen Kreislauf neutralisieren kann. Falls eine Schwangerschaftskomplikation vorliegt, bei der die Übertragung einer größeren Menge fetalen Blutes in den mütterlichen Kreislauf zu befürchten ist (feto-maternale Hämorrhagie), muss die Dosis des eingesetzten Anti-D ggf. erhöht werden. Zur Abschätzung der Menge fetomaternal übertragenen Blutes kann eine HbF-Färbung durchgeführt werden.
Im Rahmen der ärztlichen Dokumentationspflicht ist ein Impfnachweis im Mutterpass zu erbringen. Außerdem besteht für Anti-D-Präparate eine Chargendokumentationspflicht.
Immunhämatologische Diagnostik
Wird nach der Gabe einer Anti-D-Prophylaxe erneut ein Antikörpersuchtest durchgeführt, z.B. im Rahmen der Geburtsvorbereitung im Krankenhaus, so wird dieser positiv ausfallen und es würde ein Anti-D diagnostiziert. Daher ist es wichtig, die Gabe einer Rhesusprophylaxe bei der Anforderung immunhämatologischer Diagnostik mitzuteilen.
Die immunhämatologische Diagnostik kann auch genutzt werden, um abzuschätzen, ob die Anti-D-Dosis ausreichend war. Wenn der Antikörpersuchtest negativ ausfällt, ist dies ein Hinweis, dass das injizierte Anti-D von den fetalen Erythrozyen "verbraucht" wurde.
Falsche Indikation
Die Transfusion Rhesus-positiver Erythrozytenkonzentrate auf Rhesus-negative Empfänger führt ebenfalls häufig zur Bildung von Anti-D. Solche inkompatiblen Transfusionen sind bei Mangel an Rhesus-negativen Präparaten gelegentlich nicht zu vermeiden. Da die Wirkung der Anti-D-Prophylaxe darin besteht, dass alle Rhesus-positiven Erythrozyten durch den injizierten Antikörper zerstört werden, bevor das Immunsystem des Empfängers sie "bemerkt", ist die prophylaktische Gabe von Anti-D in diesem Fall natürlich sinnlos und kontraindiziert.
siehe auch: Rhesus-Inkompatibilität, Rhesus-Faktor, Schwangerschaft