Vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom
Synonyme: Vibrationssyndrom der Finger, vibrationsbedingte Durchblutungsstörung der Hände, traumatisches Raynaud-Phänomen
Englisch: vibration induced white finger, traumatic vasospastic disease
Definition
Das vibrationsbedingte vasospastische Syndrom, kurz VVS, ist eine Durchblutungsstörung der Hand und der Finger. Es entsteht als Folge einer chronischen Vibrationsexposition, die auf die Hände wirkt und zur Vasokonstriktion ggf. mit Nervenschädigungen führt.
Das VVS gehört zu den anerkannten Berufskrankheiten und ist unter der Nummer 2104 aufgeführt.
Epidemiologie
Die Inzidenz und Prävalenz des vibrationsbedingten vasospastischen Syndroms ist derzeit (2024) nicht bekannt. Es scheint jedoch häufiger in handwerklichen Berufen aufzutreten, in denen mit vibrationsabgebenden Maschinen (z.B. Schlagbohrmaschinen oder Trennschleifern) gearbeitet wird. Es besteht eine Abhängigkeit von Expositionsdauer und Intensität.
Ätiopathogenese
Als Ursache des VVS wird eine chronische Vibrationsexposition der Hände angesehen. Dabei wirken sich Frequenzen von 25 bis 500 Hz besonders auf die Handgelenke und die Hände aus. Die Pathogenese ist bisher (2024) nicht abschließend geklärt. Es wird von funktionellen Durchblutungsstörungen ausgegangen, die zu reflexartigen Vasokonstriktionen führen. Außerdem führt die Exposition von häufiger Vibration zu einer Verletzung des Gefäßendothels. Die Folge ist eine Hypertrophie der glatten Gefäßmuskulatur und eine Erhöhung des peripheren Strömungswiderstands. Ggf. auftretende Nervenschädigungen beeinträchtigen vor allem die Thermozeption, Nozizeption und Mechanorezeption und sind möglicherweise auf demyelinisierende Prozesse zurückzuführen.
Klinik
Die Symptome des VVS treten meist nach einigen Monaten bis Jahren auf. Charakteristisch sind anfallsartige, lokal begrenzte Durchblutungs- und Sensibilitätsstörungen in den Händen. Meist sind die Finger II bis V betroffen, seltener der Daumen oder die Handinnenflächen. Betroffene klagen über ein Taubheits- und Kältegefühl mit gleichzeitiger Schwäche und Steifheit der Finger. Die Finger erscheinen weiß.
Die Symptome werden durch Kälteexposition i.d.R. begünstigt. Die Anfallsdauer und -häufigkeit variiert, kann jedoch durch das Aufwärmen der Hände reduziert werden.
Diagnostik
Bedeutsam für die Diagnose des VVS ist die Arbeitsanamnese und eine genaue Beschreibung der Beschwerden im zeitlichen und örtlichen Verlauf. Die Durchführung eines Provokationstests (z.B. Kaltwassertest bei 12° C) ist erforderlich.
Eine Objektivierung der Durchblutungsstörung ist durch die Messung der Hauttemperatur, die Bestimmung der Wiedererwärmungszeit und den Fingernagel-Pressversuch möglich. Ergänzend erfolgt eine neurologische Untersuchung mit Prüfung der Sensibilität und Motorik
Quellen
- Merkblatt zur BK Nr. 2104: (Bek. des BMA vom 10.7.1979 im Bundesarbeitsblatt 7/8/1979), abgerufen am 22.08.2024
- Letzel et al. Raynaud-Phänomen bei einer beruflichen Vibrationsbelastung. Dtsch Med Wochenschr. 138(10):473-476. 2013
- Wahl. Organische und funktionelle Durchblutungsstörungen der Hand – differenzialdiagnostische Aspekte. Thieme Review. 2020
Literatur
- lwata, H.; Dupius, H.; Freund, J. L.; Hartung, E: Bei Hand-Arm-Schwingungen auftretende Erkrankungen. Arbeitsmed., Sozialmed., Präventivmed., 12, 295-296, 1973
- Klosterkötter, W: Kriterien für vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen bei beruflichen Tätigkeiten. In: Ergonomische Aspekte der Arbeitsmedizin. Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin, Jahrestagung 1975, S. 191-199, Gentner-Verlag, Stuttgart
- Laarmann, A: Berufskrankheiten nach mechanischen Einwirkungen. Enke-Verlag, Stuttgart, 1977
- Lidström, JM: Periphere Kreislauf- und Nervenfunktionsstörungen bei Personen, die Vibrationseinwirkungen über die Hände ausgesetzt sind. Arbeitsmed., Sozialmed., Präventivmed., 11, 142-144, 1974
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