APTEM
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Definition
APTEM ist ein viskoelastischer Gerinnungstest der Rotationsthrombelastometrie (ROTEM®), der funktionell der EXTEM-Messung entspricht, jedoch zusätzlich die Fibrinolyse pharmakologisch hemmt. Er dient primär dem Nachweis oder Ausschluss einer Hyperfibrinolyse im Vollblut und kommt insbesondere in der Akut-, Trauma- und perioperativen Medizin zum Einsatz.
Hintergrund
Die Hämostase besteht aus primärer Hämostase, sekundärer Hämostase und Fibrinolyse. Während klassische Laborparameter wie PTZ, aPTT oder Fibrinogenkonzentration lediglich statische Einzelaspekte abbilden, erlauben viskoelastische Verfahren wie ROTEM® oder TEG eine dynamische Gesamtbeurteilung der Gerinnung im Vollblut.
APTEM ist ein modifiziertes EXTEM-Protokoll. Die Gerinnung wird über Tissue Factor aktiviert, zusätzlich enthält das APTEM-Reagenz Aprotinin, einen Inhibitor der Fibrinolyse. Dadurch wird die Auflösung des Gerinnsels pharmakologisch unterdrückt. Der direkte Vergleich von EXTEM und APTEM erlaubt die sichere Identifikation einer klinisch relevanten Hyperfibrinolyse, da sich bei vorliegender Fibrinolyse im APTEM eine Normalisierung der Gerinnselfestigkeit zeigt.
Klinisch ist APTEM insbesondere bei schwerer Blutung relevant, etwa bei Polytrauma, massiver perioperativer Blutung oder geburtshilflichen Hämorrhagien, da eine unbehandelte Hyperfibrinolyse mit erhöhter Mortalität assoziiert ist.
ROTEM® und alle hierzugehörigen Parameter sind geschützte Markennamen der Fa. Pentapharm.
Methodik
- Probenmaterial: frisches Vollblut im Citrat-Röhrchen
- Gerinnungsauslösung: Aktivierung über Tissue Factor, zusätzliche Hemmung der Fibrinolyse durch Aprotinin
- Messparameter:
- CT (Clotting Time): Zeit bis zum Beginn der Gerinnung
- CFT (Clot Formation Time): Zeit bis zur definierten Gerinnselfestigkeit
- Alpha-Winkel: Geschwindigkeit der Gerinnselbildung
- MCF (Maximum Clot Firmness): maximale Gerinnselfestigkeit
- LI30/LI60: Lysis-Index zur Beurteilung der Gerinnselstabilität
Die gemessenen Parameter entsprechen formal denen des EXTEM, unterscheiden sich jedoch funktionell durch die ausgeschaltete Fibrinolyse.
Referenzwerte
| Referenzwerte | Normbereich (Erwachsene) |
|---|---|
| CT | 38–79 s |
| CFT | 34–159 s |
| Alpha-Winkel | 63–83° |
| MCF | 50–72 mm |
| LI30 | 94–100 % |
| LI69 | 92–100 % |
Hinweis: Referenzwerte sind häufig vom Messverfahren abhängig und können von den o.a. Werten abweichen. Ausschlaggebend sind die Referenzwerte, die vom Labor angegeben werden, das die Untersuchung durchführt.
Interpretation
Die Interpretation erfolgt immer im klinischen Kontext und im Vergleich zu EXTEM. Typische Konstellationen sind:
- EXTEM mit raschem Abfall der Amplitude bei normalem APTEM: Hinweis auf Hyperfibrinolyse
- EXTEM und APTEM gleichermaßen pathologisch: Gerinnungsstörung unabhängig von Fibrinolyse, z.B. Fibrinogenmangel oder Thrombozytopenie
- Normalisierung von MCF und LI-Werten im APTEM im Vergleich zu EXTEM: funktioneller Nachweis einer fibrinolytischen Aktivität
APTEM erlaubt keine quantitative Aussage zur Stärke der Fibrinolyse, sondern dient dem qualitativen Nachweis ihrer klinischen Relevanz.
Klinische Bedeutung
APTEM ist ein Bestandteil der viskoelastischen Point-of-Care-Gerinnungsdiagnostik bei schwerer Blutung und dient dem funktionellen Nachweis einer klinisch relevanten Hyperfibrinolyse. In Zusammenschau mit EXTEM ermöglicht der Test eine zeitnahe Beurteilung, ob der Einsatz antifibrinolytischer Substanzen wie Tranexamsäure sinnvoll ist.
In evidenzbasierten Blutungsalgorithmen wird APTEM ergänzend zu EXTEM, FIBTEM und INTEM eingesetzt, um fibrinolytische Blutungsursachen von strukturellen Gerinnungsstörungen abzugrenzen. Ziel ist eine differenzierte Therapieentscheidung im Rahmen eines standardisierten Gerinnungsmanagements.
Der frühzeitige Nachweis einer Hyperfibrinolyse ist insbesondere beim Trauma prognostisch relevant und wird in aktuellen Leitlinien berücksichtigt.
Literatur
- Weber et. al.: Point of Care 2.0: Gerinnungsdiagnostik mit ROTEM® sigma und TEG®, AINS 2018, Thieme-Verlag
- Görlinger, et al. The role of evidence-based algorithms for rotational thromboelastometry-guided bleeding management. Anaesthesia 2019
- Wikkelso A, et al. Thromboelastography (TEG®) or thromboelastometry (ROTEM®) to monitor haemostatic treatment versus usual care in bleeding patients. Cochrane Database Syst Rev. 2016
- Kietaibl et al. Management of severe peri-operative bleeding: Guidelines from the European Society of Anaesthesiology and Intensive Care: Second update 2022. Eur J Anaesthesiol. 2022 (AWMF S3-Leitlinie)