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Diphtherie

von altgriechisch: διφθέρα ("diphthera") - Membran, Leder
Synonym: Diphtheritis, Diphtheria, Di (sprich: d-i)
Englisch: diphtheria

1. Definition

Die Diphtherie ist eine durch den Erreger Corynebacterium diphtheriae hervorgerufene Infektionskrankheit.

2. Epidemiologie

Die Erkrankung ist weltweit verbreitet. In Industrieländern ist sie aufgrund der Impfprophylaxe heute (Stand 2024) eher selten. In manchen Ländern (wie z.B. Russland) lässt sich jedoch eine steigende Prävalenz beobachten. Am häufigsten sind Kinder im Vorschulalter betroffen. Wenn die Durchimpfungsrate in einer Region abnimmt, kann es zu Epidemien kommen. In Deutschland haben etwa 50 % der Erwachsenen keinen Diphtherieschutz.

3. Erreger

Corynebacterium diphtheriae ist ein grampositives, nicht sporenbildendes Stäbchenbakterium. Die toxigenen Corynebacterium-diphtheriae-Stämme sind heute (2024) in Europa weitgehend ausgerottet. Deshalb ist derzeit das bei wildlebenden Tieren sowie Haus- und Nutztieren verbreitete Corynebacterium ulcerans der häufigste Erreger der respiratorischen und dermalen Diphtherie. Es handelt sich also um eine Zoonose.

4. Übertragung

Die Übertragung des Erregers erfolgt meist durch Tröpfcheninfektion. Es sind aber auch Infektionen über infiziertes Material beschrieben. Als Infektionsquelle können auch klinisch gesunde Bakterienträger dienen. Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 5 Tage.

5. Pathogenese

Die Krankheitserscheinungen der Diphtherie sind auf das Diphtherietoxin zurückzuführen, das vom Erreger gebildet wird. Das Toxin bewirkt ausgedehnte Zelluntergänge, die besonders ausgeprägt an Nasopharynx, Herz und Nieren auftreten.

6. Klinik

Die Diphtherie verläuft in der Regel zunächst als lokale Infektion, die im Verlauf in eine systemische Erkrankung übergehen kann. Die systemische Erkrankung wird insbesondere durch das Diphtherietoxin ausgelöst. Je nach Eintrittspforte der Erreger (Tröpfchen- oder Schmierinfektion) entsteht eine Rachen-, Nasen-, Augen-, Wund-, Haut-, Nabelschnur- oder Genitaldiphtherie.

6.1. Rachendiphtherie

Die Rachendiphtherie ist die häufigste Manifestation der Diphtherie. Nach der bis zu vier Tage dauernden Inkubationszeit treten Halsschmerzen und Dysphagie als erste Beschwerden auf. Betroffene Patienten haben ein schweres Krankheitsgefühl, sind müde, abgeschlagen und blass. Fieber ist üblicherweise, aber nicht zwingend vorhanden. Ein Teil der Patienten weist ausgeprägte Lymphknotenschwellungen am Hals und Unterkiefer mit Ödembildung auf (Cäsarenhals).

Bei der Inspektion des Rachens fällt ein von den Gaumenmandeln auf Gaumen und Rachen übergehender, weißlich-gelber Belag auf - die Pseudomembran. Bei Übergriff der Pseudomembran auf den Larynx tritt als gefürchtete Komplikation der Krupp auf, bei dem die Atemwege verlegt werden und Erstickungsgefahr besteht ("Würgengel" der Kinder). Diagnostisch wegweisend ist der typisch süßliche Mundgeruch (Foetor ex ore).

6.2. Haut- oder Wunddiphtherie

Die Haut- bzw. Wunddiphtherie tritt insbesondere in tropischen und subtropischen Regionen auf. In westlichen Ländern ist sie sehr selten und in der Regel mit geringen Hygienestandards assoziiert. Nach einem Bagatelltrauma (z.B. Insektenstich) kommt es zu einer Infektion mit schmierigen Belägen an Haut- und Schleimhäuten. Es handelt sich meist um Mischinfektionen mit Streptokokken und Staphylokokken. Systemische Komplikationen sind selten, da nur sehr wenig oder gar kein Toxin durch die verursachenden Stämme freigesetzt wird.

6.3. Systemische Komplikationen

Neben den lokal begrenzten Formen kann es nach Ausbreitung des Diphtherietoxins zu einer toxischen Diphtherie mit schweren systemischen Symptomen kommen. Hierzu zählen:

7. Diagnose

Die Diagnose der Diphtherie ist aufgrund der charakteristischen klinischen Symptomatik zu stellen.

