Boerhaave-Syndrom
nach dem niederländischen Mediziner Herman Boerhaave (1668-1738)
Englisch: Boerhaave syndrome, Boerhaave's syndrome
Definition
Als Boerhaave-Syndrom bezeichnet man die spontane Ruptur aller Wandschichten des Ösophagus. Die bevorzugte Lokalisation ist das distale Drittel der Ösophaguswand links dorsolateral direkt über dem Zwerchfell (supradiaphragmal).
- ICD10-Code: K22.3 - Perforation des Ösophagus
Geschichte
Erstmalig wurde das Boerhaave-Syndrom vom niederländischen Mediziner Herman Boerhaave (1668-1738) beschrieben. Die geschichtlichen Überlieferungen besagen, dass ein Freund von Boerhaave nach einem opulenten Gelage blutig erbrach, zusammensackte und verstarb.
Bei der anschließend von Boerhaave selbst durchgeführten Obduktion stellte er eine Ösophagusruptur als Todesursache fest und benannte das entsprechende Krankheitsbild nach sich selbst.
Ätiologie
Die Ösophagusruptur tritt wahrscheinlich in Folge eines zu starken intraösophagealen Druckanstiegs während des Erbrechens oder Hustens auf - möglicherweise durch eine falsche Koordination der beteiligten Muskulatur. Oft geht der Erkrankung ein exzessiver Nahrungsmittel- oder Alkoholkonsum voraus. Man sieht das Syndrom häufiger bei Patienten mit Essstörungen (z.B. bei Bulimie).
Klinik
- Mackler-Trias:
- explosionsartiges Erbrechen (ggf. mit Hämatemesis)
- Starker Retrosternalschmerz ("Vernichtungsschmerz")
- Haut- oder Mediastinalemphysem
- Dyspnoe
Im Verlauf kann sich eine Mediastinitis, eine Sepsis und/oder ein Schock entwickeln.
Diagnostik
Körperliche Untersuchung
- Abwehrspannung im Oberbauch
- Zervikofaziales Hautemphysem
Röntgen
In der Abdomenübersichtsaufnahme zeigt sich eine Luftsichel unter beiden Zwerchfellkuppeln oder ein Luftaustritt ins Mediastinum (Mediastinalemphysem)
Weitere Untersuchungen
- Ösophagographie: Kontrastmittelaustritt ins Mediastinum. Cave: Bei V.a. Boerhaave-Syndrom darf nur ein wasserlösliches Kontrastmittel (Gastrografin) verwendet werden. Bei Verwendung Barium-haltiger Kontrastmittel kann es zu einer Bariummediastinitis kommen.
- Ösophagoskopie: Endoskopische Untersuchung der Speiseröhre. Cave: Befundverschlechterung möglich.
Differenzialdiagnose
- Mallory-Weiss-Syndrom: longitudinaler Einriss des gastroösophagealen Übergangs, wobei nur die Mukosa und die Submukosa betroffen sind.
Therapie
Das Boerhaave-Syndrom ist eine schwerwiegende Erkrankung, die sofortiger intensivmedizinischer Versorgung bedarf. Die Therapie besteht in einer Defektdeckung per Thorakotomie oder Laparotomie. Ergänzend erfolgt die antibiotische Abdeckung mit Breitbandantibiotika.
Prognose
Die Letalität liegt unter operativer Therapie zwischen 20 und 40 % und bei annähernd 100 % ohne Therapie.
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