Fleischner-Kriterien
Definition
Die Fleischner-Kriterien sind von der Fleischner Society veröffentlichte Empfehlungen zur radiologischen Beurteilung von zufällig in einem CT-Thorax entdeckten Lungenrundherden.
Hintergrund
Lungenrundherde sind ein häufiger Zufallsbefund, bei dem eine Vielzahl an Differenzialdiagnosen in Frage kommt. Der Radiologe muss einschätzen, ob es sich eher um eine benigne oder eine potentiell maligne Läsion handelt sowie Empfehlungen zu nachfolgenden Maßnahmen geben. Die Fleischner-Kriterien empfehlen eine Verlaufskontrolle, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei einem Rundherd um ein Lungenkarzinom handelt, über 1 % beträgt. Die Kriterien sind nicht validiert für Personen unter dem 35. Lebensjahr, immunsupprimierten Patienten oder Personen mit bekanntem Krebsleiden. Weiterhin wird in der CT-Untersuchung eine maximale Schichtdicke von 1,5 mm gefordert.
Die Fleischner-Kriterien unterscheiden grundsätzlich zwischen folgenden pulmonalen Noduli:
- solide
- subsolide (SSN):
- teilsolide (PSN): zumindest teilweise Milchglasaspekt, also dichter als das umgebende Gewebe, wobei die bronchovaskulären Strukturen noch sichtbar sind.
- reiner Milchglasherd (PGGN)
Weiterhin unterscheiden sich die empfohlenen Verlaufskontrollen je nach Risikoprofil des Patienten. Dabei spielen folgende Faktoren eine Rolle:
- Alter
- Nikotinkonsum
- Vorliegen eines Malignoms in der Vorgeschichte
- Größe und Begrenzung des Rundherds
- Lokalisation (Oberlappen weist höheres Malignomrisiko auf)
Die Größe des Rundherds entspricht dem Mittelwert von Längs- und Kurzachse in einer Schicht. Es wird die Schichtebene (transversal, coronal oder sagittal) mit der größen Ausdehnung gewählt. Bei subsoliden Rundherden sollte sowohl die Gesamtgröße als auch die solide Komponente gemessen werden. Alternativ kann auch eine 3D-Volumetrie verwendet werden. Ein Rundherd unter 3 mm bedarf keiner Größenmessung und sollte als Mikronodulus beschrieben werden. Um von einem Größenwachstum zu sprechen, ist eine Zunahme um mindestens 2 mm notwendig.
Solide Rundherde
Solide Rundherde können benignen Granulomen, fokalen Narben, intrapulmonalen Lymphknoten, Malignomen oder Metastasen entsprechen. Die Fleischner-Kriterien geben folgende Empfehlungen für einen singulären soliden Rundherd:
- < 6 mm (< 100 mm3): keine Verlaufskontrolle, bei hohem Risiko optional CT nach 12 Monaten
- 6-8 mm (100-250 mm3): CT nach 6-12 Monaten, dann evtl. nach 18-24 Monaten
- > 8 mm (> 250 mm3): CT nach 3 Monaten, PET-CT oder Biopsie
Bei multiplen soliden Rundherden gelten folgende Empfehlungen:
- < 6 mm: keine Verlaufskontrolle, bei hohem Risiko optional CT nach 12 Monaten
- ≥ 6 mm: CT nach 3-6 Monaten, dann evtl. nach 18-24 Monaten
Subsolide Rundherde
Subsolide Rundherde finden sich häufig nur vorübergehend im Rahmen von Infektionen oder alveolären Hämorrhagien. Persistierende subsolide Rundherde können jedoch einem Adenokarzinom der Lunge entsprechen. Subsolide Rundherde wachsen deutlich langsamer, bergen jedoch ein höheres Malignitätsrisiko als solide Läsionen. Daher sollten persistierende subsolide Rundherde 5 Jahre lang kontrolliert werden. Die Fleischner-Kriterien für subsolide Rundherde sind:
- Milchglasherd:
- < 6 mm: keine Verlaufskontrolle
- > 6 mm: CT nach 6-12 Monaten, falls persistierend nach 3 und 5 Jahren
- Teilsolider Rundherd:
- < 6 mm: keine Verlaufskontrolle
- > 6 mm: CT nach 3-6 Monaten, falls persistierend jährlich für 5 Jahre
- Multiple subsolide Rundherde:
- < 6 mm: CT nach 3-6 Monaten, falls stabil CT nach 2 und 4 Jahren
- ≥ 6 mm: CT nach 3-6 Monaten, dann abhängig von dem am meisten suspekten Rundherd
Perifissurale Rundherde
Perifissurale Rundherde (PFN) stellen eine Besonderheit dar, da sie meist intrapulmonalen Lymphknoten entsprechen. Sie sind solide, glatt berandet und weisen eine homogene Signalintensität auf. In axialer Ebene haben sie eine trianguläre oder ovale Form, in sagittaler oder coronaler Ebene eine flache oder linsenförmige Morphologie. PFN sind maximal 15 mm von der Lungenfissur oder der Pleura entfernt und können Kontakt mit dem Interlobärseptum aufweisen. Typische PFN bedürfen keiner Verlaufskontrolle. Perifissural lokalisierte Rundherde, die nicht den oben genannten morphologischen Kriterien entsprechen (z.B. rund, irreguläre Form, retrahierte Fissur), sollten nicht als PFN eingestuft werden.
Weblinks
Literatur
- Updated Fleischner Society Guide-lines for Managing Incidental Pul-monary Nodules: Common Ques-tions and Challenging Scenarios, RadioGraphics 2018; 38:1337–1350