Appetitzügler
Synonyme: Anorektikum, Appetithemmer
Englisch: anorectic, anorexic, appetite suppressant
Definition
Appetitzügler ist eine Trivialbezeichnung für Arzneistoffe, die zur Unterdrückung des Hungergefühls und damit zur Unterstützung der Gewichtsreduktion eingesetzt werden.[1] In der Pharmakologie werden sie als Anorektika bezeichnet.
ATC-Code
- A08AA - zentral wirksame Antiadiposita
Wirkmechanismen
Bei den als Appetitzügler eingesetzten Pharmaka handelt es sich überwiegend um zentral wirksame indirekte Sympathomimetika. Ihre Wirkung kommt durch die erhöhte Freisetzung und/oder Hemmung der Wiederaufnahme von Noradrenalin an sympathischen Nervenendigungen zustande. Durch die gesteigerte Verfügbarkeit von Noradrenalin wird der Sympathikotonus erhöht. Das rasche Nachlassen der Wirksamkeit wird durch das Missverhältnis von Freisetzung und de-novo-Synthese des Neurotransmitters verursacht (Tachyphylaxie).
Bupropion ist ein selektiver Dopamin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, der in Kombination mit dem Opioidrezeptor-Antagonisten Naltrexon zur Behandlung der Adipositas zugelassen ist.
Auch Antidepressiva, welche die Noradrenalin- und Serotonin-Wiederaufnahme selektiv hemmen, wirken appetithemmend, sind aber zur Therapie der Adipositas nicht zugelassen. Beispiele sind die Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Fluoxetin und Venlafaxin.
Indikationen
Die Verordnung zentral wirksamer indirekter Sympathomimetika ist indiziert:
- ab einem BMI von 30, wenn gewichtsreduzierende Maßnahmen allein nicht ausreichend effektiv sind
- ab einem BMI von 27, wenn mindestens eine gewichtsbezogene Begleiterkrankung (z.B. Diabetes mellitus) vorliegt
Da der therapeutische Nutzen gering ist, aber ein hohes Risiko unerwünschter Wirkungen besteht, sollte die Behandlung auf eine kurze Zeit beschränkt oder auf die Anwendung ganz verzichtet werden.[2] Darüber hinaus besteht bei längerer Einnahmedauer ein hohes Abhängigkeits- und Missbrauchspotential.[3]
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen der zentral wirksamen indirekten Sympathomimetika sind:[2]
Unter der Therapie kann eine therapieresistente pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) auftreten, die im Einzelfall tödlich verläuft.[4] Bei Langzeitanwendung sind auch schwere psychotische Störungen möglich.[2][5]
Quellen
- ↑ Silverstone T. Appetite suppressants. A review. Drugs. 1992 Jun;43(6):820-36
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Aagaard L, Hallgreen CE, Hansen EH. Serious adverse events reported for antiobesity medicines: postmarketing experiences from the EU adverse event reporting system EudraVigilance. Int J Obes (Lond). 2016 Nov;40(11):1742-1747
- ↑ Bray GA. Use and abuse of appetite-suppressant drugs in the treatment of obesity. Ann Intern Med. 1993 Oct 1;119(7 Pt 2):707-13
- ↑ Bazan IS, Fares WH. Review of the Ongoing Story of Appetite Suppressants, Serotonin Pathway, and Pulmonary Vascular Disease. Am J Cardiol. 2016 May 15;117(10):1691-1696
- ↑ Khan SA, Spiegel DA, Jobe PC. Psychotomimetic effects of anorectic drugs. Am Fam Physician. 1987 Aug;36(2):107-12
Literatur
- Geisslinger G et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen: Pharmakologie - Klinische Pharmakologie - Toxikologie. 11. Aufl., Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2020
- Aktories K et al. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 13. Aufl., München: Elsevier 2022
- Joost HG (ed.). Appetite Control. Handbook of Experimental Pharmacology, vol. 209. Berlin; Heidelberg: Springer 2012