Quieszenz
Definition
Die Quieszenz ist eine spezielle Eigenschaft von Stammzellen. Sie sind mitotisch nur wenig aktiv und bleiben überwiegend im Ruhestadium des Zellzyklus (G0-Phase).
Funktion
Weil Stammzellen deutlich länger leben als normale Zellen, müssen sie vor einer vorzeitigen „Verausgabung“ durch zu viele Mitosen bewahrt werden. Außerdem können in Stammzellen aufgrund ihres langen Lebens Mutationen leicht akkumulieren. Durch ihr Ruhestadium sollen sie vor dem Auftreten von Mutationen besser geschützt werden.
Regulation
Die Regulation, ob sich Stammzellen im Ruhestadium befinden oder in den Zellzyklus eintreten und sich teilen, ist sehr komplex. Besonders wichtig dabei sind die Adhäsionsmoleküle und hypoxische Bedingungen:
Die hämatopoetischen Stammzellen befinden sich in der Knochenmarksnische. Diese Nische kann in eine osteoblastische und eine vaskuläre unterteilt werden. Die osteoblastische Nische hemmt Zellwachstum und -proliferation und bietet den Stammzellen die Bedingungen für die Quieszenz.
Damit die Stammzellen in dem schützenden Milieu der osteoblastischen Nische bleiben, sind die Adhäsionsmoleküle wichtig: Sie vermitteln die Haftung der Stammzellen an Komponenten der Nische. Zugleich führen diese Zell-Zell- und Zell-Matrix-Wechselwirkungen über die Adhäsionsmoleküle auch zur Aktivierung von diversen Signalwegen, die die Quieszenz fördern. Hier ist allerdings vieles bisher ungeklärt.
Unter hypoxischen Bedingungen, wie sie in der osteoblastischen Nische herrschen, wird der hypoxie-induzierte Faktor (HIF-alpha) vermindert abgebaut. Er induziert die Transkription vieler Gene, die u. a. den Erhalt der Quieszenz fördern. So wird beispielsweise die Expression von CXCR4, einem wichtigen Adhäsionsmolekül, induziert.
Weil auch freie Radikale bewirken können, dass Zellen aus dem Ruhestadium in den Zellzyklus eintreten, fördert die Hypoxie auch über den Schutz der Zellen vor Sauerstoffradikalen die Quieszenz.
Konsequenzen
Weil Zytostatika überwiegend sich teilende Zellen schädigen, sind die Stammzellen bei einer Chemotherapie vor ihrer zytotoxischen Wirkung geschützt. Sie können neue Zellen nachbilden und somit die Zellen, die durch die Zytostatika geschädigt wurden, ersetzen. Auf diese Weise wachsen zum Beispiel nach Beendigung der Chemotherapie die Haare nach und auch das Blutbild normalisiert sich wieder: Symptome der Anämie, wie verminderte Leistungsfähigkeit, verschwinden und das Immunsystem erholt sich durch die Neubildung von Leukozyten – die Infektanfälligkeit sinkt.
Allerdings gibt es bei vielen Krebsarten sogenannte Tumorstammzellen, die für das Tumorwachstum verantwortlich sind. Sie teilen wesentliche Eigenschaften mit den Stammzellen, so auch die Fähigkeit zur Quieszenz. Auf diese Weise bleiben auch diese Zellen, die eigentlich durch die Chemotherapie eliminiert werden sollen, verschont. Eine Zytostatikaresistenz ist die Folge.
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