Chromatographie
Synonym: Chromatografie
Englisch: chromatography
Definition
Die Chromatographie ist ein Verfahren zur Auftrennung von Stoffgemischen, das in der Chemie und in der klinischen Chemie eingesetzt wird.
Hintergrund
Grundlage der Chromatographie sind Wechselwirkungen zwischen einer stationären Phase und den Komponenten einer mobilen Phase. Die nicht bewegliche, stationäre Phase kann fest oder flüssig sein. Die bewegliche, mobile Phase ist entweder flüssig (Flüssigkeitschromatographie) oder gasförmig (Gaschromatographie).
Prinzip
Das Stoffgemisch, das analysiert werden soll (Analyt), ist anfangs meist in der mobilen Phase gelöst.
Die mobile Phase mit dem gelösten Stoffgemisch bewegt sich über oder durch die stationäre Phase. Zwischen den Bestandteilen des Stoffgemisches und der stationären Phase bilden sich dabei Wechselwirkungen aus. Dies können z.B. Ion-Dipol, Ion-Ion, aromatische π-π-, hydrophobe Wechselwirkungen sowie Wasserstoffbrückenbindungen sein. Die Wechselwirkungen der verschiedenen Bestandteile des Analyten mit der stationären Phase unterscheiden sich je nach Stoffeigenschaften. Übersteigt die Wechselwirkung eines Stoffes mit der stationären Phase die Wechselwirkung mit der mobilen Phase, „haftet“ dieser Stoff an der stationären Phase. Die unterschiedlichen Stoffe verlassen die mobile Phase also zu unterschiedlichen Zeitpunkten bzw. an unterschiedlichen Orten. Das entstandene Muster (Chromatogramm) kann in der Folge ausgewertet werden.
Das Stoffgemisch kann zu Beginn bereits in der mobilen Phase gelöst sein, es kann aber auch auf der stationären Phase aufgetragen sein.[1] In diesem Fall fungiert die mobile Phase als Lösungsmittel und eluiert das Stoffgemisch aus der stationären Phase. Es wird dann wie oben beschrieben mit der mobilen Phase transportiert und bindet je nach Stoffeigenschaften in aufgetrenntem Zustand erneut an der stationären Phase.
Mithilfe der Chromatographie ist auch eine quantitative Auswertung möglich. Hierbei trennt die Chromatographie das Stoffgemisch auf, die eigentliche Quantifizierung erfolgt jedoch über eine Detektionsmethode (z.B. eine UV-Spektroskopie). Die Bestimmung einer Substanz kann z. B. unter Verwendung eines internen oder externen (Einpunktkalibrierung) Standards durchgeführt werden.
Stationäre Phase
Voraussetzungen für die stationäre Phase sind:
- Unlöslichkeit in der mobilen Phase
- homogene Korngrößen, definierte Porenweite, möglichst kleiner Durchmesser
- sphärische Form der Partikel
Die Auswahl des Materials ist abhängig von den Eigenschaften des Analyten und der verwendeten Chromatographiemethode. Am häufigsten werden Silikate (Kieselgel) eingesetzt, aber auch Aluminiumoxid und Cellulosederivate.
Kieselgel kann zudem durch Derivatisierung der Hydroxylfunktionen modifiziert werden. Die Derivatisierung erfolgt häufig mit großen, lipophilen Resten (z.B. Octyl- oder Phenylgruppen). Hierdurch ist die Oberfläche der stationären Phase nicht mehr hydrophil, sondern lipophil. Dies wird als Umkehrphasenchromatographie oder Reversed-Phase-Chromatographie (RP-Chromatographie) bezeichnet.
Mobile Phase
Die mobile Phase verfügt über eine gewisse Elutionsstärke, also die Fähigkeit, einen adsorbierten Stoff wieder von der stationären Phase abzulösen (zu eluieren). Diese ist v.a. von der Polarität der verwendeten Substanzen abhängig.
In der eluotropen Reihe werden Lösungsmittel nach ihrer Polarität und somit Elutionsstärke gelistet. Bei der Normalphasenchromatographie, bei der die stationäre Phase polar ist, hat die mobile Phase die höchste Elutionsstärke, wenn sie selbst polar ist. Grund hierfür ist, dass die Lösungsmittelmoleküle selbst die Bindestellen der stationären Phase belegen und die Analytmoleküle nicht mehr daran binden können. Bei der RP-Chromatographie haben unpolare mobile Phasen die höchste Elutionsstärke.
