DNA Damage Tolerance
Abkürzung: DDT
Deutsch: DNA-Schadenstoleranz
Definition
Die DNA Damage Tolerance, kurz DDT, beschreibt Mechanismen von eukaryotischen Zellen, die blockierende Läsionen der DNA während der Replikation umgehen. Obwohl der Schaden während der DNA-Synthese im Vorlagenstrang verbleibt, kann der Tochterstrang dadurch gelegentlich die korrekte Sequenz enthalten.
Hintergrund
Die Zelle besitzt ein riesiges Netzwerk von spezialisierten Proteinen, das eine Vielzahl von DNA-Schäden in kürzester Zeit erkennt und die entsprechenden Reparaturenzyme zur Schadstelle rekrutiert (DNA-Reparatur). Diese Mechanismen sollen verhindern, dass die Zelle mit beschädigter DNA in die S-Phase eintritt. Dies ist für die Zelle sehr wichtig, da Schäden hier die DNA-Polymerasen stoppen können und letztendlich zum Zusammenbruch der Replikationsgabel führen können. Daraus resultieren oft DNA-Doppelstrangbrüche, die bei gescheiterer Reparatur zur Apoptose, aber auch zur Karzinogenese, führen können. Die DNA Damage Tolerance kann daher auch als letzter Verteidigungsmechanismus gegen größere Schäden für die Zellen gesehen werden.
Mechanismen
Transläsionspolymerase
Die Transläsionspolymerasen sind die bekanntesten Vertreter der DDT. Sie werden an die Replikationsgabel rekrutiert, sobald die normalen replikativen Polymerasen an einer beschädigten Stelle den Matrizenstrang nicht mehr als Substrat verwenden können. Die Transläsionspolymerasen können zwar oft auch größere Beschädigungen überbrücken, jedoch setzen sie im Extremfall einfach zufällige Nukleotide gegenüber der Läsion ein. Dies ermöglicht zwar die Fortsetzung der Replikation, kann aber potentiell zu neuen Mutationen führen.[1]
Template Switching
Enthält der Leitstrang eine blockierende Läsion, dann kann der neu-synthetisierte Tochterstrang kurzzeitig die Vorlage wechseln und den fehlenden Bereich vom komplementären Folgestrang ablesen (Template Switching). Diese Reaktion wird durch Helikasen oder Translokasen vermittelt und kann durch Ausbildung eines D-Loops (ähnlich wie in der homologen Rekombination) oder durch Fork-Regression erfolgen. Dieser Mechanismus kann prinzipiell fehlerfrei ablaufen, aber auch zytotoxische DNA-Strukturen produzieren.[2]
Re-Initiierung
An einigen Beschädigungen besteht auch die Möglichkeit, dass die DNA-Synthese diese Bereiche einfach überspringt und einige Basenpaare später wieder initiiert wird. Die fehlenden Bereich werden durch Mechanismen der homologen Rekombination ergänzt.
Apoptose versus fehlerhafte Reparatur
Für einen mehrzelligen Organismus mit limitierter Gewebeerneuerung wie den Menschen, steht die Antwort auf DNA-Schäden immer im Kontext von Gewebealterung oder Tumorentstehung. Eine zu aktive Apoptose reduziert einerseits den Pool an gewebeerneuernden Zellen und lässt besonders teilungsinaktive Gewebe schnell altern. Andererseits hat jede unreparierte DNA-Beschädigung das Potential, die Zelle entarten zu lassen.
In scheinbar starkem Kontrast zu diesem Sicherheitsmechanismus steht die Beobachtung, dass die Zelle diese fehleranfälligen Mechanismen besitzt, die in einigen Fällen sogar immer zu Mutationen führen. Ihre Aktivierung schützt die Zelle aber vor größeren Schäden, wie freien DNA-Enden, die durch DNA-Doppelstrangbrüche entstanden sind.
Klinische Bedeutung
Sowohl die Upregulation als auch die Downregulation von Enzymen der DNA Damage Tolerance führen meist zu einer erhöhten Sensitivität der Zelle gegenüber DNA-schädigenden Noxen. Ein defektes Protein der DDT kann größere Beschädigungen nicht mehr umgehen, wodurch gehäuft Doppelstrangbrüche auftreten. Durch die meist inhärente Fehleranfälligkeit führt eine starke Aktivierung aber zu einer kontinuierlichen Integration von fehlgepaarten oder Nukleotiden in das Genom. Aus diesen können wiederum Tumorzellen entstehen.[2]
Quellen
- ↑ Wang, X. in Encyclopedia of Cancer (ed Manfred Schwab) 1144-1147 (Springer Berlin Heidelberg, 2011).
- ↑ 2,0 2,1 Bi X. Mechanism of DNA damage tolerance. World Journal of Biological Chemistry. 2015;6(3):48-56. doi:10.4331/wjbc.v6.i3.48.
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