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FlexiEssay: Analabszess und Analfistel

Dr. med. Heinrich Schmelzer
Arzt | Ärztin
Jannik Blaschke
Arzt | Ärztin
Dr. Frank Antwerpes
Arzt | Ärztin
Georg Graf von Westphalen
Arzt | Ärztin
Dr. med. Heinrich Schmelzer, Jannik Blaschke + 3

Dieser Text ein so genannter FlexiEssay. So nennen wir Texte, die keinen lexikalischen Inhalt haben. FlexiEssays geben die persönliche Einschätzung des Autors wieder. Sie werden von uns nicht inhaltlich überprüft. Wie bei allen anderen Texten gilt: Lies dir den Artikel kritisch durch, vergleiche ihn mit anderen Publikationen und bilde dir eine eigene Meinung.

Einleitung

Abszess und Fistel der Analregion stellen eine Krankheitsentität dar, wobei der Abszess die akute, die Fistel die chronische Form darstellt. Eine (inkomplette) Fistel, wie sie nach Infektion einer Proktodealdrüse entsteht, ist einerseits Ursache der Abszessbildung (Quellfistel), andererseits Folge spontaner Perforation oder operativer Eröffnung des Abszesses (komplette Fistel).

Kryptoglanduläre Infektion

Zwischen den beiden Schließmuskelringen des Afters, dem äußeren (Musculus sphincter ani externus) und inneren (Musculus sphincter ani internus), liegen die sogenannten Proktodealdrüsen, die mit ihrem Ausführungsgang etwa in der Mitte des Afters in eine Krypte der Linea dentata, der Grenzzone zwischen Schleimhaut und der Haut des Afters (Anoderm), münden. Ähnlich dem Wurmfortsatz handelt es sich um entbehrliche Relikte aus der stammesgeschichtlichen Entwicklung. Bei einigen Tieren sondern diese Drüsen sexuell anlockende Duftstoffe ab. Es ist nicht sicher bekannt, ob diese phylogenetischen Relikte bei jedem Menschen vorhanden sind und wie sie zirkulär verteilt sind. Man weiß nur, dass sie sich ohne erkennbare Ursache über ihren Ausführungsgang entzünden und abszedieren können (Quellfistel), und dies vorzugsweise auf 6 (ca 80%) und 11, bzw. 1 Uhr (ca 20%) in Steinschnittlage (SSL) gesehen.

Abszess

Aufgrund morphologisch vorgeformter Straßen zwischen dem Musculus sphincter ani internus und externus und innerhalb des dreigeteilten Musculus sphincter ani externus zieht dieser abszedierende Entzündungsherd in etwa 2/3 der Fälle direkt zum Afterrand (tiefer intermuskulärer Abszess = Perianalabszess).

In etwa 1/3 der Fälle breitet er sich langsam tief im Fett der Ischiorektalgrube aus (transsphinktärer Abszess = Ischiorektalabszess).

Sehr selten zieht der Abszess zwischen Ring- und Längsmuskulatur nach kranial in die Wand des Enddarms hinein (hoher intermuskulärer Abszess), und ebenso selten bleibt er zwischen beiden Schließmuskeln stecken (Intersphinktärabszess). In Regel sind diese Abszesse äußerst schmerzhaft, werden je nach Lage mit einer äußeren oder inneren Schwellung sicht- oder tastbar und verlangen nach sofortiger chirurgischer Intervention.

In seltenen Fällen, und nur im Falle von tiefen intermuskulären Abszessen und fast ausschließlich posterior (6 Uhr SSL), kapselt sich der Abszess ab und drainiert sich über seine Quellfistel, den Ausführungsgang der befallenen Proktodealdrüse, intermittierend nach innen. Man spricht von einem chronischen Abszess, der kaum sichtbar und als knotige Induration am Afterrand tastbar ist.

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Fistel

Entleert sich eine Abszess spontan nach außen oder innen (z.B. beim hohen intermuskulären Abszess) oder wird er chirurgisch drainiert, entsteht zwangsläufig eine komplette Fistel, ein Verbindungsgang zwischen der primären Mündung der Proktodealdrüse im Innern des Afters und der Schleimhaut- oder Hautöffnung nach spontaner Perforation oder Inzision. Diese Situation bedingt, dass ein Abszess, obwohl ausreichend drainiert, entweder nicht vollständig ausheilt oder nach scheinbarer Abheilung wieder auftritt, was noch nach vielen Jahren der Fall sein kann. Daher sollte danach getrachtet werden, Abszess und ursächliche Quellfistel synchron freizulegen, d.h. die Fistelspaltung unmittelbar im Zusammenhang mit der Abszesseröffnung oder zeitversetzt nach wenigen Wochen vorzunehmen.