Einteilung chromatographischer Verfahren
…nach der Technik
Planare Chromatographie
Die Trennung erfolgt auf einer Fläche (z.B. Papierchromatographie, Dünnschichtchromatographie). Es entsteht ein inneres Chromatogramm, bei dem der Chromatographieträger selbst das Chromatogramm ist. Der Analyt befindet sich auf der Auftrennfläche.
Säulenchromatographie
Bei der Säulenchromatographie erfolgt die Trennung in einer Säule, in der die stationäre Phase dicht gepackt vorliegt (z.B. Flüssig- und Gaschromatographie). Es entsteht ein äußeres Chromatogramm: Der Analyt wird aus der Säule eluiert und detektiert (z.B. mit UV-Spektroskopie). Die gemessene Größe (z.B. Lichtabsorption) wird in ein Diagramm aufgetragen.
…nach dem Charakter der Phasen
Die Einteilung erfolgt nach dem Aggregatzustand der mobilen bzw. stationären Phase:
stationäre Phase | |||
---|---|---|---|
fest | flüssig | ||
mobile
Phase |
flüssig | Flüssig-fest-Chromatographie (LSC) | Flüssig-flüssig-Chromatographie (LLC) |
gasförmig | Gas-fest-Chromatographie (GSC) | Gas-flüssig-Chromatographie (GLC) |
…nach dem Trennmechanismus
Adsorptionschromatographie
Die Adsorptionschromatographie ist die häufigste Methode. Der Analyt wird an die stationäre Phase adsorbiert und von der mobilen Phase eluiert. Mathematisch wird dies durch die Langmuir-Beziehung beschrieben:
- m: Menge des adsorbierten Stoffs (Adsorptiv)
- M: Menge des Adsorbens
- c: Konzentration des Adsorptivs in Lösung
- a, b: stoff-, lösemittel- und temperaturabhängige Konstanten
Verteilungschromatographie
Das Prinzip der Verteilungschromatographie ist vor allem bei der LLC anzutreffen. Die Trennung erfolgt aufgrund der ungleichen Verteilung einer Substanz zwischen zwei Flüssigkeiten bzw. Stoffen. Mathematisch wird dies durch das Nernst'sche Verteilungsgesetz beschrieben:
- K: Nernst'scher Verteilungskoeffizient
- c1 bzw. c2: Konzentration von Substanz 1 bzw. 2 in der Phase
Es findet hierbei eine multiplikative Verteilung statt: Wird aus der Probe gemäß dem Nernst'schen Koeffizienten der Analyt entfernt, wird die übrig gebliebene Lösung ebenso gemäß dem Nernst'schen Koeffizienten verteilt usw.
Ionenaustauschchromatographie
Ionische Verbindungen werden unterschiedlich stark an einen Anionen- oder Kationenaustauscher gebunden, was die Grundlage der Ionenaustauschchromatographie ist. Durch Veränderung des pH-Werts oder der Ionenstärke in der mobilen Phase kann der Analyt wieder eluiert werden. Je nach Ladung der stationären Phase unterscheidet man Kationen- und Anionenaustauscher. Es gibt starke und schwache Ionenaustauscher: Starke Ionenaustauscher sind permanent geladen, während es bei schwachen Ionenaustauschern vom pH-Wert abhängt, ob sie geladen sind oder nicht. In der Tabelle sind die funktionellen Gruppen gelistet, die eingesetzt werden:
schwach | stark | |
---|---|---|
Anionenaustauscher | Aminogruppe (-NH2) | Ammoniumgruppe (-NR3+) |
Kationenaustauscher | Carbonsäuregruppe (-COOH) | Sulfonsäuregruppe (-SO3-) |
Größenausschlusschromatographie
Bei der Größenausschlusschromatographie ist die stationäre Phase hoch porös. In diesen Einkerbungen der Säulenpartikel lagern sich kleine Analytmoleküle ab, während größere Analytmoleküle zu groß sind, um sich in diese einzulagern. Deshalb eluieren große Moleküle vor den kleineren. Der kritische Parameter dieser Chromatographiemethode ist die Partikelgröße.
Affinitätschromatographie
Bei der Affinitätschromatographie erfolgt die Trennung mittels biochemischer Interaktionen. An der stationären Phase befindet sich ein Ligand für das aufzutrennende Protein (oder andersherum). Das aufzureinigende Protein bindet an die stationäre Phase und kann nach einem Waschschritt eluiert werden. Der zu wählende Ligand und die Elutionsmethode hängen stark vom Protein ab. Beispiel ist das Nickel/Hexahistidin-System. Auch Antikörper werden häufig genutzt.
