Hydratation
Synonyme: Hydratisierung, Hydration
Englisch: hydration
Definition
Als Hydratation bezeichnet man die Anlagerung von Wassermolekülen an Ionen oder Oxide, die zur Bildung von Hydraten führt. In wässriger Lösung umgibt sich jedes Ion sofort mit einer Hydrathülle. Das entsprechende Verb heißt hydratisieren.
Hintergrund
Die Hydratation beruht auf der elektrostatischen Interaktion mit Wassermolekülen, die sich wie elektrische Dipole verhalten. Negativ geladene Ionen, also Anionen, ziehen die positiv geladene "Seite" der Wassermoleküle, d.h. die Wasserstoffatome, an. Die positiv geladenen Kationen hingegen ziehen die negative "Seite" an, die durch das Sauerstoffatom repräsentiert wird. Es treten Ion-Dipol-Wechselwirkungen auf, die Ionen werden hydratisiert.
Hintergrund
Allgemein bezeichnet man die Umhüllung eines Ions oder gar Moleküls durch Lösungsmittelmoleküle (z.B. Wasser) als Solvatation.
In der ersten Sphäre (Hülle) beträgt die Zahl der Wassermolküle, die sich um ein Ion herum anlagern, meist vier oder sechs und variiert natürlich mit der Größe und Ladung der Ionen. Zudem ist die Temperatur ein weiterer Faktor. Enthalten zwei unterschiedlich große Ionen die gleiche Ladung, baut das kleinere Ion eine ausgedehntere Hydrathülle auf als das größere. Grund dafür ist, dass es neben der festeren ersten Sphäre eine lockere zweite Sphäre mit geordneten Wassermolekülen ausbaut. Auf Grund der herrschenden Schwankungen, die insbesonders temperaturabhängig sind, ist es nicht sinnvoll, die Hydrathülle stöchiometrisch anzugeben. Um dies aber zu umgehen, nutzt man den Index "aq" am Ion (lat. aqua - Wasser), um hinzuweisen, dass es hydratisiert vorliegt. Oftmals wird aber ganz auf die "aq"-Markierung verzichtet, da man die Tendenz zur Hydratation (Hydratisierung) als bekannt voraussetzt.
Hydratationsenthalpie
Hydratisiert ein Ion, wird dabei Energie frei, die Hydratationsenthalpie (ΔHHyd).
Größe und Ladung beeinflussen den Energiegewinn des jeweiligen Ions. Es gilt folgende Regel: Ist das Ion kleiner (als ein anderes), so wird die Hydrathülle größer und es steigt die Hydratationsenthalpie ausgehend vom nicht-hydratisierten Ion. Somit sind dementsprechend die Werte beim Na+ größer als beim K+ und beim Mg2+ größer als beim Ca2+.
Beispiele
Ionenradius und Hydratationsenthalpie (ΔHHyd): | ||
Ion Li+ Na+ K+ Mg2+ Ca2+ Cl- |
Radius (nm) 0,060 0,095 0,133 0,065 0,097 0,181 |
ΔHHyd (kJ/mol) -508 -398 -308 -1908 -1577 -376 |
Ionenradius
Da sich eine Hydrathülle ausbildet, vergrößert sich logischerweise der nach außen wirksame Radius der Teilchen. Bekanntlich nimmt der Ionenradius bei den "nackten" Alkali-Ionen mit steigender Ordnungszahl zu. Bei hydratisierten Ionen ist jedoch ein gegenläufiges Verhalten nachweisbar.
Ionen: Hydratisierte Ionen: |
Teilchenradius Li+ Li+aq |
< > |
Na+ Na+aq |
< > |
K+ K+aq |
Bezug zur Medizin
Es ist bekannt, dass die Größe von Teilchen ihre Beweglichkeit im intra- und extrazellulären Raum beeinflusst, was insbesondere für die Diffusion oder beim Transport durch die Poren einer Membran von Bedeutung ist. Es sind beispielsweise hydratisierte Na+-Ionen (Na+aq) größer als hydratisierte K+-Ionen (K+aq). Die daraus resultierende Folge ist, dass K+aq noch passieren kann. Es erfolgt jedoch eine Umkehr der Größenverhältnisse, wenn die Alkali-Ionen in einem Ionenkanal mithilfe von Proteinen ihre Hydrathülle abstreifen können.
Es gibt selektiv arbeitende Na+- und K+-Ionen-Kanäle (z.B. in den Nervenzellen), die an der engsten Stelle des Proteinkanals über einen sogenannten Selektivitätsfilter verfügen. Dieser hat die Aufgabe, dass nur ein bestimmtes Ion passieren kann, wenn es nach dem Verlust seiner Hydrathülle durch die funktionellen Gruppen des Proteinkanals passend eingehüllt wird. Ist dies der Fall, so ist die Energiebilanz (Verlust der Hydrathülle versus Solvatation durch das Protein) ausgeglichen. Ist das Ion jedoch zu groß, ist des nicht passend für den Selektivitätsfilter und kann folglich nicht passieren. Ist das Gegenteil der Fall: das Ion ist zu klein - ist die Energiebilanz nicht ausgeglichen - ein Passieren ist ebenfalls nicht möglich.
Aussalzen von Proteinen
Da Ionen eine starke Tendenz aufweisen, sich mit einer Hydrathülle zu umgeben, kann man ein Fällungsverfahren daraus ableiten, das man auch als "Aussalzen" bezeichnet. In der Medizin wird dies dann angewendet, wenn man Blutplasma mit einer gesättigten Ammoniumsulfatlösung [(NH4)2SO4-Lösung] versetzt. Hierbei fällt Albumin, ein Protein des Blutplasmas, aus. Für den Ablauf trägt die Hydratation eine ganz besondere Rolle: da die Ionen des Ammoniumsulfats unvollständig hydratisiert sind, entziehen sie dem Albumin seine Hydrathülle, da diese vergleichsweise locker gebunden ist. Dadurch ist es möglich, dass das Albumin abgetrennt werden kann, da es unlöslich wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass dieser Vorgang reversibel ist, sprich: das gefällte Albumin lässt sich nach der Zugabe von Wasser wieder auflösen und besitzt keinerlei Einschränkungen in ihren Eigenschaften. Das Aussalzen ist somit ein gängiges Verfahren, um Proteine zu reinigen.
Einsalzen von Proteinen
Geringe Konzentrationen von Salzen können einen positiven Effekt auf die Löslichkeit von Proteinen haben. Diesen Effekt bezeichnet man auch als Einsalzeffekt. Durch Wechselwirkungen zwischen Ladungen an der Proteinoberfläche und Ionen werden Protein-Protein-Wechselwirkungen verringert und die Hydratation begünstigt.
Salze als Abführmittel
Bittersalz (MgSO4), oder auch das Glaubersalz (Na2SO4 · 10 H2O) wirken abführend, wenn man beispielsweise 10 - 20 g in gewebsisotoner Lösung einnimmt. Grund dafür ist, dass die Salze schwer resorbierbar sind. Der osmotische Druck ist somit ausgeglichen, so dass das Wasser der Salzlösung weitgehend im Darm bleibt und diesen somit "durchspült". Wird die Konzentration dieser Salze erhöht (hypertone Lösung), wird Wasser aus dem Gewebe in den Darm abgegeben. Daraus resultiert sich eine Verstärkung des Effektes. Beide Salze sollten auf keinen Fall häufiger angewendet werden, da sie unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen können.