Anale Fisteln werden gleichermaßen nach ihrem Verlauf klassifiziert wie die verschiedenen Abszesstypen. Da Fisteln in der Afterregion auch durch fehlerhafte chirurgische Intervention oder durch einen Entzündungsherd im Darm entstehen können, der direkt unter Umgehung des Schließmuskelsystems durch die muskuläre Beckenbodenplatte (Levatoren) zur äußeren Haut zieht (z.B. bei Morbus Crohn), werden außerdem die extrasphinktäre und supratranssphinktäre Fistel unterschieden.

Während die extrasphinktäre Fistel den Sphinkterapparat komplett umläuft und ihre innere Öffnung weit oberhalb des Afters hat, durchbricht die suprasphinktäre Fistel ebenfalls die Beckenbodenplatte, ihr Quellgang ist jedoch der gleiche wie der einer hohen intermuskulären Fistel mit Öffnung in der Mitte des Afters. Im Gegensatz zu den intermuskulären und transsphinktären Fisteln umgreift die suprasphinkäre Fistel die Puborektalschlinge.

Obwohl die Quellfistel bis auf wenige Ausnahmen auf 6 oder 11, bzw. 1 Uhr zu finden ist, können sich die äußeren oder sekundären inneren Öffnungen einer Analfistel zwischen allen Uhrzeiten bewegen. Gerade Fisteln finden sich vor allem anterior, während posteriore Fistel in der Regel bogenförmig zum Afterrand ziehen. Rezidive unzureichend voroperierter Fisteln zeigen oft einen verzweigten Verlauf und mehrere äußere Öffnungen.

Analfisteln kryptoglandulären Ursprungs sind zu unterscheiden von perianalen Fistelungen bei einer Hidradenitis suppurativa (Synonym: Acne inversa), einem atypisch gelegenen Sinus pilonidalis und einem fistelnden infizierten Atherom.

Therapie

Nur ein operativer Eingriff kann eine Fistel zur dauerhaften Ausheilung bringen. Die sicherste Methode, besteht darin, sie freizulegen, d.h. sie wird gespalten und der offenen Wundheilung überlassen. Da Analfisteln sich innerhalb des Schließmuskelsystems bewegen, muss dabei je nach Typ und Lage zwangsläufig ein Teil der Sphinktermuskulatur durchtrennt werden. Tiefe intermuskuläre Fistel und Intersphintärabszesse sind unproblematisch.

Aber auch wenn der innere Schließmuskel zur Gänze (wie bei der hohen intermukulären Fistel) oder bis zu 3/4 der inneren und äußeren Schließmuskelmasse (wie bei transsphinktären Fisteln) durchtrennt werden müssen - die Puborektalschlinge dabei aber funktionstüchtig erhalten bleibt -, ist die Freilegung einer Analfistel mit Erhalt der Kontinenz möglich.

Allerdings gelingt es selten, die rundovale Kongruenz der Afteröffnung vollkommen wiederherzustellen, so dass Reinigungsschwierigkeiten und Undichtigkeiten bei Durchfällen oder Blähungen als Folge des Eingriffs vorkommen können.

Bei sehr hohen transsphinktären und suprasphinktären Analfisteln und insbesondere bei der ano- oder rektovaginalen Fistel bietet sich als operatives Verfahren der plastische Verschluss der inneren Öffnung mit einem Rektumvollwandlappen an, der jalousieartig über die innere Öffnung der Fistel heruntergezogen und auf den denudierten Sphinkter aufgesteppt wird ("advancement flap"). Der äußere Fistelgang wird breit ausgeschnitten und der offenen Sekundärheilung überlassen.

Da es sich um einen plastischen Eingriff in einem septischen Gebiet handelt, sind Infektionen und damit Persistenz der Fistel nicht ausgeschlossen, insbesondere wenn statt eines Vollwandlappens nur ein Mukosalappen genommen wird. Auch Anodermlappen, die von unten nach oben über das Fistelostium gezogen werden, unterliegen der gleichen Gefahr. Alle Lappenplastiken hinterlassen jedoch im Falle eines Fehlschlags keinen Schaden, da die Schließmuskulatur unberührt und alle Behandlungsoptionen offen bleiben, einschließlich eines erneuten plastischen Deckungsversuches.

