Frailty
Synonym: Frailty-Syndrom
Englisch: frailty
Definition
Der Begriff Frailty oder Gebrechlichkeit beschreibt ein geriatrisches Syndrom, das durch eine allgemein erhöhte Anfälligkeit älterer Menschen gegenüber exogenen Stressfaktoren (Überlastung, Unruhe, Erkrankungen, etc.) gekennzeichnet ist. Im Umkehrschluss kann von einer verminderten Resistenz gegen Stressoren gesprochen werden. Frailty entsteht durch ein Zusammenspiel von physiologischen Alterungsprozessen und ihren pathologischen Folgen.
Epidemiologie
Genaue epidemiologische Zahlen sind nicht bekannt.
Auslöser
Insbesondere folgende Erkrankungen können eine Frailty auslösen:
Diagnostik
Diagnosekriterien
Nach Fried kann von einer Frailty ausgegangen werden, wenn mindestens drei der fünf nachfolgenden Leitsymptome vorhanden sind:
- Unbeabsichtigte Gewichtsreduktion von > 5 kg/Jahr, bzw. nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin definiert als Gewichtsverlust um > 5% in 3 Monaten oder > 10% in 6 Monaten.[1]
- Abnahme der groben Körperkraft (Handkraftmessung 20% gegenüber der Vergleichspopulation)
- Subjektiv empfundene Erschöpfung
- reduzierte Ganggeschwindigkeit (5 m Gehstrecke mit 20% der Geschwindigkeit gegenüber der Vergleichspopulation), im Sinne einer reduzierten Mobilität
- Reduzierte allgemeine Aktivität
Liegen nur 1 oder 2 Kriterien vor, spricht man von sogenannter Prefrailty.
Labordiagnostik
Häufige labordiagnostische Befunde bei Frailty-Patienten sind:
- Erhöhte Spiegel von Interleukinen (IL-1, IL-6 u.a.), Tumornekrosefaktor (TNFα) und C-reaktivem Protein (CRP und hCRP)
- Verringerte Spiegel von Östrogen, Testosteron, Kortikosteroiden, Somatotropin, Dehydroepiandosteronsulfat (DHEA)
Klassifikationen
Frail-Scale
Die Frailty kann klinisch mit Hilfe der FRAIL-Scale erfasst werden. Dabei handelt es um einen einfachen Screening-Fragebogen, der 5 Items abfragt:
- Fatigue (Müdigkeit): Fühlen Sie sich meistens müde?
- Resistance (Muskelkraft): Können Sie ein Stockwerk Treppen steigen?
- Ambulation (Gehfähigkeit): Können Sie 100 Meter gehen?
- Illness (Krankheiten): Leiden Sie an mehr als fünf Erkrankungen?
- Loss of Weight (Gewichtsverlust): Haben Sie in den letzten sechs Monaten ungewollt mehr als 5 kg an Gewicht verloren?
Ist kein Kriterium erfüllt, wird der Patient als fit angesehen. Bei 1-2 Kriterien kann eine Prefrailty vorliegen, bei mehr als 3 Kriterien eine Frailty.
Clinical Frailty Scale
Mithilfe der Clinical Frailty Scale (CFS) lässt sich das biologische Alter eines Patienten einschätzen. Als Leitfrage dient die Bewertung des Zustands, die ein Patient zwei Wochen vor dem aktuellen Zustand hatte, sodass er sich einer der neun Kategorien zuordnen lässt:
- Sehr fit - Personen in dieser Kategorie sind robust, aktiv, voller Energie und motiviert. Sie trainieren üblicherweise regelmäßig und sind mit die Fittesten innerhalb ihrer Altersgruppe.
- Durchschnittlich aktiv - Personen in dieser Kategorie zeigen keine aktiven Krankheitssymptome, sind aber nicht so fit wie Personen in Kategorie 1. Sie sind durchschnittlich aktiv oder zeitweilig sehr aktiv, z.B. saisonal.
- Gut zurechtkommend - Die Krankheitssymptome dieser Personengruppe sind gut kontrolliert, aber außer Gehen im Rahmen von Alltagsaktivitäten bewegen sie sich nicht regelmäßig.
- Vulnerabel - Auch wenn sie nicht auf externe Hilfen im Alltag angewiesen sind, sind Personen in dieser Kategorie aufgrund ihrer Krankheitssymptome oft in ihren Aktivitäten eingeschränkt. Häufig klagen sie über Tagesmüdigkeit und/oder berichten, dass Alltagsaktivitäten mehr Zeit benötigen.
- Geringgradig frail - Personen in dieser Kategorie sind offensichtlich in ihren Aktivitäten verlangsamt und benötigen Hilfe bei anspruchsvollen Alltagsaktivitäten, wie finanziellen Angelegenheiten, Transport, schwerer Hausarbeit und im Umgang mit Medikamenten. Geringgradige Frailty beeinträchtigt das selbständige Einkaufen, Spazierengehen sowie die Essenszubereitung und Haushaltstätigkeiten.
- Mittelgradig frail - Personen in dieser Kategorie benötigen Hilfe bei allen außerhäuslichen Tätigkeiten und bei der Haushaltsführung. Im Haus haben sie oft Schwierigkeiten mit Treppen, benötigen Hilfe beim Baden/Duschen und eventuell Anleitung oder minimale Unterstützung beim Ankleiden.
- Ausgeprägt frail - Personen in dieser Kategorie sind aufgrund körperlicher oder kognitiver Einschränkungen bei der Körperpflege komplett auf externe Hilfe angewiesen. Dennoch sind sie gesundheitlich stabil. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie innerhalb der nächsten 6 Monate sterben, ist gering.
- Extrem frail - Komplett von Unterstützung abhängig und sich ihrem Lebensende nähernd. Oft erholen sich Personen in dieser Kategorie auch von leichten Erkrankungen nicht.
- Terminal erkrankt - Personen in dieser Kategorie haben eine Lebenserwartung unter 6 Monaten. Die Kategorie bezieht sich auf Personen, die anderweitig keine Zeichen von Frailty aufweisen.
Therapie
Im Mittelpunkt steht die Reduktion entsprechender Risikofaktoren. Eine Kombination aus Krafttraining und Koordinationsübungen hat sich bewährt. Auch Ausdauersport und eine gesunde Ernährung reduzieren das Risiko. Bereits bestehende Erkrankungen sollten therapeutisch optimal eingestellt werden.
Quellen
- ↑ DGEM-Leitlinie Klinische Ernährung: Klinische Ernährung in der Geriatrie, 2013, abgerufen am 7.6.2019