Kieferfraktur (Hund)
Englisch: fractured jaw
Definition
Als Kieferfraktur bezeichnet man eine Kontinuitätstrennung (Fraktur) von Ober- (Maxilla) oder Unterkiefer (Mandibula) durch ein Trauma oder im Rahmen pathologischer Prozesse.
Ätiologie
Kieferfrakturen entstehen beim Hund am häufigsten durch ein mechanisches Trauma nach einem Sturz, einer Beißerei mit Artgenossen oder durch einen Zusammenstoß mit einem Auto. Deutlich seltener finden Frakturen nach Vorschädigung der Knochen durch pathologische Prozesse wie etwa Osteomyelitis, Zysten, profunde Parodontitis oder Neoplasien statt.
Je nachdem welche Knochen betroffen sind, unterscheidet man zwischen:
- Oberkieferfraktur (Fractura maxillae)
- Unterkieferfraktur (Fractura mandibulae)
Prädisposition
Gebrauchshunde (Arbeitshunde) sind prädisponiert für mechanische Traumata. Im Gegensatz dazu trägt bei Toy-Rassen (Zwergrassen) ein exazerbiertes parodontales Geschehen zu einer pathologischen Schwächung (insbesondere des horizontalen Unterkieferastes) bei, weshalb es zu Frakturen im Bereich des Kiefers kommen kann.
Klinik
Betroffene Tiere fallen v.a. durch akuten Schmerz und eine Störung des Kieferschlusses auf. Bereits kleine Abweichungen im Bereich der skeletalen Basis führen zu massiven Störungen der Okklusion, weshalb diese Hunde kaum mehr ihren Fang schließen können. Bei der Palpation fällt neben der deutlichen Schmerzhaftigkeit meist eine merkbare Kontinuitätsunterbrechung der Kieferknochen auf, die sich klinisch auch in Form einer Asymmetrie im Kieferschluss zeigt.
Die Frakturenden sind meist unter Krepitation gegeneinander beweglich, wobei es im Oberkiefer über den Verbund beteiligter Einzelknochen zur Stabilisierung gegeneinander kommen kann. Die Kontinuitätsunterbrechungen und Dislokationen der beteiligten Knochen können auch als Abweichungen an Zahnbogen und Okklusionshöhe ersichtlich werden.
Differenzialdiagnosen
Beim Vorliegen einer Störung des Kieferschlusses sollte differenzialdiagnostisch auch immer an andere - die Maulhöhle betreffende Pathologien - gedacht werden, wie z.B.:
Diagnose
Neben einer ausführlichen allgemeinen Untersuchung (unter Sedierung) bestätigen v.a. Röntgenaufnahmen in mehreren Ebenen die Verdachtsdiagnose einer Kieferfraktur. Während der klinischen Untersuchung in Sedierung sollte direkt geprüft werden, ob bei Reposition ein störungsfreier Kieferschluss erzielt werden kann.
Therapie
Das primäre Ziel einer Therapie ist die Wiederherstellung einer störungsfreien Okklusion und eines ungestörten Kieferschlusses. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte müssen die Kieferenden gegeneinander stabilisiert werden. Sind die Zahnreihen intakt, kann nach Reposition eine Stabilisierung über die Zähne erfolgen (Verblockung), ohne, dass die Gefahr der iatrogenen Schädigung der Zähne besteht. Sind keine vollständigen Zahnreihen mehr vorhanden (fehlende Zähne, parodontal geschädigtes Gebiss), müssen Drahtcerclagen oder Osteosyntheseplatten unter maximaler Schonung der Zahnwurzeln chirurgisch eingebracht werden.
Prognose
Besteht die Möglichkeit zur korrekten Reposition, ist die Prognose nach traumatischen Frakturen gut. Bei Frakturen aufgrund pathologischer Prozesse sollte neben der knöchernen Stabilisierung des Kiefers stets die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund stehen. Je nachdem welche Grunderkrankung vorliegt, kann die Prognose gut bis vorsichtig oder schlecht sein.
Literatur
- Hans G. Niemand (Begründer), Peter F. Suter, Barbara Kohn, Günter Schwarz (Herausgeber). Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke-Verlag, 2012.
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