Anöstrie (Hund)
Definition
Als Anöstrie bezeichnet man das Ausbleiben der äußeren Brunstsymptome infolge einer Dysfunktion der Ovarien bei der Hündin.
Nomenklatur
Der Begriff Anöstrie wird in der Literatur weitreichend verwendet und beschreibt sowohl das völlige Ausbleiben des Sexualzyklus (Azyklie) als auch das stille Ablaufen des Sexualzyklus (stille Brunst bzw. Anaphrodisie).
Die Anöstrie gehört zu den Läufigkeitsstörungen der Hündin.
Klassifizierung
Bleibt die erwartete Läufigkeit aus, muss zwischen einem primären und einem sekundären Anöstrus unterschieden werden:
- Primärer Anöstrus: Die Hündin war noch nie läufig.
- Sekundärer Anöstrus: Die Hündin war schon mindestens einmal läufig.
Ätiologie
Ursachen einer pathologischen Azyklie der Hündin sind u.a.:
- Störungen in der sexuellen Differenzierung (z.B. Chromosomenanomalien)
- iatrogen (durch Medikamente) induzierter Anöstrus
- stressinduzierte (durch Rudelmitglieder) unterdrückte Läufigkeit
- Lutealzysten/persistierender Gelbkörper
- Hypothyreoidismus
- Cushing-Syndrom
- idiopathische Azyklie
Klinik
Eine Azyklie äußert sich entweder als verspätete Pubertät, als abnorm verlängertes Läufigkeitsintervall oder durch das vollständige Ausbleiben der Läufigkeit nach einer Gravidität.
Diagnose
Beim primären Anöstrus war die Hündin noch nie läufig - häufig sind Junghündinnen betroffen. Da noch keine nachweisliche Zyklusaktivität vorlag, müssen im Rahmen der Diagnostik Störungen in den Geschlechtsentwicklungen berücksichtigt werden. Oftmals liegen keine pathologischen Veränderungen vor, sodass die Läufigkeit aufgrund des zu jungen Alters des Tieres noch nicht eingesetzt hat.
Beim sekundären Anöstrus war die Hündin schon einmal läufig. Hat die Hündin bereits in der Vergangenheit eine Trächtigkeit erfolgreich durchlaufen, kann davon ausgegangen werden, dass keine schwerwiegenden, kongenitalen Fehlentwicklungen der Geschlechtsorgane vorliegen.
Da die Ursachen einer Anöstrie vielfältig sind, sollte bei der Erstvorstellung neben einer umfangreichen Anamnese auch eine vollständige gynäkologische Untersuchung einschließlich einer Progesteronkonzentrationsbestimmung durchgeführt werden. Mittels Ultraschalluntersuchung können erste Hinweise auf eine mögliche Fehlentwicklung der Geschlechtsorgane gewonnen werden.
Da Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom) und Hypothyreoidismus häufig mit Anöstrie einhergehen, sind diese endokrinologischen Erkrankungen vorab auszuschließen, bevor die Brunst künstlich induziert wird.
Therapie
Junghunde, bei denen die Läufigkeit trotz normaler Gewichtsentwicklung ausbleibt, sollten aus zuchthygienischen Gründen nicht behandelt werden.
Bei einem sekundären Anöstrus kann die Brunst medikamentös induziert werden. Durch die Applikation von Dopaminagonisten (Cabergolin, 5 µg/kgKG SID bis 2 Tage nach Beginn des Proöstrus) kann die Läufigkeit verlässlich eingeleitet werden.[1]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Hans G. Niemand (Begründer), Peter F. Suter, Barbara Kohn, Günter Schwarz (Herausgeber). Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke-Verlag, 2012.
- Axel Wehrend. Leitsymptome Gynäkologie und Geburtshilfe beim Hund. Diagnostischer Leidfaden und Therapie. 1. Auflage. Enke-Verlag, 2010.
Quelle
- ↑ CliniPharm CliniTox. Cabergolin, CliniPharm Wirkstoffdaten, abgerufen am 02.11.2019