Erythropoese
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von griechisch: erythros - rot; poiesis - Schöpfung
Synonyme: Erythropoiese, Erythrozytogenese, Erythrogenese, Erythroneozytose
Englisch: erythropoiesis, erythrocytopoiesis
1. Definition
Als Erythropoese bezeichnet man die Bildung von reifen Erythrozyten aus hämatopoetischen Stammzellen des blutbildenden Knochenmarks. Die Erythropoese ist ein Teil der Hämatopoese.
2. Ablauf
Die Erythropoese erfolgt nach der allgemeinen Modellvorstellung in sieben morphologisch unterscheidbaren Schritten in Kompartimenten des Knochenmarks und des peripheren Blutes. Bei der Bezeichnung der einzelnen Schritte gibt es in der Literatur teilweise unterschiedliche Angaben.
2.1. Teilungskompartiment des Knochenmarks
- E1: Bildung von Proerythroblasten aus multipotenten myeloischen Stammzellen
- E2: Entstehung von basophilen Eythroblasten aus herangereiften Proerythroblasten durch Teilung
- E3: Differenzierung zu polychromatischen Erythroblasten durch Teilung; Letztes mitotisches Stadium, danach Verlust der Teilungsfähigkeit
2.2. Reifungskompartiment des Knochenmarks
- E4: Reifung zu polychromatischen Normoblasten ohne weitere Teilung
- E5: Weitere Entwicklung zu orthochromatischen Normoblasten
- E6: Verlust der Zellkerne, Entstehung von Retikulozyten
2.3. Peripheres Blut
- E7: Endgültige Reifung zum kern- und organellenlosen Erythrozyten
Im Verlauf der Erythropoese entstehen aus jedem Proerythroblasten damit vier reife Erythrozyten. Durch sogenannte differentielle Zellteilungen reift jeweils nur ein Teil der Stammzellen zu Blutzellen heran, während andere Zellen undifferenziert als multipotente Stammzellen im Knochenmark verbleiben.
Mit zunehmender Differenzierungsstufe nimmt der Gehalt an Hämoglobin in den Zellen zu, bis er in den Erythrozyten eine Konzentration von etwa 20 mM erreicht. Im Gegenzug stoßen die roten Blutzellen im Verlauf ihrer Entwicklung die Organellen und schließlich auch den Nucleus aus, so dass sie die Fähigkeit zur Mitose, zur Proteinbiosynthese und zur aeroben Glykolyse verlieren.
3. Regulation
3.1. Physiologie
Die Zahl der Erythrozyten wird vom Organismus dem Sauerstoffbedarf angepasst. Daher läuft bei Anämien die Erythropoese gesteigert ab. Auch Anpassungen an große Höhen und Schwangerschaften gehen mit einer gesteigerten Erythropoese einher.
3.2. Molekularbiologie
Die Regulation der Erythropoese erfolgt vor allem durch das hormonell aktive Glykoprotein Erythropoetin. Dieses wird bei Sauerstoffmangel vermehrt von juxtaglomerulär gelegenen endokrinen Zellen der Niere in Form eines Precursormoleküls synthetisiert und freigesetzt; im Blut wird es von seinem Trägermolekül Erythrogenin abgespalten und kann über die Blutbahn ins Knochenmark gelangen, wo es an Erythropoetinrezeptoren der myeloischen Stammzellen bindet und damit eine vermehrte Teilungs- und Differenzierungsrate dieser Zellen auslöst.
4. Pathologie
Verschiedene Erkankungen beeinflussen die Erythropoese. Sie läuft bei Schädigungen des Erythropoetinsynthetisierenden Apparats der Niere sowie bei Beeinträchtigung der Teilungsfähigkeit der myeloischen Stammzellen in geringerem Maße ab; chronische Infektionen und rheumatische Erkrankungen beeinflussen ebenfalls die Bildung roter Blutzellen.
Dagegen führen Tumorerkrankungen mit gesteigerter Erythropoetinsynthese oder gesteigerter Teilungsfähigkeit der Blutvorläuferzellen zu teilweise massiv verstärkter Erythropoese. Ein renaler Sauerstoffmangel durch Zystennieren oder Nierenarterienstenosen beeinflussen den Erythropoetin-Spiegel und regulieren damit die Blutbildung hoch.