Absenceepilepsie
Synonyme: Absence-Anfall, Petit-mal-Anfall, Absenzen-Epilepsie
Englisch: absence seizure, absence-epilepsy
Definition
Unter der Absenceepilepsie versteht man eine Form der Epilepsie, die durch eine kurzzeitige Bewusstseinsstörung charakterisiert ist.
Epidemiologie
Die Absenceepilepsie stellt die häufigste Form einer idiopathischen generalisierten Epilepsie dar. Sie manifestiert sich typischerweise zwischen dem 5. und dem 8. Lebensjahr und tritt häufiger bei Mädchen als bei Jungen auf.
Ätiopathogenese
Auslöser für die Bewusstseinsausfälle (Absencen) sind Störungen des Wachzustandes, die auf eine verminderte Rindenstimulation durch aktivierende thalamocorticale Bahnen zurückzuführen sind.
Die Ursache sind pathologische Spontanentladungen dämpfender thalamischer Ionenkanäle (Calciumkanäle, GABA-Rezeptoren) in Folge mutationsbedingter Dysfunktion (siehe Kanalopathie).
Klinik
Die Absenceepilepsie imponiert durch eine kurzzeitige Bewusstseinsstörung, die ca. fünf bis zehn Sekunden anhält. Die betroffenen Kinder unterbrechen ihre Aktivität spontan, um diese nach einem Anfall direkt wieder fortzusetzen - häufig wird die Absenceepilepsie vom betroffenen Patienten gar nicht wahrgenommen.
Während der Absence sind die betroffenen Patienten desorientiert, machen einen ratlosen Eindruck und sprechen nicht. Dabei werden auch motorische Phänomene wie Bewegungen von Mund und Zunge, Augenzwinkern und Nestelbewegungen der Finger beobachtet. Diese sind in der Regel jedoch eher diskret. Vegetative Begleiterscheinungen wie Pupillenerweiterungen oder Gesichtsrötung sind möglich.
Die Anfälle können bis zu 100-mal am Tag auftreten. Hyperventilation und emotionale Anspannung sind dabei Triggerfaktoren. Die betroffenen Kinder zeigen jedoch in der Regel eine unauffällige und altersgemäße Entwicklung.
Bei einem wechselnden Teil der Patienten kommen in der Pubertät tonisch-klonische Anfälle hinzu, die sich als Aufwachepilepsie äußern.
Differenzialdiagnose
Bei Absenceepilepsien mit motorischen Phänomenen ist der differentialdiagnostische Ausschluss eines Temporallappenanfalls indiziert. Weiterhin ist an andere Verhaltensauffälligkeiten (z.B. Tic-Störung) und an symptomatische Epilepsien mit komplex-fokalen Anfällen zu denken.
Diagnostik
Als diagnostischer Nachweis gelten anfallscharakteristische 3/s-Spike-Wave-Komplexe im EEG, die bei unauffälligem Befund durch Provokationstests induzierbar sind.
Bei befundlosem EEG und persistierendem Anfallsleiden sollte zur Ursachenabklärung die bildgebende Diagnostik (MRT) herangezogen werden.
Therapie
Eine Absenceepilepsie wird mit Ethosuximid oder Valproinsäure behandelt. Wegen der teratogenen Wirkung soll Valproinsäure nur dann bei Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter angewendet werden, wenn alternative Medikamente abgelehnt werden oder versagen.[1] Medikament zweiter Wahl ist Lamotrigin. Im Rahmen der Therapie wird die Dosis des Medikaments so lange gesteigert, bis der Patient anfallsfrei ist. Wird eine Anfallsfreiheit nicht erreicht, sollte auf ein Medikament der zweiten Wahl umgestiegen werden.
In der Regel wird das Medikament für drei bis fünf Jahre eingenommen, bevor ein Absetzversuch eingeleitet wird.
Quellen
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