7.1. Labormedizin

Bei Verdacht auf Diphtherie sollte zur Bestätigung eine mikrobiologische Diagnostik durchgeführt werden. Der Erreger ist in hoher Konzentration unter der Pseudomembran am Rachen enthalten. Nach vorsichtiger Lösung der Membran von der Unterlage kann so ein erregerhaltiger Rachenabstrich gewonnen werden. Im Rahmen der Haut- und Wunddiphtherie erfolgt der Abstrich aus der betroffenen Region (z.B. Nabelschnur- oder Wundabstrich)

7.1.1. Direkter Erregernachweis

Die Labordiagnostik umfasst in der Regel die Anzucht des Erregers im Löffler-Nährmedium und den Nachweis des Diphtherietoxins mit dem ELEK-Test. Außerdem kann das Toxingen molekulargenetisch mittels PCR nachgewiesen werden.

7.1.2. Indirekter Erregernachweis

Früher wurde zur Testung des Immunstatus gegen Diphtherie der Schick-Test eingesetzt, der heute (2024) durch serologische Verfahren ersetzt ist. Bei der Fragestellung nach einer akuten Diphtherie kann der serologische Nachweis von Diphtherie-Antikörpern zu spät positiv sein, hier ist immer ein direkter Nachweis anzustreben. Die Antikörperdiagnostik dient insbesondere zur Erfassung des Serostatus.

7.1.2.1. Material

Für die Untersuchung werden 1 ml Serum benötigt.

7.1.2.2. Referenzbereich
Serumkonzentration [ IU/ml ] Beurteilung
unterhalb 0,1 Kein Impfschutz nachweisbar → Grundimmunisierung erforderlich, nach 4 Wochen Kontrolle
0,1 bis 1,0 Impfschutz nicht sicher ausreichend → Auffrischung erforderlich, nach 4 Wochen Kontrolle
1,0 bis 1,4 Auffrischimpfung nach 5 Jahren empfohlen
1,5 bis 1,9 Auffrischimpfung nach 7 Jahren empfohlen
über 2,0 Auffrischimpfung nach 10 Jahren empfohlen

8. Therapie

Die Diphtherie ist eine Erkrankung mit hoher Letalität. Daher ist die frühzeitige Einleitung der Therapie sehr wichtig. Die wirksame Therapie ist die Beseitigung des zirkulierenden Diphtherietoxins mittels Antitoxin. Bereits bei Verdacht auf eine vorliegende Diphtherie muss Diphtherie-Antitoxin in einer Dosierung von 500-1.000 Einheiten/kgKG verabreicht werden. Vor der Anwendung injiziert man eine 1:10 verdünnte Lösung des Antitoxins zum Ausschluss einer Allergie intrakutan.

Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.

Ergänzend wird zur Abtötung vorhandener Erreger Penicillin G bzw. Erythromycin oder Clarithromycin gegeben. Bei Vorliegen eines Krupp ist die Intubation bzw. Tracheostomie lebensrettend.

Kontaktpersonen müssen ebenfalls mit Antibiotika behandelt werden, um eine Verschleppung von Erregern zu vermeiden. Zusätzlich ist von Kontaktpersonen ein Rachenabstrich für die mikrobiologische Labordiagnostik zu gewinnen. Normalerweise sind die Kontaktpersonen 24 Stunden nach der Antibiotikagabe nicht mehr kontagiös.

Erkrankte müssen zunächst isoliert werden. Die Isolation wird erst aufgehoben, wenn in zwei Abstrichuntersuchungen im Abstand von 2 Tagen keine toxinbildenden Stämme von Corynebacterium diphtheriae nachzuweisen sind.

9. Impfung

Die Diphtherie-Schutzimpfung gehört zu den empfohlenen Standardimpfungen. Als Impfstoff wird ein Toxoidimpfstoff verwendet, der die Bildung von gegen das Diphtherietoxin gerichteten Antikörpern anregt.

Für die Grundimmunisierung werden drei Dosen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten empfohlen. Die Impfung führt man i.d.R. in Kombination mit einer Impfung gegen Tetanus, Pertussis, Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B durch. Frühgeborene erhalten 4 Dosen im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten. Zwischen der letzten und vorletzten Dosis zur Grundimmunisierung muss ein Mindestabstand von 6 Monaten eingehalten werden.

Auffrischimpfungen sind mit 5-6 Jahren und 9-16 Jahren empfohlen, anschließend in einem 10-jährigen Abstand. Zur Auffrischimpfung oder bei eventuell nicht erfolgter Grundimmunsierung wird ein Impfstoff mit reduziertem Diphtherietoxoid-Gehalt verwendet, der i.d.R. mit Tetanustoxoid und Pertussis-Antigen (TdaP) kombiniert wird.

10. Meldepflicht

Verdacht, Erkrankung und Tod auf/durch Diphtherie sind namentlich meldepflichtig.

11. Literatur

  • Laborlexikon.de; abgerufen am 03.03.2021
  • RKI: Ratgeber Diphtherie; abgerufen am 03.03.2021
  • Hof, Dörries; Duale Reihe Mikrobiologie; Thieme Verlag Stuttgart; 7. Auflage; S. 352

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