TERT
Englisch: telomerase reverse transcriptase, TERT
Definition
TERT ist ein katalytischer Subkomplex des Enzyms Telomerase. Die Abkürzung steht für "telomerase reverse transcriptase". Telomerase verhindert die bei jeder Replikation entstehende Verkürzung des genetischen Materials und somit die Apoptoseinduktion der Zelle. Das im Menschen aktive Holoenzym wird als hTERT (human) bezeichnet.
Genetik
Die Enden der Chromosomen werden Telomere genannt. Bei jeder Replikation verkürzen sich die Chromosomen um 100-200 Basenpaare. Zum Ausgleich fügt hTERT tausende Kopien der Nukleinbasen TTAGGG einzelsträngig den Telomeren hinzu. Das Ende ist nicht linear, sondern liegt als T-Loop-Einzelstrang vor. Der T-Loop stellt keinen DNS-Doppelbruch dar und initiert somit keine Reparaturmechanismen.
Ohne diesen Prozess würden sich die Telomere des Genoms mit jeder Replikation zunehmend verkürzen und das Unterschreiten einer kritischen Grenzlänge würde ein Ansetzen der DNA-Polymerase nicht mehr möglich machen. Eine Replikation ist demnach nicht mehr möglich, die Erbinformation ist instabil und induziert eine Apoptose. Physiologisch liegt außer in den Stammzellen und funktional aktivierten Lymphozyten keine erhöhte hTERT Aktivität vor.
Tumorgenetik
Im Gegensatz zu gesunden Zellen weisen 85-90% aller Tumorzellen eine hohe hTERT-Aktivität auf. Dies erklärt die "Unsterblichkeit", d.h. die endlose Replikationskapazität von Tumorzellen. Die Telomere verkürzen sich nicht und erlauben theoretisch unendlich viele Replikationen und somit ungebremstes Tumorwachstum. Folgend einige Beispiele für Protoonkogene, welche die Expression von hTERT stimulieren:
Die 10-15% der Tumore, die keine gesteigerte hTERT-Aktivität aufzeigen, nutzen das sog. ALT ("alternate lengthening of telomers"). Der exakte Mechanismus ist bislang nicht geklärt. Auch die Ursache für die Aktivierung der Transkriptionsfaktoren durch Tumore und die gesteigerte hTERT-Expressivität ist nicht vollständig erschlossen.[1]
Pharmakologie
Der Ansatz, hTERT zu blockieren und dem Tumor so die "Unsterblichkeit" zu nehmen, wird für vielversprechend gehalten. So können Tumorsuppressorgene wie MEN1 oder p53 bereits eine Repression von hTERT herbeiführen. In Versuchen wurde der Telomeraseeinzelstrang "TTAGGG" durch ein komplementäres Anticodon besetzt. Eine Verlängerung war nicht mehr möglich, da die DNS nun als Doppelstrang vorlag und die Polymerase nicht mehr ansetzen konnte. Jedoch erwies sich der Versuch, alle Telomeraseenden zu blockieren, als äußerst schwierig. Zusätzlich ist nicht klar, welchen Einfluss dies auf andere physiologische Prozesse hätte.
Etwas einfacher ist der Versuch ein dn-hTERT, ein dominant negatives hTERT, in die Zellen zu bringen. Hiermit wird anstelle der hTERT, die unproduktive dn-hTERT herangezogen, die eine stetige Verkürzung der DNS erlaubt und somit letztendlich zur Apoptose führt. Es ist aber aufzuzeigen, dass die dn-hTERT nicht zytotoxisch wirkt, sondern nur den physiologischen Prozess ermöglicht, den Tumorzellen durch Mutationen von Protoonkogenen ausweichen. Eine dritte Möglichkeit stellen Medikamente dar, welche die hTERT blockieren. Da hTERT und die Reverse Transkriptase der HI-Viren einen gewissen Verwandtheitsgrad aufweisen, wurden in Studien bereits einige Medikamente der Klasse der Reverse-Transkriptase-Inhibitoren positiv getestet.[2][3]
Klinik
Bei der familiär gehäuft auftretenden idiopathischen interstitiellen Pneumonitis (Familiäre IIP) findet sich bei nachweisbar ursächlichem Gendefekt in der Mehrzahl der Fälle eine Loss-of-Function-Mutation im TERT-Gen. Diese führt durch eine Verminderung der Telomeraseaktivität zur vorzeitigen Telomeralterung und so zum Verlust von Lungengewebe.[4]
Quellen
- ↑ Perrem K et al.: Coexistence of Alternative Lengthening of Telomeres and Telomerase in hTERT-Transfected GM847 Cells
- ↑ Carlini F et al.: The reverse transcription inhibitor abacavir shows anticancer activity in prostate cancer cell lines. PLoS One. 2010 Dec 3;5(12):e14221. doi: 10.1371/journal.pone.0014221
- ↑ Aschacher T et al.: The Combined Use of Known Antiviral Reverse Transcriptase Inhibitors AZT and DDI Induce Anticancer Effects at Low Concentrations
- ↑ Schaaf und Zschocke. Basiswissen Humangenetik. Kapitel 22.1.3. Familiäre idiopathische Lungenfibrose (IPP), S. 296. 3. Auflage. Springer Verlag. 2018.
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