Vesikorenaler Reflux
Synonyme: vesikoureteraler Reflux, VUR, Harnreflux
Englisch: vesicorenal reflux
Definition
Der vesikorenale Reflux, kurz VRR, ist ein unphysiologischer Rückfluss von Harn aus der Blase über die Ureteren in das Nierenbecken.
Formen
Der vesikorenale Reflux wird unterteilt in eine primäre, angeborene und eine sekundäre, erworbene Form.
Beginnt der Urinrückfluss bereits in der Füllungsphase der Harnblase, spricht man von einem Niederdruck-VUR. Lässt sich der Reflux erst in der Entleerungsphase der Blase nachweisen, spricht man von einem Hochdruck-VUR.
Primärer Reflux
Der kongenitale Reflux basiert auf einer Fehlanlage der Uretermündung in der Blasenwand. Der intramurale Verlauf des Harnleiters ist verkürzt. Dadurch kann der obere Harntrakt bei einem intravesikalen Druckanstieg durch die Blasenmuskulatur nicht suffizient abgedichtet werden.
Sekundärer Reflux
Die erworbene Form des vesikorenalen Refluxes entsteht durch die direkte Schädigung des ehemals intakten Ureterostiums.
Folgende Ursachen kommen in Betracht:
- spezifische und unspezifische Harnblasenentzündung
- neurogene Blasenfunktionsstörung
- Überdehnung der Blasenwand (Überlaufblase) bei Blasenentleerungsstörung
Klassifikation des Refluxes
Das International Reflux Study Committee hat 1985 eine allgemein gültige Schweregradeinteilung des vesikorenalen Refluxes erarbeitet:
- Grad I: Reflux in den Ureter, das Nierenbecken wird nicht erreicht
- Grad II: Der Reflux erreicht das Nierenbecken, das Kelchsystem ist nicht gestaut
- Grad III: Das Nierenbecken ist leicht dilatiert, das Kelchsystem ist unverändert oder leicht verplumpt
- Grad IV: Mäßige Dilatation des Nierenbeckens, die Fornizes der Nierenkelche sind verplumpt, die Impressionen der Papillen noch sichtbar
- Grad V: Der Ureter ist stark dilatiert mit Knickbildung (Kinking), das Hohlraumsystem ist stark erweitert, die papillären Impressionen sind in der Mehrzahl nicht mehr sichtbar.
Symptomatik
Die Patienten spüren bei der Miktion häufig Nierenschmerzen, bedingt durch den weitergeleiteten Druckanstieg.
Durch die unphysiologische Rückstauung des Harns ist der Weg für bakterielle Aszension und Infektionen bereitet die zu einer Refluxnephropathie führen. Dies äußert sich in rezidivierenden Harnwegsinfekten bis hin zu hochfieberhaften Pyelonephritiden mit Flankenschmerz.
Spätsymptome können sein:
- Hypertonie
- Niereninsuffizienz
- renale Wachstumsretardierung
- unklare Gedeihstörungen im Kindesalter
- kindliche Inkontinenz
Diagnostik
Nach ausführlicher Anamneseerhebung werden in der Regel folgende Untersuchungen durchgeführt:
- Bestimmung des Kreatinins
- Urinstatus
- Urinkultur
- Sonographie
- Urodynamik
- Miktionszystourethrogramm im infektfreien Intervall
- evtl. Nierenszintigraphie
Therapie
Die Therapie ist abhängig von der vorliegenden Form der vesicorenalen Rückflusses.
Konservative Therapie
Nicht dilatierender Reflux (Grad I und II) heilt im Laufe des Wachstums in 30% der Fälle innerhalb der ersten 10 Lebensjahre aus (sog. Maturation). Es sollte eine Infektprophylaxe durchgeführt werden.
Operative Therapie
Durchführung einer endoskopischen Refluxplastik. Die Erfolgsrate bei dieser standardisierten Methode beträgt etwa 95%.