Myokardiale Hibernation
Synonym: "Winterschlafmyokard"
Englisch: hibernating myocardium
Definition
Als myokardiale Hibernation bezeichnet man einen (patho)physiologischen Zustand des Myokards, bei dem sich die myokardiale Kontraktilität der verminderten Koronardurchblutung anpasst. Bei einer Hypoperfusion verringert sich dadurch auch die Kontraktilität. Dieser Zustand sichert die strukturelle Integrität des Myokards. Sobald eine normale Blutversorgung wiederhergestellt ist, erholt sich die myokardiale Pumpfunktion - die myokardiale Hibernation ist also ein reversibler Zustand.
Physiologie
Nach dem akuten Verschluss eines Koronargefäßes nimmt die kontraktile Funktion des betroffenen Myokardareals unmittelbar ab, um das Muskelgewebe vor einer Nekrose zu schützen. Bereits nach wenigen Herzzyklen stellt sich eine angepasste Balance zwischen Blutfluss und Pumpfunktion auf einem erniedrigten Niveau ein. Sofern eine gewisse Restperfusion distal des Verschluss vorhanden ist, kann ein Zustand der reduzierten Perfusion und Kontraktilität aufrecht erhalten werden, ohne dass Myokardzellen untergehen. Eine erhaltene Restperfusion von etwa 50% reduziert die myokardiale Pumpfunkion auf circa 40%, was bei gleichbleibender Perfusion einen Zeitraum von ca. fünf Stunden eröffnet, indem irreversible Schäden abgewendet werden können.
Sofort nach dem Auftreten einer akuten Perfusionsstörung steigt die Laktatbildung signifikant an, wodurch der koronarvenöse pH-Wert abfällt und der koronarvenöse pCO2 ansteigt.
Pathomechanismus
Zum aktuellen Zeitpunkt (2024) ist der genaue Pathomechanismus der myokardialen Hibernation noch weitgehend ungeklärt. Allerdings unterscheidet man eine Short-Term-Form und den chronischen Verlauf. Bei chronischer myokardialer Hibernation kommt es zu Fibrosen und einer reduzierten Anzahl der Myofibrillen.
Abgrenzung
...zum Myokardinfarkt
Im Gegensatz zur Hibernation ist der Funktionsverlust der betroffenen Myokardareale beim Myokardinfarkt irreversibel. Aus den ischämischen Arealen bildet sich langfristig Narbengewebe, das auch nach wiederhergestellter Perfusion funktionslos bleibt.
...zum Stunning
Der Unterschied zum Stunning ist die Erholungszeit der myokardialen Pumpfunktion. Während diese Erholungszeit sich beim Stunning über einen längeren Zeitraum hinzieht, ist die Pumpfunktion bei einer Hibernation nach erneuter adäquater Koronarperfusion sofort wiederhergestellt. Das Myokard ist im Zustand des Stunning in der Regel normal perfundiert, dafür aber weitestgehend akinetisch und nicht kontraktil.
... zu Winterschlaf und Kältestarre
Beim Winterschlaf oder der Kältestarre ist der gesamte Organismus als globales System betroffen, während bei der Hibernation lediglich die minderperfundierten Anteile des Myokards betroffen sind.
... zu iatrogener Kardioplegie
Die Hibernation ist ein körpereigener Schutzmechanismus, um Herzmuskelanteile vor einer Nekrose zu bewahren. Die iatrogene Kardioplegie ahmt diesen Zustand künstlich durch Hypothermie und Unterdrückung der elektrischen Erregung nach.
Diagnose
Zur Unterscheidung von abgestorbenem (infarziertem) und hibernierendem Myokard ist eine Vitalitätsdiagnostik mittels FDG-PET das Mittel der Wahl.
In der Vitalitätsdiagnostik mittels FDG-PET stellt sich das hibernierende Myokard im Vergleich zum vitalen, regelrecht perfundierten Myokard mit einer erhöhten FDG-Aufnahme dar. Aufgrund der Ruheperfusionsstörung kommt es dabei zu einer anaeroben Glykolyse.
Eine Myokardszintigrafie eignet sich zur Diagnostik mangelhaft perfundierter Abschnitte, jedoch nicht zum Ausschluss eines hibernierenden Myokards. Hibernierendes Myokard ist aufgrund seiner Ruheperfusionsstörung myokardszintigraphisch meist nicht sicher von einer Narbe zu unterscheiden.
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