Mukoepidermoidkarzinom der Lunge
Definition
Das Mukoepidermoidkarzinom der Lunge, kurz MEK, ist ein seltener, niedrig- bis mäßig maligner epithelialer Tumor bronchialen Ursprungs, der sich durch eine Mischung aus muzinproduzierenden Zellen, squamösen Zellen und intermediären Zelltypen auszeichnet. Es gehört histogenetisch zur Gruppe der Speicheldrüsen-ähnlichen Tumoren der Lunge und geht vermutlich von den submukösen Drüsen der großen Atemwege aus.
Epidemiologie
Das Mukoepidermoidkarzinom ist ein äußerst seltener Lungentumor mit einem Anteil von <1 % aller primären Lungenneoplasien. Es tritt bevorzugt bei jüngeren Patienten auf, darunter auch im Kindes- und Jugendalter, und ist nicht mit Rauchen assoziiert. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen.
Pathologie
Makroskopie
Die Tumore sind typischerweise zentral lokalisiert, meist innerhalb der segmentalen oder lobären Bronchien. Sie können als polypöse, endobronchial wachsende Raumforderungen imponieren. Seltener wachsen sie peripher oder infiltrativ. Makroskopisch erscheinen sie als gut umschriebene, solide Tumoren mit glatter oder lobulierter Oberfläche. Schleimige oder zystische Veränderungen sind bei muzinreichem Anteil häufig.
Mikroskopie
Histologisch besteht der Tumor aus drei Hauptzellpopulationen:
- Muzinproduzierende Zellen mit hellzytoplasmatischer Differenzierung und intrazellulären Schleimvakuolen.
- Plattenepitheliale Zellen, häufig mit interzellulären Brücken (Desmosomen)
- Intermediärzellen, die sowohl squamoide als auch glanduläre Merkmale aufweisen.
Die zelluläre Zusammensetzung variiert je nach Grading. Niedriggradige MEKs zeigen eine gut organisierte Architektur mit geringem Zellatypiegrad, scharfer Begrenzung und geringer Mitoseaktivität. Hochgradige MEKs weisen hingegen deutliche Zellatypien, erhöhte Mitoseraten, Nekrosen und infiltratives Wachstum auf und sind schwieriger von NSCLC (v. a. Plattenepithelkarzinomen) abzugrenzen.
Die muzinöse Komponente ist ein zentrales diagnostisches Merkmal und kann durch PAS- oder Mucicarmin-Färbung hervorgehoben werden.
Immunhistochemie
Immunhistochemisch exprimieren Mukoepidermoidkarzinome typischerweise:
- CK7, CK5/6 (epithelial)
- p63/p40 (squamoide Komponente)
- MUC5AC (muköse Zellen)
- TTF-1 ist meist negativ, was eine Abgrenzung zu klassischen Adenokarzinomen der Lunge ermöglicht.
- In niedriggradigen Tumoren kann SMA oder S-100 in Myoepithelien exprimiert sein.
Molekularpathologie
Ein charakteristischer molekularer Marker ist die t(11;19)(q21;p13)-Translokation, die zur Entstehung der CRTC1::MAML2-Fusion führt. Diese Translokation ist hochspezifisch und in >70 % der Fälle nachweisbar . Die Fusion führt zur aberranten Aktivierung des Notch- und CREB-Signalwegs und wird als treibende onkogene Alteration angesehen.
Klinik
Die klinische Symptomatik hängt stark von der Lokalisation ab. Zentral gelegene Tumoren verursachen häufig obstruktive Beschwerden (z.B. Atelektasen, Pneumonien oder Hämoptysen). In vielen Fällen wird der Tumor jedoch zufällig entdeckt.
Das Wachstum ist meist langsam, besonders bei niedriggradigen Tumoren. Hochgradige Tumoren hingegen können metastasieren und ein aggressiveres Verhalten zeigen.
Therapie
Die primäre Therapieform ist die chirurgische Resektion mit kurativer Intention. Aufgrund der meist zentralen Lage erfolgt häufig eine lobäre oder segmentale Resektion, bei Kindern oder jungen Erwachsenen auch bronchoplastische Verfahren.
Niedriggradige MEKs benötigen in der Regel keine adjuvante Therapie bei vollständiger Resektion. Bei hochgradigen MEKs kann eine adjuvante Chemotherapie (analog NSCLC) erwogen werden
Prognose
Die Prognose ist insgesamt günstig, insbesondere bei niedriggradigen Tumoren, bei denen eine 5-Jahres-Überlebensrate > 95 % möglich ist. Hochgradige MEKs verhalten sich hingegen biologisch wie andere aggressive NSCLC-Subtypen und können zu Fernmetastasen führen. Der histologische Grad sowie der Resektionsstatus (R0 vs. R1/2) sind die wichtigsten prognostischen Faktoren.