Weitere chromatographische Verfahren
Wenn unterschiedliche Drücke zur Anwendung kommen, unterscheidet man:
Chromatographische Kenngrößen
Es gibt diverse Kenngrößen, mit denen die Güte einer chromatographischen Aufreinigung beschrieben werden kann:
- RF-Wert: Der RF-Wert gibt bei einer planaren Chromatographie das Verhältnis zwischen Laufstrecke des Fließmittels und der des Analyten wieder. In der Praxis sollte er sich zwischen 0,2 und 0,8 befinden, da in diesem Bereich eine optimale Auftrennung erfolgt.
- Beim RST-Wert wird das Verhältnis der Laufstrecke einer Substanz mit einer Vergleichs- oder Standardsubstanz betrachtet. Auf diese Weise können Substanzen identifiziert werden.
- Retentionszeit: Die Retentionszeit ist die Zeit, die ein Stoff benötigt, um eine Säule zu durchqueren. Sie setzt sich aus Totzeit und Nettoretentionszeit zusammen, wobei Totzeit die Zeit beschreibt, welche die mobile Phase benötigt, um die Säule zu durchqueren. Gegen Ende der Totzeit tritt oft ein großer Peak mit Substanzen auf, die nicht mit der stationären Phase wechselwirken ("Totvolumenpeak").
Je länger eine Säule ist, umso länger ist die Retentionszeit und umso besser kann ein Substanzgemisch aufgetrennt werden. Da die Analytmoleküle mehr Zeit haben zu diffundieren, werden jedoch auch die Peaks breiter. Diese Peakverbreiterungen sind unerwünscht, weil sie die Auflösung reduzieren können. Grund für Peakverbreiterungen sind drei Effekte: (1) Mehrwegeffekt (bzw. Eddy-Diffusion), der bei einer nicht homogenen stationären Phase auftritt, bei der die Analytmoleküle die Partikel der Phase umströmen müssen, (2) Längsdiffusion, bei der die Analytmoleküle entgegen der Fließrichtung der mobilen Phase diffundieren und (3) Massenübergang, der die Zeit für den Übergang der Analytmoleküle von der mobilen in die stationäre Phase beschreibt. - Bodenzahl (Trennstufenzahl): Ein Boden bzw. eine Trennstufe ist der (virtuelle) Teil einer Säule, in dem eine abgeschlossene Wechselwirkung zwischen Analyt und stationärer Phase stattfindet. Je kleiner der Boden ist, umso besser:mit:
- N: Bodenzahl
- tR: Gesamtretentionszeit
- wH: Peakbreite in halber Höhe
- Die Bodenhöhe H berechnet sich als Quotient aus Säulenlänge und Bodenzahl.
- Eine wichtige Formel in der Chromatographie ist die Van-Deemter-Gleichung. Mit dieser lässt sich die Trennstufenhöhe aus der Fließgeschwindigkeit und den verschiedenen Diffusionsarten (s.o.) berechnen. Aus der Formel wird ersichtlich, dass sich die Längsdiffusion verringern lässt, wenn man die Fließgeschwindigkeit erhöht, der Massentransfer aber ansteigt. Aufgrund dieser gegensätzlichen Trends gibt es eine Fließgeschwindigkeit mit einer minimalen Bodenhöhe, die auch einer optimalen Auftrennung entspricht.
- mit:
- H: Bodenhöhe
- u: Fließgeschwindigkeit
- A: Eddy-Diffusion
- B: Längsdiffusion
- C: Massentransfer
- Selektivität: Die Selektivität α beschreibt die Qualität der Trennung zweier Substanzen (A und B) anhand der Retentionszeiten. Verschiedene Trennsysteme haben unterschiedliche Selektivitäten für dieselben Analyten. Je größer die Selektivität, umso besser die Trennung. Sie berechnet sich als Quotient der Retentionszeiten zwei verschiedener Substanzen.
- Auflösung: Die Auflösung RS beschreibt die Qualität der Trennung zweier Substanzen (A und B) anhand der Selektivität und der Trenneffizienz WH (Peakbreite auf halber Höhe). Die Auflösung ist ein Maß dafür, wie gut zwei einzelne Peaks voneinander getrennt dargestellt werden können, ohne miteinander zu überlappen.
Die wichtigsten Parameter werden in der Fundamentalgleichung der Chromatographie zusammengefasst. Die Aussage ist, dass die Auflösung proportional zur Trennstufenzahl, Selektivität und Retentionsfaktor ist:
- mit:
- RS: Auflösung
- k: Retentionsfaktor = Nettoretenionszeit/Totzeit
- N:Trennstufenzahl
- α: Selektivität
Quellen
- ↑ www.seilnacht.com – Chromatographie, abgerufen am 19.10.2023
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