Anoplocephalidose (Pferd)
Synonym: Anoplocephala-Infektion beim Pferd
Definition
Als Anoplocephalidose des Pferdes bezeichnet man parasitär bedingte Erkrankungen des Pferdes, die durch Arten der Familie Anoplocephalidae verursacht werden.
Erreger
Die Anoplocephalidose wird durch mehrere, für Einhufer spezifische Arten der Familie Anoplocephalidae verursacht. Alle Vertreter weisen die selben Merkmale auf: der Skolex ist mit vier Saugnämpfen versehen (ohne Rostellum und Haken). Die Proglottiden sind sehr breit und kurz ausgebildet. Charakteristisch für die Gattungen Anoplocephala und Paranoplocephala ist, dass sie eine zwittrige Geschlechtsanlage mit einseitigem Genitalporus besitzen.
Die Eier sind dickschalig und unregelmäßig bis rundlich-viereckig geformt. Sie enthalten die typische Onkosphäre, die von einer besonders geformten Embryophore (birnenförmiger Apparat) umgeben ist.
Folgende Anoplocephala-Arten treten häufig auf:
Vorkommen
Anoplocephala perfoliata, Paranoplocephala mamillana und Anoplocephala magna sind weltweit verbreitet. Anoplocephala pallida hingegen kommt selten vor und ist auf Gebiete im südlichen Afrika beschränkt.
Als häufigste und wichtigste Art gilt Anoplocephala perfoliata, die allein oder in Mischinfektionen mit anderen Anoplocephala-Arten in regional stark schwankenden Prävalenzen vorkommt. In Norddeutschland waren nach Sektionsbefunden von 16 Ponys 75 % mit Anoplocephala perfoliata und 13 % mit Anoplocephala magna und Paranoplocephala mamillana infiziert. In Oberbayern konnten bei 127 untersuchten Pferden bei 32 (25 %) ein Befall mit Anoplocephala perfoliata nachgewiesen werden.
Entwicklung
Der Entwicklungszyklus von Anoplocephala-Arten ist obligat an Moosmilben (Oribatiden) gebunden, die als Zwischenwirte fungieren. Hierbei sind etwa 20 Arten aus 17 Gattungen vertreten.
Eine ganz besondere Rolle scheint Scheloribates laevigatus zu spielen. Diese Milbe nimmt die Eier der Anoplocephaliden aus dem Kot der Pferde oder aus ausgeschiedenen Proglottiden auf. Nachdem die Onkosphäre die Darmwand der Milben penetriert hat, entwickelt sich in ihrer Leibeshöhle in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur innerhalb von 2 bis 4 Monaten das ansteckungsfähige Zystizerkoid. Pferde infizieren sich, indem sie zystizerkoidhaltige Milben mit dem Weidegras aufnehmen. Nach einer Präpatenz von ca. 6 bis 10 Wochen beginnen die Endwirte die Ausscheidung von Proglottiden und/oder Eiern.
Epidemiologie
Träger sowie Ausscheider von Anoplocephaliden sind Pferde und Esel, welche die Infektion zuvor beim Weidegang erworben haben. Da die Lebensdauer von Anoplocephala perfoliata im Pferd auf mindestens ein halbes Jahr geschätzt wird, scheiden jene Tiere, die sich in der vorhergehenden Weideperiode infiziert haben, im folgenden Jahr die Eier von Anoplocephaliden aus.
Da als Ausscheider sowohl Jungtiere als auch ältere Pferde in Betracht kommen, kann die Befallsrate auf einer Weide besonders hoch sein.
Immunität
Im Zuge von Sektionen wurde festgestellt, dass sowohl junge Tiere als auch ältere Pferde mit Anoplocephala befallen sein können. Die Tatsache, dass die Prävalenz mit steigendem Alter der Pferde nicht zurückgeht, zeigt, dass sich im Verlauf wiederholter Infektionen keine ausreichenden protektive Immunität ausbildet.
Klinik
Ein Massenbefall mit Anoplocephala magna kann Diarrhö verursachen. Infektionen mit Anoplocephala perfoliata verlaufen in der Regel asymptomatisch - in seltenen Fällen können sie zu Verdauungsstörungen, Durchfall, Kolik und Abmagerung führen. In einer vergleichenden Studie (103 Kolikpferde und 103 gesunde Kontrolltiere) konnte nachgewiesen werden, dass zwischen dem Befall mit Anoplocehala perfoliata und dem Auftreten einer spastischen Kolik ein signifikanter Zusammenhang besteht. So konnten etwa 22 % der Koliken auf Anoplocephala perfoliata zurückgeführt werden.
Hinzu kommt, dass bei Pferden mit Anoplocephala perfoliata-Befall - das Risiko an einer Ileumanschoppung zu erkranken - etwa 26-mal höher ist als bei nicht infizierten Tieren. Aufgrund der Obturation, Invagination oder gar Perforation des Darmes treten akute Abdominalbeschwerden auf.
Diagnose
Ein direkter Erregernachweis kann durch mikroskopische Kotuntersuchungen gestellt werden (Kombiniertes Sedimentations-Flotationsverfahren). Hier sind die typischen Anoplocephala-Eier deutlich von den Kotbestandteilen abgrenzbar. Gleichzeitig zeigen die mit dem Kot schubweise abgehenden Proglottiden die charakteristische Form auf.
Serologisch kann ebenso ein Antikörpernachweis mit dem ELISA durchgeführt werden.
Therapie
Die Anoplocephalidose kann mit einer einmaligen Gabe von Praziquantel in einer Dosis von 1,0 mg/kgKG p.o. behandelt werden. Praziquantel ist als Monopräparat - aber auch in Kombination mit Ivermectin - für Pferde zugelassen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005