Phosphatdiabetes
Synonyme: X-chromosomale Hypophosphatämie, familiäre hypophosphatämische Rachitis
Englisch: X-linked hypophosphatemia, hypophosphatemic rickets, vitamin D resistant rickets
Definition
Unter dem Phosphatdiabetes, kurz XLH, versteht man eine durch Hypophosphatämie bedingte, X-chromosomal-dominant vererbte Form der Rachitis. Sie wird durch eine gestörte Reabsorption des Phosphats im proximalen Tubulus der Niere ausgelöst.
Epidemiologie
Der Phosphatdiabetes tritt mit einer Häufigkeit von 1: 20.000 auf. Jungen sind seltener als Mädchen betroffen, zeigen aber schwerere Verlaufsformen, da sie nur ein X-Chromosom besitzen.
Ätiologie
Die Erkrankung beruht auf einer Veränderung des Gens für das Membranprotein PHEX. PHEX reguliert ein anderes Protein, den Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23 (FGF23). Die fehlende Regulation durch mutiertes PHEX führt zu einer Überaktivität von FGF23. Da FGF23 eine hemmende Wirkung auf die renale Phosphatreabsorption und die renale Vitamin-D-Synthese hat, steigt die Phosphatausscheidung und die Phosphatkonzentration im Blut sinkt.
Das betroffene Gen ist auf dem kurzen Arm des X-Chromosoms (Xp22.1) lokalisiert
Pathogenese
Da in der Niere das Phosphat nur in geringen Mengen rückresorbiert wird, lässt sich im Serum eine Hypophosphatämie beobachten, die zu einer gestörten Knochenmineralisation führt. Die Calcitriolsekretion ist ebenfalls beeinträchtigt. Trotz der Hypophosphatämie steigt die Sekretion an Calcitriol nicht an.
Klinik
Die familiäre hypophosphatämische Rachitis führt in der Regel im zweiten Lebensjahr zu Symptomen. Die betroffenen Kinder haben eine Coxa vara und ein Genu varum. Ihr Gang ist breitbeinig und watschelnd. Weiterhin lassen sich ein Minderwuchs und eine gestörte Zahnentwicklung beobachten.
Wenn die Erkrankung nicht behandelt wird, entwickelt sich im Laufe der Zeit eine Innenohrschwerhörigkeit.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch sollte an eine hereditäre Pseudo-Vitamin-D-Mangel-Rachitis, eine renale Osteodystrophie und an ein DeToni-Debré-Fanconi-Syndrom gedacht werden.
Diagnostik
Anamnese, Klinik und Manifestationsalter weisen häufig auf die Erkrankung hin.
Im Serum zeigt sich ein verminderter Phosphatspiegel, bei normaler Konzentration an Parathormon, Calcium und Calcitriol. Die Menge an cAMP im Urin ist nicht verändert.
Auf den Röntgenbildern zeigen sich rachitische Veränderungen.
Therapie
Die Therapie besteht in der Gabe von Phosphat und Calcitriol. Es sollte darauf geachtet werden, dass am Tag nicht mehr als 6 mg/kg KG Calcium im Urin ausgeschieden wird. Da die Gabe des Calcitriols zu einer Hypercalcämie und zu einer Nephrocalcinose führen kann, sollten in regelmäßigen Abständen sonographische Untersuchungen erfolgen.
Seit 2018 steht in Deutschland der rekombinante monoklonale Antikörper Burosumab als kausale Therapie des Phosphatdiabetes zur Verfügung. Der Wirkstoff bindet an den überaktiven FGF-23 und inaktiviert diesen. Dadurch wird die tubuläre Rückresorption von Phosphat gesteigert und in Folge weniger Phosphat ausgeschieden. Des weiteren nimmt die Serumkonzentration von Calcitriol zu, wodurch insgesamt Defekte im Knochenwachstum und -umbau positiv beeinflusst werden.
Wichtig ist ebenfalls eine Vorstellung beim Kinderorthopäden. Korrigierende Operationen sollten erst nach Beendigung des Wachstums vorgenommen werden.
Komplikation
Die Therapie birgt die Gefahr der Vitamin-D-Überdosierung mit Übelkeit, Erbrechen, Obstipation und Polyurie. Eine Nephrocalcinose mit Niereninsuffizienz ist möglich. In einem solchen Fall sollte die Vitamin D Therapie abgesetzt werden und eine calciumarme Ernährung erfolgen.
Prognose
Wenn die Erkrankung frühzeitig behandelt wird, können Skelettdeformierungen vermieden werden. Erfolgt die Behandlung nicht rechtzeitig, müssen orthopädische Operationen durchgeführt werden, um die Fehlstellungen zu korrigieren.
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