Octenidin
Handelsnamen: Octenident®, Octeniderm®, Octenisept®, Stellisan®
Synonyme: Octenidinum
Englisch: octenidine
Definition
Octenidin ist ein als Breitband-Antiseptikum wirkendes Desinfektionsmittel für die Anwendung auf Schleimhäuten, Haut und zur Wunddesinfektion. Es ist hochwirksam gegen Pilze, Bakterien und lipophile Viren. Dabei stehen sowohl reine Präparate, als auch Gemische mit anderen Desinfektionsmitteln zur Verfügung.
Chemie
Es handelt sich um eine organische Verbindung mit 2 Pyridin-Ringen im Grundgerüst. Die Summenformel lautet C36H62N4. Der chemische Name ist
- N,N'-(Decan-1,10-diyldi-1(4H)-pyridyl- 4-yliden)bis(octylammonium)dichlorid
Zur praktischen Anwendung kommt Octenidin in der Regel in Form eines Dihydrochlorids, die korrekte Bezeichnung lautet dann "Octenidindihydrochlorid". Bei Zimmertemperatur liegt der Wirkstoff in Form einer klaren Flüssigkeit vor. Erst bei pH-Werten unter 1,6 und über 12,2 beginnt die Verbindung zu zerfallen.
Wirkmechanismus
Das Octenidin-Teilchen ist ein Kation, das in Wechselwirkung mit negativ geladenen Anteilen der Zellwand bzw. der Zellmembran der Mikroorganismen tritt. Es zerstört dadurch die äußere Membran der Mikroorganismen und hemmt so deren Wachstum und Vermehrung.
Wirkspektrum
Es besteht eine bakterizide und fungizide Wirkung. Erstere ist sowohl gegenüber grampositiven als auch gegenüber gramnegativen Bakterien zu verzeichnen. Auch lipophile Viren werden durch Octenidin abgetötet. Der keimtötende Effekt tritt bereits nach 60 Sekunden ein.
Indikationen
- Desinfektion von diversen Verletzungen, Entzündungen und Wunden an der Mundschleimhaut. Auch eine postoperative Nahtversorgung ist mit Octenidin möglich.
- Behandlung von Haut und Schleimhaut im Rektalbereich
- Desinfektionsmaßnahmen bei operativen Eingriffen im Urogenitaltrakt
- Infektionsprophylaxe bei Untersuchungen des Uterus
- Allgemeine Wunddesinfektion und Infektionsprophylaxe
- Eine Anwendung bei einer durch Pseudomonas ausgelösten Nagelinfektion wird derzeit in klinischen Studien erprobt. Eine Zulassung hierfür steht noch aus. Gleiches gilt für die Behandlung von Akne.
Nebenwirkungen
Insgesamt gilt Octenidin als relativ gut verträglich. Brennen oder Jucken auf der Haut kann gelegentlich auftreten, insbesondere wenn eine Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff besteht. In der Mundhöhle angewendet, kann es zu vorübergehenden Störungen des Geschmackssinns kommen. Der bittere Geschmack des Wirkstoffes wird von manchen Menschen als unangenehm empfunden.
Bei der Einbringung in tiefe Gewebeschichten bzw. der Anwendung mit hohem Druck können Gewebsnekrosen entstehen.
Wechselwirkungen
Wird Octenidin gemeinsam mit Povidon-Iod angewendet, können sich in dem behandelten Areal stark hautreizende Iodradikale bilden. Außerdem ist eine tiefe Braunverfärbung des Gewebes die Folge.
Kontraindikationen
Kontraindiziert ist Octenidin nur bei einer bekannten Unverträglichkeit gegen den Wirkstoff. Von einer Anwendung im Gehörgang, Auge und Intraperitonealraum sollte abgesehen werden.
Toxizität
Bei nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch zur Spülung von tiefen Wunden oder Wundkanälen unter Anwendung von Druck mittels einer Spritze können schwerwiegende Gewebeschäden (z.B. Gewebsnekrosen) auftreten, wenn keine ausreichende Abflussmöglichkeit besteht. Es muss eine gründliche Spülung mit physiologischer Kochsalz- oder Ringerlösung, ggf. auch eine chirurgische Wundversorgung (Débridement) und Antibiose bei Sekundärinfektionen erfolgen.[1][2][3]
Quellen
- ↑ Greminger M et al. Über die unsachgemäße Anwendung von Octenisept® bei Handverletzungen. SCHWEIZERISCHES MEDIZIN-FORUM 2016
- ↑ Octenisept® - Ödematöse Schwellungen und Gewebeschädigungen nach Wundspülungen unter Druck - Warnung vor nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch. Rote Hand Brief 27.11.2011. Abgerufen am 15.08.2023
- ↑ Informationsbrief für Angehörige der Heilberufe zur Verringerung von Arzneimittel- und Anwendungsrisiken von Octenident® antiseptic (Wirkstoff: Octenidindihydrochlorid), AkdÄ 14.08.2023. Abgerufen am15.08.2023