Bandscheibendegeneration
Synonyme: Diskose, Chondrosis intervertebralis
Englisch: intervertebral disc degeneration, IDD
Definition
Als Bandscheibendegeneration oder Diskose, kurz IDD, bezeichnet man morphologische Veränderungen der Bandscheiben, die auf degenerative Prozesse zurückzuführen sind. Sie gehen häufig mit Veränderungen der angrenzenden Wirbelkörper (Osteochondrosis intervertebralis und Spondylose) einher.
Pathogenese
Die Pathogenese der Bandscheibendegeneration ist komplex und nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass die IDD durch ein Missverhältnis zwischen anabolen und katabolen Prozessen getrieben wird, das zu einer verminderten Qualität der extrazellulären Matrix der Bandscheibe führt. Dabei kommt es zu Strukturveränderungen des Kollagengerüsts sowie zu einem Shift in der Zusammensetzung der Proteoglykane und Glykosaminoglykane.[1] In der Folge vermindert sich der Wassergehalt des Gewebes, was eine reduzierte mechanische Resilienz erzeugt.
Risikofaktoren
Zu den Risikofaktoren einer IDD zählen:
- Genetische Faktoren: Genetische Einflüsse haben einen starken Einfluss auf die Bandscheibendegeneration. Als mögliche Ursachen wurden u.a. Mutation in den Genen der Kollagen-Typen COL1A1, COL9A2 und COL11A1 sowie der Matrix-Metalloproteasen MMP2, MMP3 und MMP9 identifiziert.[1]
- Mechanischer Stress
- Traumata
- Rauchen
Formen
Zu den degenerativen Veränderungen der Bandscheiben zählen:
- Höhenminderung des Bandscheibenfachs im Rahmen der Osteochondrose
- Bandscheibenprotrusion: breitbasige oder umschriebene Vorwölbung von Bandscheibenmaterial bei intaktem Anulus fibrosus
- Einriss des Anulus fibrosus
- Bandscheibenvorfall: Vorwölbung des Nucleus pulposus durch einen Defekt im Anulus fibrosus. Einteilung in median, mediolateral, intraforaminal oder lateral/extraforaminal. Weiterhin Einteilung in subligamentär (unter dem Ligamentum longitudinale posterius) und extraligamentär (hinteres Längsband durchbrochen, aber noch Kontakt zur Bandscheibe).
- Diskussequester: Verlagerung freier Bandscheibenanteile, z.B. in den Spinalkanal. Das prolabierte Material weist keinen Kontakt zur ursprünglichen Bandscheibe auf.
- Massenprolaps: subtotale Verlegung des Spinalkanals mit Kompression des Rückenmarks oder der Kaudafasern
Terminologie
Die oben beschriebene deutsche Terminologie unterscheidet sich von der US-amerikanischen:
- Breitbasige Bandscheibenvorwölbung ("disc bulge"): geringe Vorwölbung (meist < 3 mm), aber > 50 % des Umfangs der Bandscheibe. Einteilung in zirkulär/symmetrisch und lateralisiert/asymmetrisch.
- Herniation/Prolaps/Vorfall ("disc herniation"): Vorwölbung, die < 50 % des Umfangs der Bandscheibe betrifft. Fokal (< 25 % des Umfangs) und breitbasig (25 bis 50 %).
- Protrusion ("protruded disc herniation"): Prolaps, bei dem der vorgewölbte Anteil eine breite Basis besitzt. Entsprechend kann der vertikale Durchmesser der Protrusion im sagittalen Bild die Höhe des Bandscheibenfachs nicht übersteigen.
- Extrusion ("extruded disc herniation"): Prolaps, der am Übergang zur ursprünglichen Bandscheibe eine Taillierung aufweist.
- Sequestration ("sequestration"): prolabierter Bandscheibenanteil ohne Kontakt zur ursprünglichen Bandscheibe
siehe auch: Pfirrmann-Klassifikation
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 Takeshi Oichi et al: Pathomechanism of intervertebral disc degeneration JOR Spine. 2020 Mar; 3(1): e1076. Published online 2020 Feb 13. doi: 10.1002/jsp2.1076 PMCID: PMC7084053 PMID: 32211588