Exposition mit Reaktionsverhinderung
Englisch: exposure and response prevention
Definition
Die Exposition mit Reaktionsverhinderung, kurz ERP, ist ein psychotherapeutisches Verfahren, das insbesondere in der kognitiven Verhaltenstherapie zur Behandlung von Zwangsstörungen Anwendung findet. Ziel ist es, die Konfrontation mit angstauslösenden Reizen (Exposition) systematisch zu trainieren, während gleichzeitig die üblichen Vermeidungs- oder Neutralisierungsreaktionen (Reaktionsverhinderung) unterlassen werden.
Hintergrund
ERP basiert auf lerntheoretischen Modellen, insbesondere der klassischen und operanten Konditionierung. Bei Zwangserkrankungen führen angstauslösende Gedanken oder Situationen häufig zu ritualisierten Verhaltensweisen, die kurzfristig Angst reduzieren, langfristig jedoch zur Aufrechterhaltung des Störungsbildes beitragen. Durch das Verhindern der Zwangshandlung während der Exposition soll ein Habituationsprozess einsetzen, der langfristig zur Reduktion der Angstreaktion führt.
Durchführung
Die Therapie erfolgt in mehreren Schritten:
Diagnostik und Psychoedukation
Im Vorfeld werden individuelle Zwangsgedanken und -handlungen identifiziert sowie das Prinzip der ERP erläutert.
Expositionshierarchie
Patienten erstellen gemeinsam mit der Therapeutin oder dem Therapeuten eine Rangfolge typischer angstauslösender Situationen.
Exposition
Die Konfrontation erfolgt in sensu (in der Vorstellung) oder in vivo (real), möglichst in der tatsächlichen Problemsituation.
Reaktionsverhinderung
Während der Exposition unterlässt die betroffene Person die üblichen Zwangshandlungen (z.B. Waschen, Kontrollieren), wodurch eine kognitive und emotionale Neubewertung ermöglicht wird.
Indikationen
- Zwangsstörungen (v.a. Wasch- und Kontrollzwänge)
- Zunehmend auch bei Angststörungen, PTBS und körperdysmorphen Störungen
Wirkmechanismen
ERP führt über die wiederholte Konfrontation ohne nachfolgende Zwangshandlung zur Habituation, d.h. zu einem Nachlassen der Angstreaktion. Zudem werden kognitive Umstrukturierungsprozesse angestoßen, da Betroffene lernen, dass die befürchteten Konsequenzen trotz unterlassener Reaktion ausbleiben.
Kontraindikationen
- Akute Suizidalität
- Schwere depressive Episoden mit Antriebsverlust
- Psychotische Störungen
Evidenzlage
Die Exposition mit Reaktionsverhinderung gilt als Goldstandard in der Behandlung von Zwangsstörungen. Randomisierte kontrollierte Studien und Metaanalysen zeigen hohe Effektstärken, insbesondere bei Kombination mit kognitiven Elementen.