Sphinganin-1-Phosphat
Synonym: Dihydrosphingosin-1-Phosphat
Englisch: sphinganine-1-phosphate
Definition
Sphinganin-1-phosphat, kurz SA1P, ist ein phosphoryliertes Sphingolipid und ein Zwischenprodukt im Sphingolipidstoffwechsel. Es ist strukturell mit Sphingosin-1-phosphat (S1P) verwandt, das als potentes Gewebshormon und Signalstoff zahlreiche zelluläre Prozesse steuert.
SA1P rückt zunehmend als eigenständiger Biomarker[1] und Mediator in den Fokus der Forschung, insbesondere im Kontext von Toxizität und Neuropathie.[2]
Biochemie
SA1P ist das Phosphatderivat des gesättigten Sphinganins (Dihydrosphingosin). Die Biosynthese erfolgt durch Phosphorylierung von Sphinganin mittels Sphingosinkinase-Isoformen (SPHK1/2). Sphinganin entsteht im Rahmen der De-novo-Synthese der Sphingolipide aus Serin und Palmitoyl-CoA.
Der Abbau von SA1P erfolgt über spezifische Phosphatasen oder die Sphinganin-1-phosphat-Lyase, die SA1P irreversibel in Hexadecanal und Phosphoethanolamin spaltet.[3][4]
Abgrenzung zu Sphingosin-1-phosphat
| Merkmal | SA1P | S1P |
|---|---|---|
| Grundstruktur | gesättigtes Sphinganin | ungesättigtes Sphingosin |
| Rezeptorbindung | gering, keine klassische S1PR-Aktivierung | hochaffin an S1P-Rezeptoren |
| Hormonelle Aktivität | gering | stark ausgeprägt |
| Biomarker | Mykotoxin-Exposition, Neuropathie, Leberzirrhose | breites Spektrum (u. a. Entzündung, Tumor, Gefäße) |
| Therapeutische Bedeutung | bisher keine | z.B. Fingolimod bei Multipler Sklerose |
| Neuropathie-Beteiligung | Paclitaxel-induzierte CIPN | keine direkte Assoziation |
Funktionen
Im Gegensatz zu S1P bindet SA1P nur mit geringer Affinität an die klassischen S1P-Rezeptoren (S1PR1-5) und entfaltet keine vergleichbare hormonelle Aktivität. Trotzdem besitzt SA1P relevante biologische Funktionen:
- Intrazelluläre Signalgebung: SA1P kann als intrazellulärer Signalstoff wirken und beeinflusst den Sphingolipidstoffwechsel.[2]
- Calcium-Signaling: Neuere Studien zeigen, dass SA1P in sensorischen Neuronen über TRPV1-Kanäle und S1P-Rezeptoren vorübergehende Schwankungen der Calciumkonzentration im Zytosol (Calcium-Transiente) auslösen kann, was zur Entstehung neuropathischer Schmerzen beiträgt.[2]
- Proliferation und Apoptose: Während S1P anti-apoptotisch und proliferationsfördernd wirkt, sind die Effekte von SA1P auf diese Prozesse weniger ausgeprägt und zelltypabhängig
Klinische Relevanz
Biomarker für Mykotoxin-Exposition
SA1P ist ein sensitiver Marker für die Exposition gegenüber Fumonisin B1, einem Mykotoxin, das die Ceramidsynthase hemmt. Das SA1P/S1P-Verhältnis im Blut dient als Indikator für die Hemmung der Sphingolipid-Biosynthese durch Toxine.[1]
Rolle bei Lebererkrankungen
Verminderte SA1P-Plasmaspiegel wurden bei Patienten mit Leberzirrhose mit erhöhter Mortalität assoziiert, wenn auch weniger deutlich als bei S1P.[5]
Chemotherapie-induzierte Neuropathie (CIPN)
Aktuelle Lipidomik-Analysen belegen, dass SA1P nach Paclitaxel-Gabe bei Brustkrebspatientinnen ansteigt und mit dem Auftreten peripherer Neuropathien korreliert. SA1P aktiviert in sensorischen Neuronen TRPV1-Kanäle und S1P-Rezeptoren, was die Schmerzsignalübertragung fördert.
Machine-Learning-Modelle identifizierten SA1P als einen der wichtigsten Lipidmarker zur Unterscheidung von Proben vor und nach Chemotherapie (Median-Genauigkeit: 90 %).[2]
Pharmakologie
Für SA1P selbst sind derzeit (2025) keine direkten therapeutischen Anwendungen bekannt. Die Erkenntnisse über die Beteiligung von SA1P an der Neuropathie legen jedoch nahe, dass Modulatoren von TRPV1-Kanälen oder S1P-Rezeptoren potenziell zur Prävention oder Therapie der Chemotherapie-induzierten Neuropathie eingesetzt werden könnten.[2]
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Kim DH, Yoo HS, Lee YM, Kie JH, Jang S, Oh S. Elevation of sphinganine 1-phosphate as a predictive biomarker for fumonisin exposure and toxicity in mice. J Toxicol Environ Health A. 2006;69(23):2071-2082. doi:10.1080/15287390600746215
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Lötsch J, Gasimli K, Malkusch S, et al. Machine learning and biological validation identify sphingolipids as potential mediators of paclitaxel-induced neuropathy in cancer patients. Elife. 2024;13:RP91941. Published 2024 Sep 30. doi:10.7554/eLife.91941
- ↑ Gault CR, Obeid LM, Hannun YA. An overview of sphingolipid metabolism: from synthesis to breakdown. Adv Exp Med Biol. 2010;688:1-23. doi:10.1007/978-1-4419-6741-1_1
- ↑ Liu, X., Zhang, QH. & Yi, GH. Regulation of metabolism and transport of sphingosine-1-phosphate in mammalian cells. Mol Cell Biochem 363, 21–33 (2012). https://doi.org/10.1007/s11010-011-1154-1
- ↑ Becker S, Kinny-Köster B, Bartels M, et al. Low sphingosine-1-phosphate plasma levels are predictive for increased mortality in patients with liver cirrhosis. PLoS One. 2017;12(3):e0174424. Published 2017 Mar 23. doi:10.1371/journal.pone.0174424