Tiefenhirnstimulation
Synonyme: tiefe Hirnstimulation, Hirnschrittmacher
Englisch: deep brain stimulation, DBS
Definition
Die Tiefenhirnstimulation, kurz THS, ist eine neurochirurgisches Verfahren, das vor allem zur Therapie des Morbus Parkinson eingesetzt wird.
Populärwissenschaftlich wird die Tiefenhirnstimulation auch als Hirnschrittmacher bezeichnet.
Vorgehen
Bei der Tiefenhirnstimulation werden dem erkrankten Patienten mit einem stereotaktischen Verfahren Elektroden (Sonden) direkt in das Gehirn eingeführt. Mittels dieser Elektroden werden durch gezielte Stromstöße bestimmte Hirnregionen gehemmt, um die Missbalance zwischen Parkinson-bedingtem Dopaminmangel und einem relativem Acetylcholinüberschuss zu kompensieren.
Die gesetzlichen Krankenkassen tragen in der Regel die Therapiekosten in Höhe von etwa 20.000 Euro. Mehr als 20 Zentren in Deutschland führen den Eingriff durch.
Indikationen
Die Tiefenhirnstimulation (THS) bietet Therapieansätze für eine Reihe von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen. Die Anwendungsbereiche umfassen sowohl etablierte Indikationen als auch solche, die sich noch in der Forschungsphase befinden:
- Morbus Parkinson: Einsatz vorrangig am Nucleus subthalamicus (STN) zur Minderung der Überaktivität in den Basalganglien, charakteristisch für Parkinson. Für die Behandlung von Dyskinesien in späteren Stadien wird alternativ der Globus pallidus internus (GPi) stimuliert.
- Parkinson-Tremor und Essentieller Tremor: Zielpunkt ist der Nucleus ventralis intermedius (VIM) des Thalamus, bewährt zur Tremorreduktion.
- generalisierte und segmentale Dystonie: Behandelt durch Stimulation im GPi, um die unwillkürlichen Bewegungen und Muskelkontraktionen zu kontrollieren.
- tardive Dyskinesien: Stimulation ebenfalls im GPi zur Linderung von Spätkomplikationen durch Neuroleptika, basierend auf Studien und praktischen Erfahrungen.
- Chorea Huntington (Chorea major): Untersuchungen zur Effektivität der THS im GPi zur Behandlung der unkontrollierten Bewegungsstörungen.
- fokale Epilepsie: Zugelassen für Stimulationen im anterior]]en Thalamus, um die Häufigkeit und Schwere der Anfälle zu reduzieren.
- zerebellärer Tremor und Holmes Tremor: Fallserien belegen eine erfolgreiche Reduktion durch THS im VIM des Thalamus.
- orthostatischer Tremor und Tremor bei Neuropathie: Vereinzelt dokumentierte erfolgreiche Behandlungen mittels THS, die eine Reduktion der Symptomatik zeigen.
In der Psychiatrie wird die THS zunehmend für folgende Indikationen erforscht und angewendet:
- Zwangsstörungen: Bereits zugelassene Anwendung der THS zur Behandlung, mit dem Ziel, die Zwangssymptome signifikant zu reduzieren.
- chronische Depression: Vielversprechende Ergebnisse in kleineren Studien zur Verbesserung der Symptome bei Patienten, die auf traditionelle Behandlungsmethoden nicht ansprechen.
Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen sind abhängig vom Stimulationsort, der Position der Elektroden und den angewendeten Stimulationsparametern, einschließlich der Spannung. Die Nebenwirkungen können sowohl temporär als auch dauerhaft auftreten:
- Sprachstörungen: Patienten können Schwierigkeiten bei der Artikulation oder Veränderungen der Sprechgeschwindigkeit erfahren, was die Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigen kann.
- Gefühlsstörungen: Einschränkungen im Bereich der Sensibilität, wie Taubheitsgefühle oder veränderte Empfindungen, können auftreten und die Lebensqualität beeinflussen.
- Verkrampfungen: Unwillkürliche Muskelkontraktionen oder Steifheit in bestimmten Körperbereichen, die Bewegungsabläufe erschweren können.
- Doppelbilder: Visuelle Störungen, die zu einer Beeinträchtigung der Sehfähigkeit führen und den Alltag der Betroffenen negativ beeinflussen.
- psychiatrische Nebenwirkungen (spezifisch bei Stimulation des Nucleus subthalamicus bei Morbus Parkinson):
- Apathie: Ein Zustand der Gleichgültigkeit und des fehlenden Antriebs, der die Motivation und Aktivität des Patienten einschränken kann.
- depressive Verstimmungen: Gefühle der Niedergeschlagenheit oder Hoffnungslosigkeit, die die emotionale Befindlichkeit stark beeinträchtigen.
- submanische Zustände: Perioden erhöhter Energie, übersteigerter Selbstbewertung oder impulsives Verhalten, die zu Problemen im sozialen oder beruflichen Umfeld führen können.
Bei der Festlegung und Anpassung der Stimulationsparameter wird besonderes Augenmerk auf die Minimierung dieser Nebenwirkungen gelegt, insbesondere bei der Stimulation des Nucleus subthalamicus bei Patienten mit Morbus Parkinson. Die kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Therapie sind entscheidend, um ein optimales Gleichgewicht zwischen therapeutischen Effekten und dem Auftreten von Nebenwirkungen zu erzielen.
Quellen
- Uniklinik Freiburg - Tiefe Hirnstimulation, abgerufen am 28.03.2024