Per- und polyfluorierte Alkylverbindung
Englisch: per- and polyfluoroalkyl substance
Definition
Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, kurz PFAS, sind eine Gruppe organischer Verbindungen, die anstelle von Wasserstoffatomen Fluoratome enthalten. Der Wasserstoff kann vollständig (perfluoriert) oder teilweise (polyfluoriert) ersetzt sein. PFAS werden in Medizinprodukten, Arzneimitteln und in Alltagsprodukten angewendet.
Hintergrund
Die Gruppe der PFAS umfasst mehr als 10.000 synthetische Chemikalien, die seit den 1940er Jahren in einer Vielzahl von Produkten verwendet werden. Aufgrund ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften und ihrer thermischen Stabilität werden sie oft als "beständige Chemikalien" bezeichnet.
Einteilung
Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) sind eine Gruppe von Verbindungen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Strukturen. Alle PFAS basieren auf einem Kohlenwasserstoffgrundgerüst (Alkylkette), in dem Wasserstoffatome ganz oder teilweise durch Fluoratome ersetzt sind.
Die zwei Hauptklassen von PFAS sind:
Perfluorierte Alkylverbindungen
Bei diesen Verbindungen sind alle Wasserstoffatome der Alkylkette durch Fluoratome ersetzt. Ein bekanntes Beispiel ist Perfluoroctansäure (PFOA). Die allgemeine Struktur ist:
- n = Länge der Alkylkette
Polyfluorierte Alkylverbindungen
Im Gegensatz zu den perfluorierten Verbindungen sind bei den polyfluorierten Alkylverbindungen einige Wasserstoffatome in der Alkylkette nicht durch Fluoratome ersetzt. Ein Beispiel ist die Heptadecafluorodecansäure. Die allgemeine Formel lautet:
Chemie
Die Kohlenstoff-Fluor-Bindung (C-F) ist eine der stärksten Einzelbindungen in der organischen Chemie und verleiht den PFAS ihre thermische und chemische Stabilität. Viele PFAS enthalten funktionelle Gruppen wie z.B. eine Carboxyl- (-COOH) oder Sulfonatgruppe (-SO3H), welche die Eigenschaften der jeweiligen Verbindung beeinflussen.
Anwendung
Alltagsanwendungen
- Polytetrafluorethylen (PTFE) ist auch als Teflon® bekannt und wird als Antihaftbeschichtung in Kochgeschirr verwendet.
- Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonat (PFOS) werden häufig für fettabweisende Beschichtungen verwendet.
- Polyfluoralkyle (PFA) werden in wasserabweisenden Stoffen und Beschichtungen genutzt.
- Perfluoroctansulfonat (PFOS) wird in speziellen Feuerlöschschäumen (Aqueous Film Forming Foam, AFFF) verwendet.
- Fluortelomeralkohole (FTOH) werden in Reinigungsmitteln zur Entfernung von Fett- und Ölflecken zu genutzt.
- Perfluorpolyether (PFPE) wird in Schmier- und Dichtungsmitteln verwendet.
- Perfluorpolyether (PFPE) wird aufgrund seiner Beständigkeit gegen extremen Temperaturen in Hydraulikflüssigkeiten in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt.
- Perfluorbutansulfonat (PFBS) findet sich in schmutzabweisenden Beschichtungen für Teppiche und Möbel.
Anwendung in der Medizin
- Das Inhalationsanästhetikum Sevofluran ist ein halogeniertes Derivat von Diethylether, das sieben Fluoratome enthält.
- Polytetrafluorethylen (PTFE) wird aufgrund seiner biokompatiblen und inerten Eigenschaften in bestimmten medizinischen Implantaten und Gefäßprothesen verwendet.
- Polyvinylidenfluorid (PVDF) wird wegen seiner Chemikalienresistenz und Sterilität in Medizinprodukten verwendet, z.B. in Schläuchen, Folien und Verpackungen inkl. Beuteln für Blutprodukte.
Gesundheitsrisiken
Die Auswirkungen von PFAS auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt sind Gegenstand der toxikologischen Forschung. Einige Studien haben gezeigt, dass die Exposition gegenüber PFAS mit einer Reihe von Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht werden kann, darunter Krebs, Hormonstörungen, erhöhte Cholesterinwerte und Entwicklungsstörungen bei Kindern.
Umweltauswirkungen
PFAS sind in der Umwelt äußerst persistent und können sich in Wasser, Boden und Luft anreichern. Sie sind weit verbreitet und wurden in Umgebungen auf der ganzen Welt nachgewiesen, auch in entlegenen Gebieten wie der Arktis. Aufgrund ihrer Mobilität und Persistenz können PFAS in die Nahrungskette gelangen und sich in menschlichen und tierischen Geweben anreichern.
Regulierung
Aufgrund der negativen Umwelteigenschaften dieser Chemikalien haben verschiedene Länder Maßnahmen ergriffen, um die Verwendung und Emission von PFAS zu begrenzen. Einige PFAS-Verbindungen sind in der EU und den USA verboten oder unterliegen strengen Beschränkungen.
Die US-Umweltschutzbehörde (EPA) hat im Jahr 2024 Grenzwerte für PFOA und PFOS im Trinkwasser von 4,0 ppm festgelegt. Für PFNA, PFHxS und "GenX-Chemikalien" beträgt der Grenzwert 10 ppm.[1]
Literatur
- Toxicological Effects of Perfluoroalkyl and Polyfluoroalkyl Substances. Deutschland: Springer International Publishing. 2015
- Weiterbildung Gynäkologie und Geburtshilfe: CME-Beiträge aus: Der Gynäkologe Januar 2013 - Juni 2014. Deutschland: Springer Berlin Heidelberg. 2014
- Steenland et al. PFAS and cancer, a scoping review of the epidemiologic evidence. Environ Res. 194:110690. 2021
- Panieri et al. PFAS Molecules: A Major Concern for the Human Health and the Environment. Toxics. 10(2):44. 2022
- Sharma et al. Perfluoroalkyl substances (PFAS) in river and ground/drinking water of the Ganges River basin: Emissions and implications for human exposure. Environ Pollut. 208(Pt B):704-13. 2016
- Ding et al. Perfluoroalkyl and polyfluoroalkyl substances (PFAS) and their effects on the ovary. Hum Reprod Update. 26(5):724-752. 2020
Quelle
- ↑ Biden-Harris Administration Finalizes First-Ever National Drinking Water Standard to Protect 100M People from PFAS Pollution. EPA April 10, 2024, abgerufen am 11.04.2024
Weblinks
- BMUV – Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS), abgerufen am 30.09.2023
- PubChem – perfluoroheptane sulfonic acid, abgerufen am 30.09.2023
- PubChem – Perfluorooctanoic acid, abgerufen am 30.09.2023
- ECHA – Perfluoralkylchemikalien (PFAS), abgerufen am 30.09.2023
- EPA – Per- and Polyfluoroalkyl Substances (PFAS), abgerufen am 30.09.2023
- Chemie.de –Perfluoroctansulfonat, abgerufen am 30.09.2023
- Chemie.de – Fluortelomeralkohole, abgerufen am 30.09.2023
- Chemie.de – Perfluoroctansulfonat, abgerufen am 30.09.2023
- Chemie.de – Polyvinylidenfluorid, abgerufen am 30.09.2023
- Umwelt Bundesamt – Perfluoroctansäure (PFOA), abgerufen am 30.09.2023
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