Ductus paramesonephricus
nach Johannes Peter Müller (1801–1858), deutscher Anatom
Synonym: Müller-Gang
Englisch: paramesonephric duct, Müllerian duct
Definition
Der paarige Ductus paramesonephricus oder Müller-Gang ist eine embryonale Genitalanlage, die bei beiden Geschlechtern vorhanden ist. Aus ihm entwickeln sich bei der Frau die Eileiter, der Uterus und die Vagina.
Embryologie
Der Müller-Gang entsteht im Bereich der Urogenitalleiste aus dem Mesoderm als längliche Einstülpung des Coelomepithels. Er verläuft zunächst lateral vom Wolff-Gang. Am unteren Pol des Mesonephros überkreuzt er den Wolff-Gang und schwenkt nach medial. Dort treffen sich der linke und rechte Ductus paramesonephricus und vereinigen sich zu einem gemeinsamen Kanal, der in den Sinus urogenitalis mündet. An der Mündungsstelle bildet sich ein kleiner Höcker, das Tuberculum paramesonephricum (Müller-Hügel).
Die weitere, unterschiedlich verlaufende Differenzierung des Ductus paramesonephricus bei beiden Geschlechtern ist auf zwei Transforming growth factors (TGF), das Anti-Müller-Hormon (AMH) und das Inhibin zurückzuführen.
Männliches Geschlecht
Beim männlichen Feten bildet sich der Ductus paramesonephricus zwischen der 8. und 11. Woche unter der Wirkung des Anti-Müller-Hormons (AMH), das in den Sertoli-Zellen gebildet wird, fast vollständig zurück. Er spielt für die weitere Genitalanlage des Mannes keine Rolle mehr. Als Reste verbleiben die Appendix testis am kranialen Pol des Hodens und der Utriculus prostaticus am kaudalen Hodenpol.
Weibliches Geschlecht
Die Differenzierung des weiblichen Genitale beginnt während der 7. Embryonalwoche. Weiblichen Feten fehlt das Anti-Müller-Hormon, das bei männlichen Feten die weitere Entwicklung des Ductus paramesonephricus unterdrückt. In der Folge entstehen aus seinen oberen Anteilen die Eileiter bzw. die beiden Ampullae tubae uterinae. Der untere Teil der Ductus paramesonephrici verschmilzt zu einem gemeinsamen Kanal, dem Canalis cervicovaginalis, aus dem sich der Uterus und die Vagina formen. Zunächst ist dieser noch durch eine Zwischenwand getrennt, die jedoch am Ende des 3. Monats zurückgebildet wird. Eine unvollständige Rückbildung führt zum Uterus septus.