Pilozytisches Astrozytom
von griechisch: pilos - Haar
Englisch: juvenile pilocytic astrocytoma, JPA
Definition
Pilozytische Astrozytome sind benigne Hirntumoren. Sie gehören zu den Gliomen und sind relativ häufige Neoplasien des Gehirns. Das Erkrankungsalter erstreckt sich von der Kindheit bis zum Jugendalter. Es werden zusätzlich Optikusgliome und Hirnstammgliome separat unterschieden.
Ätiologie
Alle Astrozytome entstehen durch pathologische Vermehrung von veränderten Astrozyten. Die genauen Ursachen sind unklar. In Astrozytomen konnten unter anderem folgende genetische Mutationen identifiziert werden:
- Akkumulation von p53 (50% der Fälle)
- Deletion auf Chromosom 17q (20%)
Optikusgliome sind oft mit einer Neurofibromatose vergesellschaftet.
Epidemiologie
Das pilozytische Astrozytom ist nach dem Medulloblastom der zweithäufigste Hirntumor im Kindesalter. Es macht 30% aller Hirntumoren und ca. 10 % aller Gliome aus. Das Hauptmanifestationsalter liegt zwischen dem 10. bis zum 13. Lebensjahr. Jenseits des 18. Lebensjahres sind pilozytische Astrozytome eine Rarität. Mädchen wie Jungen sind gleich häufig betroffen.
Pathophysiologie
Die Symptomatik kommt v.a. durch Kompression benachbarter Strukturen zustande. Bei Blutung oder Verlegung des Liquorabflusses können zudem Symptome eines Schlaganfalls oder ein Hydrozephalus hinzukommen.
Lokalisation
Bei Kindern sind hauptsächlich Strukturen um die Mittellinie des Gehirnes betroffen:
- Nervus opticus und Tractus opticus, hier entstehen sog. Optikusgliome
- Hypothalamus, v.a. Infundibulum
- medialer Temporallappen
- Kleinhirn
- Hirnstamm mit Hirnstammgliomen
- Rückenmark
Bei Erwachsenen ist der III. Ventrikel die häufigste Lokalisation. Eine intrahemisphärische oder oberflächlich hemisphärische Lokalisation ist eher selten.
Morphologie und Histologie
Makroskopisch erscheint der Tumor als eine in 60 % der Fälle mit wasserklaren Zysten durchsetzte, derbe, grau-weiße Knolle mit einem rötlich getöntem Zentrum. Tumoren im Rückenmark und Nervus optikus weisen keine Zysten auf. Das Wachstum ist nur gering infiltrierend, die Strukturen in der Umgebung werden hauptsächlich verdrängt. Histologisch findet sich ein faserreiches und zellarmes Tumorbild mit charakteristischen länglichen, bipolaren Zellen mit haarförmigen Fortsätzen. Die Fortsätze sind eosinophil kolbenartig aufgetrieben und bilden die sog. Rosenthal-Fasern. Intrazytoplasmatisch sind eosinophile Körperchen, die aus Proteinen bestehen, zu sehen. Der Mitosenanteil liegt zwischen 1 und 3 %. Arrosion der Meningen, Kernatypien, mehrkernige Zellen und pathologische Vaskularisation können gehäuft vorkommen. Ca. 10 % der pilozytischen Astrozytome speichern Kalzium. Nekrosen sind nicht zu beobachten.
Symptomatik
- Optikusgliome manifestieren sich vor allem durch Sehstörungen.
- Zwischenhirntumoren erzeugen häufig hypothalamische Ausfälle: Störungen der Hypothalamus-Hypophysen-Achse, Körpertemperatur-Regelung, Nahrungsaufnahme etc. Raumforderungen im Kleinhirn machen sich v.a. durch Gangunsicherheit mit ungerichteter Fallneigung, Schwindel und extremitätenbetonter Ataxie bemerkbar.
- Hirnstammgliome wachsen zentrifugal in der Pons und führen als Erstsymptom zu Ausfällen der Hirnnerven.
Diagnostik
Astrozytome lassen sich hervorragend durch die Kernspintomografie darstellen. Kalzifikationen (Verkalkungen) stellen sich am besten in der Computertomografie dar. Zusammen mit der Lokalisation, den radiologischen tumorspezifischen Besonderheiten und dem Erkrankungsalter lässt sich häufig bereits eine Verdachtsdiagnose stellen. Die Diagnose kann histologisch entweder durch Biopsie oder durch histopathologische Untersuchung des während der Tumorexstirpation gewonnenen Gewebes abgesichert werden. Pilozytische Astrozytome reichern im Kern homogen Kontrastmittel an, die Tumorperipherie ist zystisch durchsetzt.
Therapie
Ein großer Teil der Raumforderung entfällt auf die flüssigkeitsgefüllten Zysten, die stereotaktisch punktiert und entlastet werden können. Bei günstiger Lage ist eine vollständige operative Entfernung angezeigt. Sind die Tumoren asymptomatisch oder ungünstig gelegen, ist eine regelmäßige MRT-Kontrolle ausreichend. Bei inoperablen Hirnstammgliomen kann eine Bestrahlung angewandt werden.
Prognose
Die Prognose hängt vom Resektionsgrad des Tumors, dem Allgemeinzustand des Patienten, sowie der Lage und Ausdehnung des Tumors ab. Nach vollständiger Exstirpation ist mit einem Rezidiv kaum zu rechnen. Eine maligne Progression wird nicht oder äußerst selten beobachtet. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt nach totaler Entfernung nahezu 100 %, die 10-Jahres-Überlebensrate 83%, die 20-Jahresüberlebensrate wird mit 70% angegeben. Eine schlechte Prognose haben die inoperablen Hirnstammgliome, die 5-Jahres-Überlebensrate liegt hier unter 30 %.
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