Kleptomanie
Synonyme: Stehlsucht, zwanghaftes -, triebhaftes -, neurotisches Stehlen
Englisch: Kleptomania
Definition
Als Kleptomanie wird ein pathologischer Impuls zum Stehlen bezeichnet. Sie zählt zur Gruppe der Impulskontrollstörungen sowie zum Spektrum der Zwangsstörungen ("obsessive-compulsive disorders"). Der Begriff stammt aus der Monomanielehre des französischen Psychiaters Jean Étienne Esquirol.
Symptome
- zwanghaftes oder lustvolles Stehlen
- Spannungsgefühl vor dem Diebstahl mit darauf folgender Entspannung und Erleichterung
- die gestohlenen Objekte besitzen keinen objektiven Wert oder persönlichen Nutzen für den Patienten
- der Diebstahl erfolgt nicht zur persönlichen Bereicherung
- Stehlen ist nicht auf ein Motiv (Wut, Rache) zurückzuführen
- der Dieb entwickelt meist nach dem Diebstahl ein schlechtes Gewissen, kann jedoch den Drang zum weiteren Stehlen nicht unterdrücken
- es liegt keine andere Psychopathologie vor
Differentialdiagnosen
- dissoziale Persönlichkeitsstörung
- paranoide Persönlichkeitsstörung
- Borderline-Persönlichkeitsstörung
- Schizophrenie
- Stehlen bei depressiver Störung
- hirnorganische Erkrankungen
- andere körperliche Erkrankungen mit möglicher Stehlneigung: Hypoglykämie, Epilepsie, Intoxikationen
Ursachen
Eine singuläre Ursache wurde bislang (2020) wissenschaftlich belastbar nicht gefunden. Zu nennen sind u.a.:
- Störungen der Affekt- und Impulsregulation
- Zwangsspektrumsstörungen
- Psychodynamische Erklärungsmodelle, z.B. Entwicklungsstörungen in der ödipalen Phase, psychosozialer Stress, hysterischer Ausdruck, Ersatzbefriedigung für unterdrückte Wünsche
Beurteilung der Schuldfähigkeit
Bei gerichtlicher Begutachtung muss vor allem auf die Hauptsymptome der Kleptomanie geachtet werden, um eine eventuell vorliegende Schuldunfähigkeit des Diebes festzustellen. Folgende Kriterien können helfen, um eine Kleptomanie von einem normalen Diebstahl zu unterscheiden:
- Unnützes oder bedeutungsloses Diebesgut (z.B. Heftklammer, Stecknadel, etc.)
- spezielle psychische Befindlichkeit während des Tatgeschehens (depressive Verstimmung, Euphorie, Bewusstseinstrübung)
- Auffälligkeiten während des Tatablaufes (z.B. mangelnde Vorsicht, offensichtliches Stehlen)
- Persönlichkeitsfremdheit des Diebstahls
Therapie
Am häufigsten Anwendung finden Verhaltenstherapie und Psychoanalyse. Aus Sicht der evidenzbasierten Medizin sind die Erfolge dieser Behandlungsmethoden aufgrund mangelnder Studien bislang nicht sicher einzuschätzen. Die Prognose ist mithin unklar.
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