Sakkadische Intrusion
Englisch: saccadic intrusion
Definition
Als sakkadische Intrusionen bezeichnet man Augenbewegungsstörungen, die durch unwillkürliche, konjugierte, ruckartige Bewegungen der Augen (Sakkaden) gekennzeichnet sind, welche die Blickfixation unterbrechen. Zwischen zwei Sakkaden kommen die Augen zum Stillstand.
Abgrenzung
Findet sich zwischen den Sakkaden kein intersakkadisches Intervall mit stillstehenden Augen, spricht man von sakkadischen Oszillationen. Sakkadische Intrusionen und Oszillationen werden als sakkadische Augenbewegungsstörungen zusammengefasst.
Vertreter
Zu den sakkadischen Intrusionen zählen:[1][2][3][4]
Vertreter | Sakkadenausmaß | intersakkadisches Intervall | Augenbewegung |
---|---|---|---|
Gegenrucke ("square wave jerks") | 0,5 bis 5° | 200 bis 400 ms | kurze, geringgradige Blickabwendung vom Fixationsziel, anschließend Rückstellsakkade |
Kippdeviationen ("square wave pulses", "makro square wave jerks") | 5 bis 15° | 70 bis 150 ms | kurze, höhergradige Blickabwendung vom Fixationsziel, anschließend Rückstellsakkade |
Makrosakkadische Oszillationen | bis ca. 10° | 200 ms | an- und abschwellende Oszillation um ein Blickziel herum |
Gegenrucke sind die häufigste Intrusionsform.[1]
Teilweise werden in der Literatur auch die sakkadischen Oszillationen (Opsoklonus, Ocular Flutter) als Untergruppe der sakkadischen Intrusionen geführt.
Ätiologie
Die Ätiologie variiert in Abhängigkeit von der Form der Intrusion.
Einzelne, kleine Gegenrucke kommen sehr häufig bei Gesunden vor, insbesondere bei älteren Personen, aber auch bei Kindern und Adoleszenten.[5][6][7] Ein gehäuftes Auftreten ist jedoch auch in Assoziation mit neurologischen Erkrankungen beschrieben. Zu diesen zählen insbesondere Parkinson-Syndrome (v.a. die PSP), beispielsweise aber auch die Chorea Huntington, spinozerebelläre Ataxien, die ALS oder die Friedreich-Ataxie.[1][2][8][9]
Im Gegensatz hierzu werden Kippdeviationen nicht bei Gesunden beobachtet. Ein Auftreten wurde ebenfalls bei atypischen Parkinsonsyndromen (PSP, MSA) sowie bei der Multiplen Sklerose beschrieben.[1] Auch makrosakkadische Oszillationen sind pathologisch und finden sich z.B. bei Läsionen der zerebellären Kerngebiete und ihrer Projektionen.[2]
Klinik
Die klinische Relevanz sakkadischer Intrusionen hängt von der jeweiligen Unterform ab. Während Gegenrucke in der Regel keine Beschwerden verursachen, kann es bei Kippdeviationen und makrosakkadischen Oszillationen zu Sehstörungen kommen, die als Oszillopsien bezeichnet werden.
Weblinks
- Befund von Gegenrucken und Kippdeviationen (Video): Gold, Examples of Patients with Saccadic Intrusions, Neuroophthalmology Virtual Education Library, University of Utah, 2017.
- Befund von Makrosakkadischen Oszillationen (Video): Miller, Macrosaccadic Oscillations in a Patient With a Cerebellar Mass, Neuroophthalmology Virtual Education Library, University of Utah, 2024.
Leitlinie
- S1-Leitlinie Augenmotilitätsstörungen inklusive Nystagmus im AWMF-Register. Deutsche Gesellschaft für Neurologie, 2021.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Lemos, Eggenberger, Saccadic intrusions - review and update. Current Opinion in Neurology, 2013.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Strupp, Straumann, Helmchen, Nystagmus und sakkadische Intrusionen. Die Neurologie & Psychiatrie, 2023.
- ↑ Thömke, Augenbewegungsstörungen. In: Urban (Hrsg.), Klinisch-neurologische Untersuchungstechniken. 3., überarbeitete Auflage. Thieme Verlag Stuttgart, 2022.
- ↑ Deutsche Gesellschaft für Neurologie, S1-Leitlinie Augenmotilitätsstörungen inklusive Nystagmus im AWMF-Register, 2021.
- ↑ Herishanu, Sharpe, Normal square wave jerks. Investigative Ophthalmology & Visual Science, 1981.
- ↑ Shallo-Hoffmann, How normal are "normal" square wave jerks? Investigative Ophthalmology & Visual Science, 1989.
- ↑ Salman et al., Square Wave Jerks in Children and Adolescents. Pediatric Neurology, 2008.
- ↑ Donaghy et al., Ocular fixation instabilities in motor neurone disease - A marker of frontal lobe dysfunction? Journal of Neurology, 2009.
- ↑ Otero-Millan, Distinctive Features of Saccadic Intrusions and Microsaccades in Progressive Supranuclear Palsy. The Journal of Neuroscience, 2011.
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