Geburt (Hund)
Synonym: Partus
Englisch: birth
Physiologie
Vom Deckakt bis zur Geburt dauert die Trächtigkeit zwischen 57 und 72 Tagen. Im Durchschnitt dauert eine physiologische Trächtigkeit 63 Tage.
Geburtszeitpunkt
Der Geburtszeitpunkt kann bei Kenntnis des Ovulationstermins (zur Bestimmung des optimalen Decktermins) auf 63 Tage (Genauigkeit: ± 2 Tage) eingegrenzt werden. Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung kann ebenso eine Bestimmung der noch verbleibenden Tage (Genauigkeit: ± 2 Tage) bis zur Geburt durchgeführt werden.
Maße
In der frühen Phase der Trächtigkeit kann der Chorionhöhlendurchmesser (CH in Zentimeter) bestimmt werden:
- 45 - 6 x CH = Tage vor Geburt
In der späten Phase der Trächtigkeit hingegen wird der Biparietaldurchmesser (BP in Zentimeter) bestimmt:
- 45 - 15 x BP = Tage vor Geburt
Hormonanalysen
Wenige Tage vor der Geburt fällt die Progesteronkonzentration im Blut deutlich ab. Die Ermittlung des Progesteronspiegels kann daher ebenfalls zur Bestimmung des Geburtstermins herangezogen werden:
- 4,5 ng/ml = 5 Tage vor Geburt
- 3,1 ng/ml = 40 bis 32 Stunden vor Geburt
- 1,2 ng/ml = 24 bis 16 Stunden vor Geburt
- 0,6 ng/ml = 12 bis 8 Stunden vor Geburt
Temperaturmessung
Progesteron besitzt eine körpertemperatursteigende Wirkung, die während der Trächtigkeit vom Wärmeregulationszentrum kompensiert wird. Etwa eine Woche vor der Geburt pendelt sich die Körpertemperatur bei ca. 38 °C ein. Durch die Luteolyse des Gelbkörpers (Corpus luteum) kommt es zu einem abrupten Abfall des Progesterons. Das Wärmeregulationszentrum kann zu dieser Zeit keine adäquate Temperaturregelung mehr durchführen. Infolge dessen sinkt die Körpertemperatur 12 bis 24 Stunden ante partum um etwa 1 °C oder auch mehr ab.
Mit dem Einsetzen der Öffnungsphase steigt die Körpertemperatur wieder an und kann sich gegen Ende der Austreibung im subfebrilen Bereich einpendeln. Die Schwankungen der Körpertemperatur sind ein zuverlässiger Marker für die Endträchtigkeit, da die hypotherme Phase nur kurz andauert und daher zur Geburtsüberwachung herangezogen werden kann.
Geburtsphasen
Beim Hund können grundsätzlich zwei Geburtsphasen unterschieden werden:
- Öffnungsphase
- Austreibungsphase
Öffnungsphase
Die Geburt beginnt mit der Öffnungsphase, die etwa 6 bis 12 Stunden lang dauert. Diese Phase wird maßgeblich durch die Aufhebung des Progesteronblocks ausgelöst. Der Zervixpropf verflüssigt sich und die Kontraktionen des Myometriums nehmen zu. Es kommt zu einer Dilatation der Zervix, der Zervikalschleim geht ab und die Wehen setzen ein (äußerlich nicht erkennbar). Während der Öffnungsphase weitet sich der weiche Geburtsweg, da die Fruchtblasen der ersten Welpen eintreten.
Einige Hündinnen zeigen in dieser Phase ein deutlich verändertes Verhalten, sie verweigern die Futteraufnahme, zeigen Unruhe, sind ängstlich und suchen einen abgeschiedenen Platz auf. Häufig kommt es zu charakteristischem Nestbau und gelegentlich auch zu Erbrechen.
Austreibungsphase
Durch die Wehentätigkeit wird der erste Welpe nach kaudal geschoben. Es kommt zu einem mechanischen Dehnungsreiz der Zervix und der Vagina und folglich zur Freisetzung von Oxytocin. Auf diese Weise werden die Myometriumkontraktion und die Wehentätigkeit verstärkt (Ferguson-Reflex) und die Geburt weiter vorangetrieben.
Sobald der Welpe durch die Zervix hindurchgetreten ist, setzt reflektorisch die Bauchpresse ein und die eigentliche Austreibungsphase beginnt. Es kommt zum Einreißen des Chorions, wobei der Fetus zunächst noch von beiden Fruchtblasen (Allantois und Amnion) umhüllt bleibt. Auf diese Weise kann eine schonende Weitung der Zervix sichergestellt werden. Die Allantois reißt entweder noch innerhalb der Vagina ein oder wird durch die Hündin direkt postnatal eröffnet. Der eigentliche Ausstoßvorgang erfolgt nur durch einige kräftige Kontraktionen der Bauchmuskulatur.
Sowohl die Allantois- als auch die Amnionflüssigkeit sind farblos bzw. leicht grau. Sobald es jedoch zur Ablösung der Plazenta kommt, verfärben sich die Fruchtwässer grünlich - bedingt durch die Vermischung von Blutfarbstoffen aus den Randhämatomen der Plazenta. Bei Mehrlingsgeburten werden die Welpen meistens alternierend aus beiden Uterushörnern geboren. Dadurch kommen auch die Welpen unmittelbar nacheinander zur Welt, bevor anschließend die zugehörigen Plazenten ausgestoßen werden. Die Zeitintervalle zwischen den einzelnen Welpen betragen etwa 30 Minuten, können aber auch nur wenige Minuten oder andererseits mehrere Stunden betragen. Eine normale Geburt dauert höchstens 24 Stunden. Etwa 40 % der Welpen werden dabei in Hinterendlage geboren.
Postnatale Phase
An die eigentlichen Geburtsphasen schließt eine postnatale Phase an. In dieser Phase beißt die Hündin mit den Schneidezähen noch vorhandene Fruchthüllen auf und legt durch Lecken des Kopfes und des übrigen Körpers den Fetus frei. Anschließend beißt die Hündin die Nabelschnur durch.
Die Nachgeburt wird innerhalb von 15 Minuten ausgestoßen und meistens von der Hündin gefressen.
Literatur
- Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3