BAP1-Tumorprädispositionssyndrom
Synonym: BAP1-abhängiges Tumorprädispositionssyndrom
Englisch: BAP1 tumor predisposition syndrome
Definition
Das BAP1-Tumorprädipositionssyndrom, kurz BAP1-TPDS, ist eine genetische Erkrankung, die durch heterozygote, pathogene Varianten im BAP1-Gen verursacht wird. Es erhöht das Risiko, mehrere verschiedene Tumorarten zu entwickeln, insbesondere Uveamelanome, mesotheliomartige Tumoren und Melanome der Haut, sowie einige andere Neoplasien.
Ätiopathogenese
BAP1 kodiert ein Deubiquitinase-Enzym, das in Zellkernen an Chromatin und Proteinkomplexen wirkt, um Zellteilung und Reparatur bei DNA-Schäden zu regulieren. Pathogene Varianten führen zu einem Funktionsverlust (Haploinsuffizienz): das vorhandene gesunde Allel reicht allein nicht aus, um die normale Funktion sicherzustellen. Tumore entstehen meist dann, wenn das andere Allel durch somatische Mutation oder Deletion ebenfalls inaktiviert wird.
Die Vererbung erfolgt autosomal dominant. Viele Betroffene haben einen Verwandten mit einer BAP1-Variante. Es sind jedoch auch de-novo-Mutationen beschrieben. Die Penetranz scheint relativ hoch zu sein, allerdings sind nach aktueller Studienlage bisher (2025) noch keine sicheren Aussagen zur Wahrscheinlichkeit eines Tumorereignisses möglich.
Klinik
Personen mit BAP1-TPDS weisen typischerweise ein erhöhtes Risiko für verschiedene Tumorarten auf. Zu den am häufigsten beobachteten gehören:
- Uveamelanom (Augenmelanom), häufig aggressiver als im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung.
- Malignes Mesotheliom (v.a. der Pleura, teilweise auch Peritoneum)
- Hautmelanome
- Nierenzellkarzinome, meist vom klarzelligen Typ
- Basalzellkarzinome
- Meningeome
- cholangiozelluläre Karzinome
Auch gutartige Hautveränderungen, wie BAP1-inaktivierte Melanozytentumoren (BIMT, ehemals atypische Spitz-Tumoren) und verschiedene Nagelveränderungen (z.B. Onychopapillome) sind teilweise mit dem BAP1-TPDS assoziiert. Die Tumore treten im Schnitt in jüngerem Lebensalter auf als vergleichbare sporadische Tumoren.
Diagnose
Die Diagnose wird gesichert durch molekulargenetische Tests, die eine heterozygote pathogene Variante im BAP1-Gen nachweisen. Zusätzlich wird geprüft, ob ein typisches Tumorspektrum vorliegt oder mehrere betroffene Familienmitglieder existieren. Bei unauffälligem Familienhintergrund und Einzelmanifestation ist der Nachweis der genetischen Veränderung entscheidend.
Zu den unterstützenden Untersuchungen gehören dermatologische Kontrollen (u.a. vollständige körperliche Untersuchung der Haut), ophthalmologische Untersuchungen beim Verdacht auf Uveamelanom, bildgebende Untersuchungen zur Nierendiagnostik und Mesotheliomüberwachung und ggf. andere organbezogene Kontrollen.
Therapie
Ein standardisiertes Therapieverfahren existiert bisher (2025) nicht. Das Management ist symptomorientiert und präventiv:
- Tumore werden nach bestehenden onkologischen Leitlinien behandelt. Uveamelome bei BAP1-Mutation werden in der Regel als aggressivere Formen gewertet.
- Hautläsionen wie BIMT: Exzision bei Veränderung oder atypischem Verhalten.
- Mesotheliome, cholangiozelluläre Karzinome u.a. werden entsprechend dem tumorspezifischen Therapieschema behandelt
Wesentlich ist die Überwachung (Surveillance) auf Frühzeichen der typischen Tumore. Dazu gehören regelmäßige dermatologische Untersuchungen, ophthalmologische Untersuchungen (insbesondere bei Kindern/Jugendlichen), Bildgebung der Nieren und ggf. von Abdomen und/oder Thorax.
Zudem sollte eine Beratung zu vermeidbaren Risikofaktoren erfolgen, z.B. hinsichtlich Sonnenexposition (für Hautmelanome), Vermeidung von Asbest (Mesotheliomrisiko) und Rauchverzicht.
Prognose
Die Prognose variiert stark, je nachdem, welche Tumoren auftreten, in welchem Stadium sie entdeckt werden und wie früh eine Behandlung beginnt. Generell treten BAP1-assoziierte Tumoren vergleichsweise früh auf und verlaufen zum Teil aggressiver.
Literatur
- Orphanet: BAP1-related tumor predisposition syndrome. Zuletzt abgerufen am 23.09.2025
- Pilarski et al.: BAP1 Tumor Predisposition Syndrome. GeneReviews, 2016
- Altmeyers Enzyklopädie: Bap1-Tumor-Prädispositions-Syndrom, 2024.