Operative Versuche, das Sphinktersystem nach Spaltung der Fistel unmittelbar zu rekonstruieren, werden beschrieben, unterliegen aber einer hohen Misserfolgsrate, zumal wenn kein temporärer Anus praeter vorgeschaltet wird. Da jedoch im Falle eines Fehlschlags kein Nachteil gegenüber dem zu erwartenden Ergebnis nach konventioneller Freilegung entsteht, erscheint diese Methode als Behandlungsoption vertretbar.

In den letzten Jahren wird hat sich das Verfahren des sogenannten analfistel-plug etabliert. Dabei handelt es sich um tierisches Kollagenmaterial, das in die Fistel eingezogen wird und dort langsam durch gesundes körpereigenes Gewebe ersetzt wird, was zu einem dauerhaften Verschluß der Fistel führen soll. Angeblich liegt die Erfolgsrate bei 75 %. Langzeitergebnisse stehen noch aus – und nur diese sind bei der langen klinischen Latenzzeit einer Analfistel (bis zu 30 Jahren) aussagekräftig.

Fisteln können ferner mit einem Faden (Fadendrainage) markiert und drainiert werden. Die Fadendrainage wird immer dann verwendet, wenn eine Fistel nicht gleich operiert werden soll oder wenn die Freilegung einer Fistel in mehreren Schritten verläuft. Lebenslange Fadendrainagen, die ein Abszedieren und Verzweigen der Fistel verhindern, kommen nur bei multimorbiden, älteren Patienten als Notbehelf in Betracht.

Morbus Crohn

Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, insbesondere mit einem Morbus Crohn, unterliegen einem etwa 10mal höheren Risiko, eine kryptoglanduläre Infektion zu entwickeln als Darmgesunde. In sehr selten Fällen können anale Abszesse oder Fisteln der intestinalen Manifestation eines Morbus Crohn vorausgehen. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, bei jedem gesunden Fistelpatienten, der keine intestinalen Symptome zeigt, koloskopisch nach einem Morbus Crohn fahnden zu müssen. Denn einerseits treten kryptoglanduläre Abszesse und Fisteln in der allgemeinen Bevölkerung häufig auf, andererseits würde die Diagnose eines symptomlosen intestinalen Crohn weder die Behandlungsoptionen von Abszess und Fistel noch den Verlauf der Crohnerkrankung beeinflussen.

Da kryptoglanduläre Abszesse und Fisteln bei Patienten mit Morbus Crohn den gleichen pathologisch-anatomischen Gesetzmäßigkeiten unterliegen wie diejenigen, die bei Darmgesunden auftreten, können sie in gleicher Weise freigelegt werden, ohne die Kontinenz zu gefährden. Die operative Sanierung einer primären Analfistel bei Morbus Crohn ist vor allem deshalb geboten, weil die Erkrankung, die als Autoimmunerkrankung verstanden wird, mit einer erhöhten entzündlichen Aggressivität einhergeht, die einen verzweigten und unregelmäßigen Verlauf von Fisteln begünstigt. Auch ist die Wundheilung nach Freilegung einer Analfistel bei Morbus Crohn träge, die Heilungszeit ist etwa 2-3 mal so lang.

Ist bei Crohnpatienten das Rektum befallen, können sich in seltenen Fällen enterokutane Fisteln bilden, sogenannte Crohnfisteln, die ihre äußere Öffnung in der Analregion haben. Solche Fisteln sind chirurgisch sehr schwer angehbar und können häufig nur drainiert werden, will man einen künstlichen Darmausgang vermeiden.

Prophylaxe

Fistel entstehen in der Regel nach vorausgegangenem Abszess. Nicht selten aber scheinen sich intermuskuläre Fisteln auch primär zu entwickeln, d.h. der kryptoglanduläre Enzündungsherd breitet sich nur langsam und unbemerkt aus, um schließlich mit einem juckenden, sezernierenden oder eitrigen "Pickel" durch die Haut zu brechen.

Um der Entstehung einer Analfistel vorzubeugen, empfiehlt es sich, die kryptoglanduläre Quellfistel zeitversetzt (synchrone Fistelspaltung) - evtl. nach Einlage einer temporären Fadendrainage - oder sofort bei der Eröffnung eines Abszesses freizulegen (simultane Fistelspaltung).

Handelt es sich um transsphinktäre Abszesse mit hoch gelegener Quellfistel, wird man nach Eröffnung den zeitversetzten plastischen Verschluss der inneren Öffnung anstreben.