Vorderfußwurzelgelenk (Veterinärmedizin)
Synonyme: Karpalgelenk, Articulatio carpi
Englisch: radioulnar joint
Definition
Als Vorderfußwurzelgelenk bezeichnet man in der Veterinärmedizin die zusammengesetzten Gelenke zwischen Unterarm und Handknochen.
Anatomie
Das Vorderfußwurzelgelenk besteht aus unterschiedlichen gelenkigen Verbindungen und ist daher ein zusammengesetztes Gelenk (Articulatio composita). In seiner Gesamtheit ist das Gelenk zweiachsig und wird als unvollkommenes Walzen- bzw. Wechselgelenk bezeichnet.
Gelenke
Die beteiligten Knochen sind der Radius, die Ulna, die proximale sowie distale Knochenreihe der Ossa carpi und die Ossa metacarpalia. Das Vorderfußwurzelgelenk unterteilt man in folgende drei Gelenke:
Articulatio antebrachiocarpea
Dieses Gelenk ist die Verbindung der distalen Enden von Radius und Ulna mit der proximalen Karpalknochenreihe, wobei es sich in eine Articulatio radiocarpea und Articulatio ulnocarpea gliedert. Zusammen bilden sie bei Fleischfressern eine Articulatio ellipsoidea, die zweiachsig ist. Aufgrund der Gestalt der Gelenkflächen bei Ungulaten spricht man hier von einem Scharniergelenk, bei Wiederkäuern wegen schräger Führungskämme von einem Schraubengelenk. Folgende Gelenksflächen stehen in Kontakt:
- Radius: Trochlea radii, Facies articularis carpea
- Ulna: Facies articularis carpea
- Ossa carpi:
- Os carpi ulnare
- Os carpi intermedium
- Os carpi radiale
- Os carpi intermedioradiale (Fleischfresser)
- Os carpi accessorium
Articulatio mediocarpea
In der mittleren Abteilung des Vorderfußwurzelgelenks artikulieren die proximalen mit den distalen Karpalknochen. Sie ist als Articulatio condylaris ausgebildet und lässt in der Regel nur eine geringe Beuge- und Streckbewegung zu. Die Gelenkflächen werden gebildet von:
- Ossa carpi:
- Os carpi ulnare
- Os carpi intermedium
- Os carpi radiale
- Os carpi intermedioradiale (Fleischfresser)
- Ossa carpalia:
- Os carpale I
- Os carpale II
- Os carpale III
- Os carpale IV
Articulatio carpometacarpea
Das Vorderfußwurzel-Mittelfußgelenk verbindet die distale Reihe der Karpalknochen mit den Metakarpalknochen. Es ist ein straffes Gelenk mit nahezu ebenen Gelenkflächen. Die Gelenkkapsel ist eng ausgebildet und lässt dementsprechend wenig Bewegungsspielraum zu. Die beteiligten Knochen sind:
- Ossa carpalia:
- Os carpale I-IV (Wiederkäuer)
- Os carpale II-IV
- Ossa metacarpalia:
Mechanik
Der Standwinkel in diesem Gelenk beträgt 180°, wobei die Beugung beim Pferd aktiv 140° (Articulatio antebrachiocarpea 95°, Articulatio mediocarpea 45°) beträgt, passiv hingegen auf fast 0° möglich ist. Fleischfresser können in diesen Gelenken auch eine Hyperextension ausführen. Durch geringe Verschiebung der Handwurzelknochen ist auch eine geringe Pronation bzw. Supination möglich. Die Adduktions- bzw. Abduktionsbewegungen erfolgen in einer horizontalen Achse.
Bandapparat
Man kann die Bänder des Vorderfußwurzelgelenks aufgrund ihrer Ursprünge und Ansätze in fünf Gruppen einordnen:
- Seitenbänder:
- Unterarm-Fußwurzelbänder
- Vorderfußwurzelbänder:
- Bänder des Os carpi accessorium:
- Vorderfußwurzel-Mittelfußwurzelbänder
Eine detaillierte Beschreibung der Einzelbänder ist in der Regel nicht von großer praktischer Relevanz.
Gelenkzusatz
Die Synovialeinrichtungen können ebenfalls in Gruppen eingeteilt werden:
- dorsal, zum Teil unterhalb des Retinaculum extensorum:
- Vagina tendinis musculi abductoris digiti longi (Pferd, Rind)
- Vagina tendinis musculi extensoris digitorum communis
- Vagina tendinis musculi extensoris digitorum lateralis (bei 50% der Fleischfresser, sonst konstant)
- Vagina tendinis musculi extensoris carpi ulnaris (Pferd)
- Bursa subtendinea musculi extensoris carpi ulnaris (Wiederkäuer, beim Hund selten)
- Bursa subtendinea musculi extensoris carpi radialis (fehlt Hund)
- Bursa subcutanea praecarpalis (Wiederkäuer, manchmal auch Pferd)
- palmar:
- außerhalb des Retinaculum flexorum:
- Bursa musculi flexoris digitorum superficialis (Wiederkäuer)
Klinik
Eine Punktion der proximalen Abteilung der Articulatio antebrachiocarpea ist in Beugestellung von dorsal möglich. Man kann den Gelenksspalt zwischen der Sehne des Musculus extensor carpi radialis und Musculus extensor digitalis communis ertasten, in den die Kanüle horizontal vorgeschoben werden sollte. Möchte man das Pferd punktieren, so weist dies in der proximalen Gelenkabteilung lateropalmar eine Ausbuchtung auf, die proximal des Os carpi accessorium zwischen den Sehnen des Musculus extensor digitalis lateralis und Musculus extensor carpi ulanaris punktiert werden kann.
Punktiert man die Articulatio mediocarpea, so werden beide Gelenkabteilungen erreicht. Die Einstichstelle liegt im Gelenkspalt zwischen den Sehnen des Musculus extensor carpi radialis und Musculus extensor digitorum communis, die im gebeugten Gelenk ertastet werden kann.
Literatur
- Salomon, Franz-Viktor, Hans Geyer, and Uwe Gille, eds. Anatomie für die Tiermedizin. Enke, 2015